Was kann Griechenland unternehmen, um seine Schulden zu finanzieren? Dieser Frage geht Marshall Auerback in seiner heutigen Montags-Kolumne nach und zeigt zusammen mit Warren Mosler einen gangbaren, wenngleich riskanten Weg auf.
Von Marshall Auerback und Warren Mosler, Übersetzung aus dem Englischen: Lars Schall
Griechenland kann erfolgreich neue Schuldtitel zu niedrigen Zinsen herausgeben und platzieren. Der Trick besteht darin, eine Klausel beizufügen, die für den Fall des Zahlungsausfalls besagt, dass der Inhaber auf Wunsch die ausgefallenen Wertpapiere zum Zahlen griechischer Steuern benutzen kann. Das würde es für Investoren sofort offensichtlich machen, dass diese Wertpapiere „gutes Geld“ sind und letzten Endes zum Nennwert eintauschbar sein werden, solange der griechische Staat Steuern erhebt und eintreibt.
Das würde Griechenland nicht nur erlauben, sich selbst zu niedrigen Zinsraten zu finanzieren, es würde auch als Beispiel für den Rest des Euroraums dienen und damit die Finanzierungsschwierigkeiten der gesamten Region erleichtern.
Wir erkennen selbstverständlich an, dass dieser Vorschlag ein “Moral Hazard”-Problem aufwerfen würde. Diese neue Finanzierungsfreiheit könnte, falls missbraucht, höchst inflationär wirken und den Euro weiter schwächen. Tatsächlich besteht der Grund, warum es der EZB verboten ist, Staatsschulden aufzukaufen, darin, dass es der „Marktdisziplin“ obliegen soll, die Staatsausgaben der Mitgliedsländer durch die bestehende Gefahr der Zahlungsunfähigkeit einzugrenzen. Ist diese Gefahr beseitigt, wird schlechtes Verhalten belohnt, da dasjenige Land, welches am meisten ausgibt, bei einem beschleunigten und inflationären “race to the bottom“, d. h. Wettlauf nach unten am meisten gewinnt.
Das ist mit einer Situation zu vergleichen, in der eine Nation wie die USA keine staatliche Versicherungsregulierung besaß. Unter diesen Umständen begaben sich die einzelnen Bundesstaaten in einen Wettlauf nach unten, bei dem der Staat mit den laxesten Standarts die meisten Versicherungsunternehmen anzog, was jeden Staat zwang, seine Standarts zu senken oder die Grundlagen seiner Steuereinnahmen flüchten zu sehen. Und er neigte dazu, schlecht auszugehen mit Zusammenbrüchen im AIG-Stil.
Hinzu kommt, dass die EZB oder der ECOFIN-Rat im Endeffekt die Mittel verlören, um Ihre Einsparungsforderungen durchzusetzen und sie nicht wieder rückgängig zu machen, sobald klar ist, dass sie es als zu riskant erachten, ein Land Bankrott gehen zu lassen.
Was die europäischen Politiker gerne finden würden, wäre ein Weg, Griechenland zu isolieren und den Ansteckungseffekt abzuschwächen, während die Marktdisziplin aufrechterhalten wird, die daher rührt, dass die Mitgliedsländer Kredit empfindliche Einheiten sind; deshalb die umstrittenen, nunmehr enthüllten „Schock und Ehrfurcht“-Vorschläge, die einen 8%igen Sprung an der griechischen Börse am Donnerstag hervorriefen.
Aber diese Vorschläge reichen nicht zum Kernpunkt des Problems. Jedes große Paket wird die anderen Mitgliedsländer, die es zu finanzieren haben, schwächen, da sie ebenfalls Einnahmen abhängige, Kredit empfindliche Einheiten sind. Darin den Bundesstaaten der USA sehr ähnelnd, besitzen sie keine Kontrolle über die Zentralbankgeschäfte und müssen ausreichend Geldmittel auf ihren Konten haben oder ihre Schecks platzen.
Die Euroraumländer sind einander immer noch verpflichtet und ihre beschlossenen Rettungsmaßnahmen bedeuten, dass sie mit einem weltweiten Aufschwung nicht Schritt halten werden. Und die griechische Finanzrestrukturierung, die ausstehende Schulden reduziert, reduziert ausstehende Euro-Finanzaktiva, die Stärkung des Euro und führt zur weiteren Schwächung der Wirtschaftsleistung und Beschäftigung, während gleichzeitig die Legitimierung der Restrukturierungsrisiken die Kreditwürdigkeit aller Mitgliedsnationen mindert.
Es trifft nicht zu, dass die Märkte die Auswirkungen einer griechischen Zahlungsunfähigkeit völlig abtaten. Wenn man einen „Chapter 11“-Vergleich heranzieht, würden große Teile des Landes dichtgemacht werden und das “Unternehmen” (d.h. die Griechenland AG) könnte nur noch ihre Steuereinnahmen ausgeben. Aber die implizierten Ausgabenkürzungen stellen eine weitere substanzielle Kürzung der Gesamtnachfrage und ebenso zurückgehende Einnahmen dar, was eine unvirtuose Spirale bedeutet, die nur mit einem Anstieg der Exporte oder einer von Not getriebenen Revolte enden könnte.
Die Fähigkeit Griechenlands, die Gelder des Rettungspakets als Mittel zu nutzen, um griechische Staatsverbindlichkeiten zu tilgen, würde seine finanziellen Verhältnisse verbessern und den finanziellen Kollaps abwenden, wenigstens kurzfristig, mit dem Nebeneffekt einer Abwärtsspirale in Wirtschaftsleistung und Beschäftigungsrate, während die Bedenken bezüglich der Staatsfinanzierungsrisiken derzeit nach Spanien, Portugal, Irland, Italien und darüber hinaus weitergeleitet werden. Diese Staatsfinanzierungsschwierigkeiten werden sich in eine Bankenkrise umfänglichen Stils wandeln, die schnell zu einem Bankenansturm vor den Geschäftstellen führen kann.
Unser Vorschlag würde Griechenland und die gesamte Eurozone von den Gefahren nationaler Insolvenzen bewahren und die Aufmerksamkeit der europäischen Politiker um 180 Grad wenden, und zwar zurück zu ihrer traditionellen Rolle, das mögliche „Moral Hazard“-Problem exzessiver Defizitausgaben durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt einzuschränken.
Sollten die Mitgliedsstaaten am Ende entscheiden, dass die Verhältnisse des Stabilitäts- und Wachstumspaktes geändert werden müssen, ist das ihre Entscheidung. Aber der Stabilitäts- und Wachstumspakt stellt den “Staatshaushalt” der Eurozone dar, der genau so entworfen wurde, um ein hyperinflationäres Resultat zu verhindern, das ein Wettlauf nach unten möglicherweise bewirken könnte. Wenn zu nichts anderem, würde unser Vorschlag zumindest die deflationären Auswirkungen mildern, die die Marktdisziplinierung Kredit empfindlicher Staaten hervorruft, und die mögliche Ausbreitung einer globalen Finanzansteckung, ohne inflationär zu sein.