Ex- Bundesbankpräsident zu EZB Gelddruck-Orgie: "Der Rubikon ist überschritten" - Schlesinger übt harsche Kritik am Kurs der Europäischen Zentralbank. 750-Milliarden-Rettungsaktion überzogen. / Gerücht: EZB stützt Euro.
BERLIN. Der ehemalige Bundesbank-Präsident Helmut Schlesinger hat im Interview mit dem Handelsblatt (Mittwochausgabe) die Entscheidung der EZB, Staatsanleihen schwacher Mitgliedsländer aufzukaufen, scharf kritisiert. "Ich frage mich, ob die Lage so gefährlich war, dass man die ganz schwere Artillerie auffahren musste. Die Wirtschaftskraft der meisten stabilen Länder schützt den Euro vor einem Absturz ins Bodenlose", sagte Schlesinger.
Daher hält er die 750-Milliarden-Rettungsaktion für überzogen. "Die EZB ist nun in die Lage gekommen, dass sie Staatsanleihen kaufen soll. Damit ist der Rubikon überschritten", sagte Schlesinger. Mit Blick auf den gegenseitigen Beistand der Staaten habe er weniger Bedenken. Eine Überbrückungshilfe sei richtig – vorausgesetzt, dass auch das Notwendige geschehe, um eine wirtschaftliche Anpassung vorzunehmen. Ohne die werde es keine dauerhafte Beruhigung geben. Schlesinger: "Man muss sich von der Illusion lösen, dass die Märkte sich von einem Verhalten abbringen lassen, das sie aufgrund handfester Daten wie der hohen Defizite für berechtigt halten."
Unterdessen halten sich an den Devisenmärkten Gerüchte, dass die EZB den Euro stützt, indem sie Dollar verkauft. Dies wurde von der Zentralbank bisher allerdings nicht bestätigt.