Ökonomen warnen vor Haushaltskrise: Belastungen durch Beamtenpensionen explodieren. Vorsorge kostet den Staat fast 1 Milliarde Euro - Bundesländer zahlen 2040 bis zu einem Viertel ihrer Steuereinnahmen für Pensionen. Finanzwissenschaftler Raffelhüschen: Pensionfür Beamte erst mit 68. „Auch Beamte müssen künftig länger arbeiten – und dafür im Ruhestand weniger bekommen.“
„Die Lage der Beamtenversorgung ist so alarmierend wie die Finanzkrise“, warnt die Finanzexpertin Gisela Färber von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer in der aktuellen Ausgabe der WirtschaftsWoche.
Grund seien die explodierenden Pensionsansprüche der 1,7 Millionen deutschen Beamten. Das ergebe sich aus einer bisher unveröffentlichten Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Wenn der Staat ernsthaft bis zum Jahr 2050 vorsorgen will, muss er laut Färber 970 Millionen Euro zurücklegen. Diese Summe entspricht fast 60 Prozent der aktuellen Staatsverschuldung in Höhe von knapp 1,7 Billionen Euro.
Die Pensionskrise zieht sich durch alle öffentlichen Haushalte. Ökonomen der Universität Freiburg haben Niedersachsen und Baden-Württemberg einem Stresstest unterzogen und untersuchen momentan auch weitere Bundesländer. Diese müssten im Jahr 2040 bis zu einem Viertel ihrer Steuereinnahmen für die Beamtenversorgung ausgeben. Baden-Württembergs Finanzminister Willi Stächele (CDU) zweifelt bereits, ob der Staat sein Versorgungsversprechen an die Beamten und das Pensionsniveau halten kann.
Schuld an der Misere sind eine verfehlte Personalpolitik sowie mangelnde Vorsorge. „Langfristig sind Angestellte kostengünstiger für den Steuerzahler“, sagt Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Ministerien rechneten die kommenden Pensionslasten gern per Abzinsung auf die Gegenwart klein. Das scheint kaufmännisch korrekt, bringt aber nichts, wenn die gesparten Rentenversicherungsbeiträge nicht verzinslich angelegt werden.
Finanzwissenschaftler Raffelhüschen: Pension für Beamte erst mit 68
Der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen hat zügige Reformen bei der deutschen Beamtenversorgung gefordert, um zukünftige Kostensteigerungen einzudämmen. „Schon in der gesetzlichen Versicherung wird das Renteneintrittsalter ja schrittweise auf 67 erhöht.
Da das demografische Problem bei den Beamten aber viel größer ist, müsste man das Renteneintrittsalter sogar auf 68 Jahre anheben, wollte man die gleiche Wirkung erzielen“, sagte Raffelhüschen der WirtschaftsWoche. Bei den Staatsbediensteten gäbe es einen doppelten Alterungseffekt: „Durch die Einstellungswelle der Sechzigerjahre werden gerade um das Jahr 2020 herum viele Beamte in Pension gehen. Außerdem gibt es noch ein anderes Problem: Beamte leben länger.“
Raffelhüschens Forderung: „Auch Beamte müssen künftig länger arbeiten – und dafür im Ruhestand weniger bekommen.“ Nach Aussage des Ökonomen geben die Länder derzeit durchschnittlich acht bis neun Prozent ihrer jährlichen Steuereinnahmen für ihre pensionierten Beamten aus. „In Zukunft wird sich dieser Wert mindestens verdoppeln, wenn nicht sogar auf bis zu 24 Prozent verdreifachen“, so Raffelhüschen.
Sollten die Reformen nicht umgesetzt werden, erwartet der Finanzwissenschaftler deshalb vor allem bei den Bundesländern große Schwierigkeiten: „Dann werden die Länder ihre finanzielle Handlungsfähigkeit verlieren. Das Geld, das wir für ehemalige Beamte ausgeben, kann nicht für Bildung, Infrastruktur oder für andere Landesaufgaben ausgegeben werden.“
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