Ein Beitrag von: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Der Luftverkehr steigt jüngsten Prognosen zufolge kontinuierlich an - damit auch der Treibstoffverbrauch und die daraus resultierenden Umweltbelastungen. Lösungen zur Verringerung des Schadstoffausstoßes im Flug- und Bodenbetrieb werden daher dringend gesucht. Hierzu könnte die Brennstoffzelle zukünftig einen wesentlichen Beitrag leisten: Das neue Forschungsflugzeug ATRA des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), ein Airbus A320, bestand erfolgreich seinen ersten Testflug mit einem Brennstoffzellensystem, das versuchsweise zur Bereitstellung der Notstromversorgung eingesetzt wurde.
Gemeinsam mit dem Projektpartner Airbus hat das Institut für Technische Thermodynamik des DLR das Flugzeug mit einem Brennstoffzellensystem von Michelin ausgestattet. Die eingebaute Brennstoffzelle übernimmt für eine Stunde die Notstromversorgung – frei von Kohlendioxid- oder anderen Schadstoffemissionen. Im Rahmen der Notfallversorgung betreibt das System die Pumpe des Hydrauliksystems, das bei einem Ausfall der Triebwerke die Steuerflächen bewegt.
Nebeneffekt: Brennstoffzelle erzeugt im Flug Wasser
Da die Brennstoffzelle zur Stromherstellung lediglich Wasserstoff und Sauerstoff nutzt, entstehen keinerlei schädlichen Abgase. Stattdessen entstehen neben dem Endprodukt Strom bei dem elektrochemischen Vorgang in der Zelle auch Wasser und Wärme, beides kann an Bord eines Flugzeuges gut weiter verwendet werden. Im aktuellen Test produzierte die eingesetzte Brennstoffzelle bereits zehn Liter Wasser. Wird das so gewonnene Wasser zukünftig in den Wasserkreislauf des Flugzeugs eingespeist, reduziert dies die Menge an mitzuführendem Wasser und somit gleichzeitig Gewicht und Treibstoffverbrauch. Zudem verfügt die Brennstoffzelle über einen hohen Wirkungsgrad und ist geräuscharm.
Die Notstromversorgung über die Brennstoffzelle hat darüber hinaus den Vorteil, dass die aerodynamischen Gleitflugeigenschaften des Flugzeugs nicht beeinträchtigt werden und die Leistung unabhängig von Flugzeuggeschwindigkeit und Flughöhe konstant bleibt. Beides sind Nachteile der heutigen Notfallsysteme, bei denen eine so genannte Ram Air Turbine (Staudruckturbine) am Rumpf des Flugzeugs ausgeklappt wird und durch die Anströmung die notwendige Energie liefert.
Aber auch ökonomische Aspekte machen den Einsatz der Brennstoffzelle bereits mittelfristig interessant: Ein solches System ist zum Beispiel weniger wartungs- und kostenintensiv. In der ersten Projektphase wurden getrennte Tanks für Wasserstoff und Sauerstoff eingebaut. Im nächsten Schritt soll Sauerstoff aus der Umgebungsluft genutzt werden, wodurch der Sauerstofftank entbehrlich wird. In Zukunft könnte auch der Wasserstoff an Bord aus dort verfügbaren Kohlenwasserstoffen (zum Beispiel Kerosin) hergestellt werden.
Brennstoffzelleneinsatz geht in der DLR-Luftfahrtforschung weiter
Um die 20 Kilowatt-Brennstoffzelle im Frachtraum installieren zu können, wurde das DLR-Forschungsflugzeug zunächst mit einem Frachtladesystem ausgestattet. Anschließend musste das Brennstoffzellensystem an das Flugzeug und dessen Verbraucher angebunden werden. Schwierige Aufgaben hierbei waren neben dem Aufbau der mobilen Infrastruktur zur Versorgung mit Kraftstoff (Wasserstoff und Sauerstoff) auch die Entwicklung und Implementierung der für den Flugverkehr zugelassenen Messinstrumente, mit denen das Verhalten des Brennstoffzellen-Systems während des Flugs beobachtet und analysiert wird. Bevor das Flugzeug mit der Brennstoffzelle an Bord zum ersten Testflug abheben konnte, musste das System umfangreiche Abnahmetests am Boden bestehen, um die für den Flugbetrieb erforderliche Sicherheit zu gewährleisten.
Da das anzusteuernde Hydrauliksystem bei einem Triebwerksausfall die Steuerflächen bewegen muss, war ein Schwerpunkt der durchgeführten Tests der Antrieb der Querruder, wofür die Brennstoffzelle sechs Kilowatt Leistung bereitstellen muss. Weitere Tests betrafen das Verhalten der Brennstoffzelle unter regulären Flugbedingungen, das heißt bei entsprechenden Vibrationen, Beschleunigungen, unterschiedlichen Luftdrücken und Temperaturen. Auch die Bewältigung unterschiedlicher elektrischer Lasten stand auf dem Programm.
Die bisherige Arbeit ist Teil eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Projektes, bei dem die Partner aus Industrie und Forschung seit März vergangenen Jahres die Einsatzmöglichkeiten der Brennstoffzelle im Flugzeug untersuchen. Das positive Testergebnis markiert einen wichtigen Meilenstein in dem Projekt und in der weiteren Forschungsarbeit: Es hat sich bestätigt, dass die Brennstoffzelle eine vielversprechende Option zur on-bord-Stromversorgung im Flugzeug darstellt.
Über den Betrieb des Notstromaggregats hinaus steht daher die Integration eines multifunktionalen Brennstoffzellensystems als nächster Schritt auf dem Projektplan. Hierbei soll das durch die Brennstoffzelle gewonnene Wasser an Bord weiterverwendet werden, das System stellt auch die elektrische Energie zur Versorgung des Flugzeugs am Boden bereit.
Der Airbus A320 auf der ILA 2008 in Berlin