Baden-Württembergs Ministerpräsident Mappus warnt vor übereiltem Sparkurs. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Carstensen legt Bund Steuererhöhungen nahe. Bundesregierung erwägt höheren Beitrag zur Arbeitslosenversicherung. Auch Erhöhung der LKW-Maut möglich.
Im Zuge der Haushaltsaufstellung für 2011 erwägt die Bundesregierung, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung anzuheben. Der Vorschlag ist Bestandteil eines Maßnahmenkatalogs mit Kürzungen und Einnahmeverbesserungen, der im Bundesfinanzministerium erstellt wurde.
Stiege der Beitrag um einen Prozentpunkt, würde der Bundeshaushalt um acht Milliarden Euro entlastet. Die Beamten schlagen auch vor, die Ausnahmen für Unternehmen bei der Ökosteuer zu beschneiden. Die Steuersubvention entlastet die Betriebe derzeit um sechs Milliarden Euro. Sie könnte zumindest teilweise gestrichen werden, etwa um ein Viertel oder die Hälfte.
Auch eine höhere Lkw-Maut ist Bestandteil der Maßnahmenliste. Außerdem will Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auch die Gebühreneinnahmen des Bundes um einige hundert Millionen Euro steigern.
Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) will Steuern anheben, um die Haushaltslöcher zu stopfen. „Wenn wir die Vorgabe der Schuldenbremse auf der Ausgabenseite nicht erfüllen können, wäre es notwendig, neue Einnahmemöglichkeiten durch Steuererhöhungen
zu erschließen“, sagte er dem SPIEGEL.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus hat vor übereilten Sparbeschlüssen gewarnt. „Wir haben riesige Konjunkturpakete geschnürt, und jetzt mitten in der Krise das Gegenteil zu tun, das wäre, als ob man bei einem Rennwagen auf Hochtouren den Rückwärtsgang einlegt“, mahnte er in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin FOCUS. Mappus signalisierte allerdings zugleich grundsätzliche Offenheit für eine stärkere Belastung Einzelner bei der Einkommensteuer. „Ich finde schon: Bei der Einkommensteuer gibt es Ausnahmetatbestände, über die man reden kann.“ Auf die Frage, ob er Feiertags- und Nachtzuschläge besteuern wolle, antwortete Mappus: „Sofern es untere Einkommen betrifft, kommt es nicht in Frage für mich.“
Der Ministerpräsident betonte, dass grundsätzlich Sparen geboten sei: „An Bildung und Kindern darf man nicht sparen. Das sind die einzigen Ausnahmen. Alles andere muss man sich anschauen.“ Zugleich machte er deutlich, dass das Versprechen, bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Bildung und Forschung auszugeben, möglicherweise nicht eingehalten wird. „Das Ziel darf man nicht aufgeben. Aber insgesamt werden wir in Deutschland wohl das Tempo nicht ganz schaffen.“
Der CDU-Politiker kündigte an, seine Partei werde „mit einer klaren Wahlaussage für die jetzige schwarz-gelbe Koalition in die Landtagswahl am 27. März gehen“.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hat den Bund indirekt dazu aufgerufen, die Steuern zu erhöhen. In Anbetracht der schwierigen Haushaltslage müsse man „über alles nachdenken, auch über Steuererhöhungen“, sagte Carstensen im FOCUS-Interview. Er lobte die jüngste Entscheidung der Kanzlerin, eine Steuerreform vorerst abzusagen. „Sinkende Einkommensteuern in den nächsten drei, vier Jahren sind utopisch“, so Carstensen. Die Einnahmen des Staates müssten „steigen, nicht sinken“.
Carstensen forderte, der Bundestag solle „so rasch wie möglich“ ein Sparpaket auf den Weg bringen. „Wir müssen den Menschen reinen Wein einschenken.“ Dazu gehöre auch das „Eingeständnis“, dass der Sozialstaat „nicht mehr so üppige Leistungen bieten kann“.
Nach Ansicht Carstensens wird es allen Bundesländern „schwer fallen“, die Ausgaben für Bildung wie geplant zu erhöhen. Als erstes Land verankerte Schleswig-Holstein eine Schuldenbremse in der Landesverfassung. „Es wird historische Einschnitte geben, die den Menschen weh tun“, sagte Carstensen. Ohne Sparmaßnahmen aber steuere das Land „auf griechische Verhältnisse zu“.
Als sinnvollen Beitrag zur Konsolidierung des Staatshaushalts empfiehlt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW), Klaus Zimmermann, den Abbau von Steuervergünstigungen, die an den Faktor Arbeit und an das Einkommen anknüpfen. „Würde das Ehegattensplitting gestrichen, brächte das den öffentlichen Haushalten 30 Milliarden Euro zusätzlich“, schreibt Zimmermann in der aktuellen Ausgabe der WirtschaftsWoche. Zur Begründung erklärt Zimmermann, das Ehegattensplitting habe noch nie die Familie gefördert, sondern nur die Alleinverdienerehe. Arbeitsmarktpolitisch sei es aber nicht sinnvoll, qualifizierte Frauen in die Hausfrauenrolle zu drängen.
Auch die Steuervergünstigung für Sonn- und Feiertagszuschläge sei „in Wahrheit eine Lohnvergünstigung für Arbeitnehmer“ und daher abzuschaffen. Hier ließen sich, so Zimmermann, weitere 1,5 Milliarden Euro einsparen. „Würde man zusätzlich die Werbungskostenpauschale auf 1000 Euro halbieren, brächte das noch einmal fünf Milliarden Euro jährlich.“ Ein Abschied von der Pendlerpauschale könnte den öffentlichen Haushalten noch einmal zwei bis drei Milliarden Euro einbringen, so der DIW-Chef. Darüber hinaus plädiert Zimmermann auch dafür die von der Bundesregierung gerade erst beschlossene Verlängerung der Kurzarbeiterregelung auszusetzen. „Damit ließen sich bis zu drei Milliarden Euro einsparen.“