Mehr als 18.000 Steuersünder zeigen sich selbst an. Die Summe der nicht versteuerten Einkünfte beträgt nach vorsichtigen Schätzungen aus den Ministerien 3,7 Milliarden Euro.
Der deutsche Fiskus kann durch die in der Schweiz gestohlene Steuer-CD mit Mehreinnahmen von rund 1,25 Milliarden Euro rechnen. Wie eine Umfrage des Handelsblatts (Donnerstagausgabe) bei den Länderfinanzbehörden ergab, haben sich in den vergangenen Monaten mehr als 18.000 Steuersünder selbst angezeigt, um der Strafverfolgung zu entgehen. Allein in den vergangenen zwei Wochen kamen 2.000 hinzu.
Die Summe der nicht versteuerten Einkünfte beträgt nach vorsichtigen Schätzungen aus den Ministerien 3,7 Milliarden Euro. Allein in Baden-Württemberg wurden 914,4 Millionen Euro bisher nicht versteuert. Die Zahl der Selbstanzeigen liegt hier laut Finanzministerium bei 5.114.
Die Welle der Selbstanzeigen kam vor drei Monaten in Schwung. Anfang Februar wurde bekannt, dass ein Informant der Steuerfahndung Wuppertal eine CD mit 1.500 Namen deutscher Kunden in der Schweiz angeboten hatte. Experten taxierten die möglichen Steuermehreinnahmen auf 400 Millionen Euro.
Während sich Baden-Württemberg sträubte, erwarb Nordrhein-Westfalen die CD noch im Februar für 2,5 Millionen. Euro. In diesem Land sind die Ermittlungsverfahren für ganz Deutschland konzentriert, die Beamten geben ihre Erkenntnisse dann an die zuständigen Stellen in den einzelnen Bundesländern. Das Bekanntwerden anderer CDs beschleunigte die Selbstanzeigen zusätzlich.
Rechtsexperten kritisieren das Verhalten der Behörden. „Das ist eine moralische Bankrotterklärung unseres Rechtssystems“, sagt der Düsseldorfer Strafrechtler Jürgen Wessing, der Dutzende von Steuersündern vertritt. Es bestehe kein Zweifel, dass sich der Verkäufer der CD die Daten auf illegale Weise beschafft habe. Durch den Kauf begünstige der Staat also eine Straftat und schaffe ein Geschäftsfeld für Hacker und kriminelle Bankangestellte. Michael Adams, Rechtsexperte der Universität Hamburg, hält das Vorgehen der Behörden für verfassungswidrig.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dagegen hat den Ankauf der gestohlenen CD stets verteidigt und darauf verwiesen, dass der Staat bei einem ähnlichen Fall vor zwei Jahren in Liechtenstein auch Geld für gestohlene Steuerdaten bezahlt hatte. Kein Gericht, argumentiert Schäuble, habe verboten, solche Beweismittel zu verwerten. Um glaubwürdig zu bleiben, müsse der Staat bei dieser Linie bleiben.