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Ohne Geld um die Welt

Journalist  Michael Wigge hat sich einer unglaublichen Herausforderung gestellt: Er reist ohne Geld von Berlin bis in die Antarktis, alleine und nur gewappnet mit seinen beiden Kameras und vielen erstaunlichen und schrägen Ideen.

 

 

Wie überquert man ohne Geld den Atlantik oder reist ohne einen Cent durch die USA und Südamerika? Diese Fragen beantwortet Michael Wigge, Autor des gleichnamigen Buches, in der fünfteiligen Reportage "Ohne Geld bis ans Ende der Welt", die von Montag, 31. Mai 2010, an täglich um 19.00 Uhr in ZDFneo ausgestrahlt wird. Journalist und Moderator Michael Wigge hat sich einer unglaublichen Herausforderung gestellt: Er reist ohne Geld von Berlin bis in die Antarktis, alleine und nur gewappnet mit seinen beiden Kameras und vielen erstaunlichen und schrägen Ideen.

Auf seiner abenteuerlichen Reise lernt Michael Wigge Länder und deren Menschen auf ungewöhnlich nahe und unverstellte Art und Weise kennen. Er beschreibt eindrucksvoll den Kampf gegen viele Hindernisse und Strapazen. Jede Mahlzeit muss verdient, jede Übernachtung organisiert werden - und das an 150 Reisetagen. Mehrmals droht das Projekt zu scheiten. Wigge erlebt aber auch Höhepunkte wie die faszinierenden Landschaften Nord- und Südamerikas und nicht zuletzt die Begegnungen mit beeindruckenden Menschen - vom Freeganer, der sich von Lebensmitteln aus Supermarkt-Müllcontainern ernährt, über die Amish-People bis hin zu Millionären in den USA.

In der ersten Folge startet Wigges Reise an einer Autobahnauffahrt außerhalb Berlins. Von dort geht es per Anhalter nach Köln. Harald, ein Zuhälter, bietet Wigge gleich den ersten Deal der Reise an: Wigge soll als Butler seine Ferraris putzen und bekommt dafür ein Zugticket. Von Antwerpen nach Montreal verbringt Wigge zwei Wochen auf einem Containerschiff. Er bekommt diese kostenlose Fahrt, weil er als "Mädchen für alles" angeheuert hat. Er putzt, streicht, repariert und lernt die philippinische und osteuropäische Besatzung des Schiffes und deren Sicht auf ein Leben mit wenig Geld kennen.

Michael Wigge überwindet während seiner Reise immer wieder Erschöpfung und Hunger. Er bricht als Lastenträger in den Anden zusammen, lebt mit Obdachlosen und New Mexico und ernährt sich von Blumen auf Hawaii. Und er schafft das Unmögliche: Im November 2009 erreicht er die Antarktis.

Michael Wigge mit Schild. Quelle: ZDF

 

Es muss nicht alles ein Deal sein

Interview mit Michael Wigge - Reporter, Autor, Selbstfilmer, geführt von Christian Liffers

Christian Liffers: Wie kamen Sie auf die Idee zu "Ohne Geld ans Ende der Welt?" Michael Wigge: Ich wusste, ich möchte um die Welt reisen, und ich möchte eine große Herausforderung bestehen. Das war der Anfang von "Ohne Geld bis ans andere Ende der Welt".

Liffers: Was motiviert Sie, sich so schwierigen aber auch schrägen Situationen zu stellen? Wigge: Früher arbeitete ich für die Sendung "Sarah Kuttner - Die Show". Dort war ich der Außenreporter, der für Sarah Kuttner jede Woche eine neue Aufgabe lösen musste. Dabei hatte ich immer den Wunsch, nicht nur so eine Tagesaufgabe zu lösen, sondern einmal etwas Größeres zu machen. Etwas bei dem ich mich selbst austesten kann. Dabei wollte ich viel lernen und tolle Menschen treffen. Und das war ja dann auch so.

Liffers: Wie lange haben die Vorbereitungen zu "Ohne Geld ..." gedauert und wie haben Sie sich vorbereitet? Wigge: Die Idee hatte ich 2005. Die eigentliche Vorbereitung dauerte dann vom Sommer 2008 bis Sommer 2009. Dabei bin ich immer wieder Szenarien durchgegangen wie, was passiert, wenn ich in Peru ohne Essen bin? Was kann ich dann aus dem Hut zaubern? Welche Ideen habe ich? So ist nach und nach eine Art Autorenliste entstanden. Im Vorfeld habe ich auch schon Leute angeschrieben und angefragt. Zirka 30 Prozent des Projektes waren also geplant, 70 Prozent und mehr entstanden spontan.

Liffers: Welches war der schönste Moment Ihrer Reise? Wigge: Hawaii war schon lange ein Traum von mir, und in San Franciso hat mir dann ein ehemaliger American-Airlines-Pilot ein Stand-by-Ticket nach Hawaii geschenkt. Das war einfach nur super, super, super. Schön war aber auch an Türen zu klingeln mit der Frage "Hallo darf ich bei euch schlafen?" Und dann die Antwort zu bekommen "Ja, klar, komm rein".

