Bundesregierung lässt freiwilligen oder zwangsweisen Ausstieg aus Eurozone prüfen sowie Insolvenzverfahren für Euro-Staaten. - Abweichler bei Abstimmung zum „Gesetz zum Erhalt der Stabilität der Währungsunion“ ("Griechenlandgesetz") befürchtet.
Als Konsequenz aus der Griechenland-Krise will die Bundesregierung radikale Änderungen beim Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt durchsetzen. „Es gibt dabei keine Tabus“, sagte ein Regierungsmitglied dem Nachrichtenmagazin FOCUS.
Die Regierung lässt nach FOCUS-Informationen auch den freiwilligen oder zwangsweisen Ausstieg von Mitgliedern aus der Eurozone prüfen.
Das Bundesfinanzministerium gab dazu Mitte April ein Rechtsgutachten in Auftrag, das kommende Woche vorliegen soll. Außerdem will die Bundesregierung möglichst schnell erreichen, dass Mitglieder der Euro-Zone bei Zahlungsschwierigkeiten auch ein geordnetes Insolvenzverfahren durchlaufen können.
In diesem Fall müssten die Gläubiger wie beispielsweise Banken auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, während sich das überschuldete Land zu einem Sanierungsprogramm verpflichtet.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist sich laut FOCUS mit ihrem Kabinett darin einig, dass die anstehenden Kreditzusagen für Griechenland nur eine akute Nothilfe darstellen sollten.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) solle deshalb in einer Arbeitsgruppe von EU-Ratspräsident Herman van Rompuy härtere Sanktionen beim Euro-Stabilitätspakt vorantreiben. Merkel und Schäuble wollten dazu auch die Europäischen Verträge ändern. Die Bundesregierung erwägt FOCUS zufolge auch, ihre Bankenabgabe auf Vergütungen und Boni auszuweiten.
Koalition fürchtet Abweichler bei Griechenland-Abstimmung – Grundsätzliche Bedenken in der FDP - Kraft (SPD) knüpft Hilfe an Auflagen
Bei der Abstimmung über die staatlichen Garantien für Kredite an Griechenland müssen die Spitzen der Koalition mit Abweichlern in den eigenen Reihen rechnen. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins FOCUS erwägt mindestens ein Dutzend FDP-Abgeordnete, gegen das „Gesetz zum Erhalt der Stabilität der Währungsunion“ zu stimmen. Deshalb wolle Parteichef Guido Westerwelle seine Fraktion am Montag persönlich auf Linie bringen.
Der FDP-Obmann im Finanzausschuss, Frank Schäffler, sagte FOCUS, er habe grundsätzliche Bedenken gegen die Griechenland-Hilfen: „Ich halte das weder ökonomisch für sinnvoll, noch finde ich es rechtlich in Ordnung. Die Griechen können gar nicht so viel sparen, wie sie sparen müssten. Um die Wirtschaft wieder kurzfristig wettbewerbsfähig zu machen, müssten die Löhne um 30 Prozent gekürzt werden. Ein freiwilliger Austritt aus der Währungsunion ist deshalb der einzig richtige Weg.“
FDP-Finanzexperte und Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms sagte FOCUS, für ihn seien noch viele Fragen offen: „Eine Nothilfe kann ich mir schon vorstellen. Dann muss aber sichergestellt sein, dass die Sparauflagen für Griechenland konsequent durchgesetzt und streng kontrolliert werden. Eine zweite Finanzierungsrunde darf es nicht geben.“
Die nordrhein-westfälische SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft sprach sich gegen eine vorbehaltlose Griechenland-Hilfe aus. Die Oppositionsführerin nannte in FOCUS drei Auflagen. „Die Gläubiger – also internationale Banken und Investmentfonds – müssen sich an der Rettung Griechenlands beteiligen“, sagte sie.
Zudem fordert Kraft eine europäische Spekulantensteuer, die „sofort“ umzusetzen sei. „Außerdem brauchen wir ein Verbot von Leerverkäufen - also die gezielte Zockerei auf abstürzende Kurse mit Aktien, die einem noch nicht mal gehören.“