George Soros hat Anfang des Jahres zum Angriff auf den Euro geblasen. Namhafte Hedge-Fonds-Manager, wie zum Beispiel John Taylor, Chef des weltgrößten Hedge-Fonds FX-Concepts sind auf diesen Zug aufgesprungen.
Kein Wunder, Taylor verdiente bereits mit, als Soros gegen das britische Pfund wettete. Jetzt haben die Regierungen der EU-Länder und die EZB mit beispiellosen Maßnahmen diesen Spekulanten den Kampf angesagt.
Die EU will mit einem gigantischen Rettungsschirm von 500 Milliarden Euro, zu dem noch 250 Mrd. Euro aus dem Internationalen Währungsfonds hinzukommen, die hochverschuldeten Länder, die EU und damit auch den Euro schützen. Zusätzlich will die EZB nun doch, entgegen ihren bisherigen Stellungnahmen, Staatsanleihen ankaufen. Noch am Donnerstag hatte Trichet verkündet, dass das kein Thema sei. Sie sehen, wie ernst die Lage wohl geworden ist.
Der pawlowsche Inflations-Reflex
Lustig finde ich die Volkswirte, die auf dieses Thema wie Pawlowsche Hunde reagieren. Sobald irgendetwas von „Notenbank“ und „Aufkauf von eigenen Staatsanleihen“ zu lesen ist, schaltet bei den meisten Volkswirten irgendein Gehirnkreis durch und sofort wird das Wort „Inflation“ herausgesabbert. (zu Pawlow siehe Wikipedia: hier klicken) Grundsätzlich ist es natürlich korrekt, dass eine Inflation zu erwarten ist, wenn ein Staat Schulden macht und die Notenbank des Staates diese Schulden aufkauft, damit der Staat weitere Schulden machen kann. Damit wird sozusagen der Turbo der gemeinen Gelddruckmaschinerie angeworfen. In einigen Ländern der zweiten und dritten Welt sowie in der Geschichte hat man die verheerenden Folgen dieser Maßnahmen erlebt, und daraus ist nun eine allgemeingültige Regel entstanden.
Nur zum Teil richtig
Aber ganz so einfach ist es nicht, es gibt Sondersituationen: Die Staatschefs der EU haben sich ebenfalls darauf geeinigt, den Abbau der Schulden zu forcieren. Sollten das nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben, funktioniert das mit der Inflation nicht mehr so richtig. Ein wichtiger Punkt bei der Inflation durch das Anschmeißen der Geldpresse ist, dass der Staat weiter Geld ausgibt. Dann erst kann es zu der gefürchteten Inflation kommen.
In einem Land, das seine Schulden abbaut, wird es jedoch tendenziell eher zu deflationären Effekten kommen:
Durch die Sparmaßnahmen wird das Wirtschaftswachstum gedrückt. mit der Folge, dass die Arbeitslosigkeit steigt. Weniger Menschen können konsumieren, so dass die hergestellten Produkte nicht mehr gut verkauft werden können. Es entsteht ein verschärfter Konkurrenzkampf, der zu sinkenden Preisen führt. Diese wirken sich deflationär aus. Da die gesamte EU von einer Überschuldung betroffen ist, und strikte Sparmaßnahmen beschlossen werden sollen, sind die deflationären Gefahren somit ersteinmal noch höher. Das Anwerfen der Geldpresse wird allgemein als das geeignete Medium gesehen, um deflationäre Tendenzen zu bekämpfen.
Erst wenn die Wirtschaft nach dem Schuldenabbau wieder wächst, würde sich die Ausweitung der Geldmenge inflationär auswirken (dann jedoch unter Umständen sehr schnell). Darauf könnte die EZB jedoch wieder entsprechend reagieren. Eine Inflation ist entgegen anders lautender Kommentare kein unausweichliches Szenario.
Positive Effekte auf Deutschland
Wie schon geschrieben: Sollten die Maßnahmen der EU Erfolg zeigen, sollte die Krise also tatsächlich gemeistert werden, würden die niedrigen Zinsen bei einem schwachen Euro dazu führen, dass wir hier in Deutschland vor einem Boom stünden (siehe Steffens Daily vom 07.05.10 - hier klicken).
Gerade aktuell zeigen sich schon die ersten Auswirkungen des niedrigen Euros: Im März sind die Exporte aus Deutschland um satte 10,7 % angestiegen. Analysten hatten lediglich mit 2,8 % gerechnet. Stellen Sie sich vor, diese Entwicklung setzt sich weiter fort. Was glauben Sie, wie schnell Deutschlands Wirtschaftswachstum anzieht? Wie gesagt, dieses durchaus realistische Szenario, das gerade durch die neusten Exportdaten bestätigt wird, habe ich sonst noch nirgendwo gelesen. Das scheint der blinde Fleck zu sein, den niemand auf dem Schirm hat. Und die Themen und Szenarien, die niemand sieht, sind oft genug diejenigen, die eintreffen. Untergangsszenarien kann zurzeit jeder… Ist die Krise denn wirklich schon vorbei?
Die entscheidende Frage dabei ist natürlich, ob die aktuelle Krise der EU wirklich schon vorbei ist. Letzten Endes wird diese Frage an den Märkten entschieden. Schafft es die EZB nicht, Soros und andere aus ihren Spekulationen und den Euro-Shorts zu treiben, haben wir in der letzten Woche nur den Anfang einer größeren Krise gesehen. Damit würde auch das Szenario eines starken Booms in Deutschland in Frage gestellt werden.
Geschockte US-Spekulanten?
Ein weiteres Szenario könnte Einfluss haben. In der letzten Woche haben die Hedge-Fonds in den USA erlebt, welche enormen Auswirkungen eine Krise in Europa auch in den USA haben kann - zumindest wird es offiziell so interpretiert.
Ich kann mir gut vorstellen, dass der kleine Crash dort einigen den Angstschweiß auf die Stirn getrieben hat. Denn auch die Fonds leben von Geld, welches Firmen und Anleger investieren. Wenn Europa crasht, und die USA mit in den Strudel gezogen wird, sägen diese Fonds im Prinzip mittelfristig an dem Ast auf dem sie sitzen. Das werden sie nicht wollen. Und so könnte es sein, dass die letzte Woche ein heilsamer Schock gewesen ist. Das bleibt jedoch vorerst Theorie…
Und damit zu unserem DAX-Chart:
Wie ich bereits vermutet hatte, bestand die Gefahr, dass der rote Trend nach unten aufgelöst wird, weil zuvor die Kurse die oberen Trendlinien nicht mehr erreicht hatten Zeichen von Schwäche). Mit dem Tief vom Freitag hat sich nun ein neuer, flacherer Trendkanal ausgebildet und bestätigt (hier grün dargestellt). Das ist zunächst einmal ein Zeichen dafür, dass sich die Dynamik des Trends verlangsamt – mehr nicht. Insoweit wäre die Welt noch in Ordnung und die Aufwärtstrends im DAX sind noch intakt! (Ich weiß, das will man nach der letzten Woche kaum glauben).
Im Prinzip muss man demnach weiter bullish bleiben, bis auch dieser neue grüne Trendkanal nach unten gebrochen wird. Erst dann wird es wieder kritischer. Bearisher wird es allerdings erst, wenn die untere Linie des aktuellen Rechtecks bei 5.450 Punkten nachhaltig nach unten verletzt wird. Aber selbst dann ist noch eine Seitwärtsbewegung denkbar.
Steffens Daily --->stockstreet.de
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