Ron Sommer bestreitet Verwicklung in Telekom-Abhöraffäre
Ehemaliger Vorstandschef: "Ichhätte derartige Praktiken nie akzeptiert"
Der ehemalige Telekom-Vorstandschef Ron Sommer hatbestritten, über die Bespitzelung von Journalisten im Auftrag seines Konzernsinformiert gewesen zu sein. "Ich hätte derartige Praktiken nieakzeptiert", sagte Sommer der Financial Times Deutschland. "Das gilt auch für den gesamten Vorstand undAufsichtsrat.“
Sommer war zwischen 1995 und 2002 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom.Nach Informationen der FTD hatte die Telekom bereits im Jahr 2000 Journalistenbespitzeln lassen, um Informanten im Unternehmen zu identifizieren. Betroffenwar auch der damalige FTD-Chefreporter, auf den Privatdetektive angesetztwurden.
Telekom bespitzelte schon 2000?
Ex-Geheimdienstmitarbeiter am Werk
DieDeutsche Telekom hat bereits im Jahr 2000 Spitzelaufträge erteilt, umInformanten aus dem Konzern und missliebige Journalisten zuidentifizieren. Die Methoden gingen dabei nach Informationen von„Capital“ und der FTD weit über das für die Jahre 2005 und 2006bekannte Auswerten von Telefonverbindungen hinaus.
Für den ehemaligen Staatskonzern suchte als Subunternehmen die vonEx-Geheimdienstlern gegründete Berliner Wirtschaftsdetektei Desa nacheinem Leck. Im Visier der privaten Fahnder stand vor allem der damaligeFTD-Chefreporter Tasso Enzweiler, der zu dieser Zeit oft exklusiveGeschichten über die Telekom veröffentlichte. Über ihn hoffte dieTelekom ihre undichten Stellen zu finden. Die privaten Fahnderversuchten sogar, mit versteckter Kamera Hinweise auf EnzweilersKontaktperson in seinen Redaktionsräumen in Köln zu finden.
Die Informationen legen nahe, dass der ehemalige Monopolistjahrelang ein Spitzelsystem gegen Journalisten und Spitzenkräfteunterhalten hat. Am vergangenen Wochenende hatte die Telekom lediglicheingeräumt, dass der Konzern in den Jahren 2005 und 2006Telefonverbindungsdaten missbräuchlich benutzt hat.
Den Spitzelauftrag 2000 vergab Harald Steininger, der später zum Leiterder Telekom-Konzernsicherheit aufstieg. Unklar ist aber, in wessenAuftrag er handelte. Vorstandschef war damals Ron Sommer. Steiningerwählte nach FTD-Informationen die Berliner Control Risks Group (CRG)als Partner, die wiederum mit der Desa Investigation & RiskProtection zusammenarbeitete.
Deutsche Telekom ein Einzelfall
Der Tagesspiegel meint:
Der Fall Telekom ist nicht singulär. Bei den größten deutschen Konzernen reiht sich ein Skandal an den nächsten. Volkswagen lässt Huren einfliegen, um den Betriebsrat gefügig zu machen. Siemens schmiert Auftraggeber in der ganzen Welt, und die internen Korruptionsbekämpfer geben offenbar auch noch Tipps, wie das am besten geht. Die Bahn beruft erst einen Verkehrsminister in den Vorstand, der gut Wetter für den Börsengang gemacht hat, und zwei Jahre später auch noch den Bahngewerkschafter, der die Arbeitnehmer auf Privatisierungslinie gebracht hat. Die Liste der Skandale ließe sich fortsetzen, und sie zeigt, wie folgenlos der Corporate-Governance-Kodex, das freiwillige Regelwerk der Wirtschaft, bleibt.
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