Berlin. Anlässlich seines 80. Geburtstages hat sich Altbundeskanzler
Helmut Kohl erstmals wieder umfassend geäußert. In einem Interview
mit der BILD-Zeitung (Samstagausgabe) erklärte Kohl, er blicke
mit “Dankbarkeit und Glück“ auf sein Leben zurück: “Wenn ich
also heute zurückschaue, dann tue ich dies in dem Gefühl: Mein
Leben hat einen Sinn gehabt. Die wichtigsten Entscheidungen würde
ich alle wieder so treffen. Es ist ein schönes Gefühl, dies mit
Blick auf den 80. Geburtstag sagen zu können. Dafür bin ich dankbar,
und das empfinde ich als großes Glück.“
“Der liebe Gott hat es sicher gut mit mir gemeint“, so Kohl weiter.
“Das heißt nicht, dass mein Leben einfach war. Im Gegenteil,
ich habe immer hart kämpfen müssen, mir ist nichts geschenkt
und ich bin immer unterschätzt worden. Aber ich habe mich auch
nie verbogen, bin meinen Überzeugungen immer treu geblieben und
durfte über viele Jahre den Weg unseres Landes an entscheidenden
Stellen mitgestalten. Das war alles andere als selbstverständlich.“
Angesprochen auf sein Verhältnis zur CDU erklärte Kohl, die Frage
eines erneuten Ehrenvorsitzes stelle sich für ihn “imMoment
nicht“. Kohl: “Wenn Sie ihr Leben lang für eine Partei und ein
Land gelaufen sind, und dann feststellen, dass auch Menschen,
die zuvor nicht nahe genug heranrücken konnten, sich plötzlich
abwenden, ja, sich sogar gegen sie stellen, weil sie einen Fehler
gemacht haben, da muss ich sagen, da habe ich manchesMal gehadert,
allerdings weniger mit dem Schicksal - das ist auch wahr - als
vielmehr mit den Menschen.“
Befragt nach seinem größten Geburtstagswunsch, sagte Kohl: “Frieden.
Ich wünsche mir für unser Land inneren und äußeren Frieden. Dazu
gehört auch, dass Deutschland sich seiner Verantwortung bewusst
ist, dass es mit Stolz, aber auch Bescheidenheit auf den Weg
blickt, den es zurückgelegt hat, und mit Zuversicht in die Zukunft
geht.“
Es ärgere ihn, so Kohl “wenn ich sehe, wie Deutschland seine
Chancen so offenkundig verspielt. Und damit meine ichnicht die
Politik allein, ich meine unsere Gesellschaft insgesamt. Wir
Deutschen haben alle Ressourcen und Möglichkeiten, wir haben
bewiesen, dass wir leistungsfähig sind - und verlieren uns heute
doch vor allem in einem Lamento und Klein-Klein, das ich nicht
nachvollziehen kann.“
Seine Generation, so Kohl, habe “trotz der Schrecken des Zweiten
Weltkriegs und der entbehrungsreichen Nachkriegsjahreja auch
sehr viel Glück gehabt. Wir sind noch einmal davon gekommen,
wir waren nicht unmittelbar involviert in die schrecklichen Dinge,
die in deutschem Namen geschehen sind. Und wir Jungenwurden
dann sehr früh in die Verantwortung genommen, was unsvor allem
viele Chancen eröffnet hat. Wir konnten unseren Beitrag leisten,
Deutschland wieder aufzubauen, unser Land demokratisch zu festigen
und in die Staatengemeinschaft der freien Welt zu integrieren.
Wir konnten unseren Beitrag leisten, unser Land auf ein Fundament
zu stellen, das Frieden und Freiheit dauerhaft möglich macht.“