Liffers: Welches war der schwierigste Moment? Wigge: Davon gab es mehrere. Das fing gleich am ersten Tag der Reise an, als ich von Berlin nach Köln getrampt bin. Da musste ich an der Autobahn-Raststätte auf die Toilette gehen und habe gemerkt, ohne Geld geht das gar nicht. Da wusste ich, diese Reise kann evtl. schwierig werden. In Las Vegas war ich erkältet und hatte keine Unterkunft. Das war die erste Situation, in der ich keine Lust mehr hatte. Am Ende der Reise war es noch mal so richtig anstrengend. Da hatte ich eigentlich nur noch ein Ziel: aufs Schiff und zur Antarktis.

Liffers: Gab es Situationen, wo Sie aufgeben wollten? Wigge: Ich hab kein einziges Mal gedacht, jetzt brech' ich ab. Ich war allerdings mehrmals nah dran. Aber mein Ehrgeiz war einfach zu groß.

Liffers: Hatten Sie Sicherheiten, eine Art Backup während der Reise? Wigge: Ja. Eine gute Freundin in Köln, die gesagt hat: "Wenn irgendwas schief geht, kannst du mich anrufen. Egal was passiert, ich arrangiere alles." Das war zum Glück nicht notwendig. Zweites Backup: Ich hatte eine Kranken-Auslandsversicherung abgeschlossen, die ich aus dem Koffer hätte ziehen können, wenn ich wirklich ernsthaft krank geworden wäre. Und ich hatte eine Kreditkarte dabei - die kam aber erst für den Heimflug zum Einsatz.

Liffers: Gibt es einen Ort, wo Sie gerne noch mal mit Geld hinfahren würden? Wigge: Ja. Honolulu. Dieser Ort, der hat mich sehr berührt. Ich möchte im Winter wieder hin.

Liffers: Von den 150 Nächten sind Sie wo am glücklichsten eingeschlafen? Wigge: Bei den Amish-Bauern. Die leben ja sehr einfach und traditionell. Das ist eine Sub-Kultur, die so gar nichts mit Technik und mit Medien zu tun hat. Da bin ich abends befreit von allem anderen eingeschlafen. Das war es eine sehr, sehr schöne Zeit bei denen. Zum Abschied haben sie mir ein Fahrrad geschenkt, damit ich bis zur nächsten Großstadt fahren konnte. Menschlich einfach toll

Liffers: Gab es einen Moment, in dem Sie Angst hatten? Wigge: Ein deutscher Auswanderer hatte mich in Südamerika in seiner Wohnung aufgenommen. Ausgerechnet an dem Abend, an dem ich bei ihm zu Besuch war, ging seine Wohnung in Flammen auf. Und fließendes Wasser gab es nicht. Ja, ich hatte viel Angst. Angst um meine Tapes, Angst um die Reise, Angst um meine Gesundheit.

Liffers: Können Sie in einem Satz die Bedeutung dieser Reise für Sie beschreiben? Wigge: Elf Länder gesehen, vier Kontinente betreten, viele tolle Menschen getroffen.

Liffers: Was haben Sie während der Reise über Geld und seine Bedeutung gelernt? Wigge: Ich habe in Las Vegas einen professionellen Poker-Spieler kennengelernt, der hatte fünf Millionen Dollar gewonnen und durch die Wirtschaftskrise wieder verloren. Er sagte: "Viereinhalb Millionen von den fünf sind futsch, und die halbe Million brauche ich für Rechnungen". Aber der war gar nicht am Boden zerstört, sondern ganz zuversichtlich. Das fand ich total interessant. Mein Fazit: Geld muss nicht immer unser Leben bestimmen. Es muss nicht alles ein Deal sein.

Liffers: Hat sich Ihr persönlicher Umgang mit Geld verändert? Wigge: (lacht) Als ich zurückkam, war Geld erstmal sehr gerne gesehen. Einfach was kaufen zu können, ohne in Kontakt treten zu müssen. Das war toll. Aber wenn jemand auf der Reise gesagt hat, "Komm, nimm doch das Brötchen", hat mir das mehr bedeutet, als wenn ich hier abends einfach essen gehe.

Liffers: Auf Geld können Sie verzichten. Auf was nicht? Wigge: Nur ungern auf mein Bett. Gar nicht auf meine Freunde.

Liffers: Wie war es für Sie in Ländern wie Bolivien oder Peru, wo die Menschen sehr arm sind und nur sehr wenig oder gar nichts haben? Wigge: Mein Experiment und die Armut, das passte nicht zusammen. In Südamerika ist das Projekt deshalb auch an seine Grenzen gestoßen.

Liffers: Sind Ihnen Kontakte von der Reise geblieben? Wigge: Harald, der Millionär zum Beispiel. Mit Harald habe ich vorgestern telefoniert. Er wollte wissen, wie es mir geht, und in zwei Wochen werde ich ihn besuchen. In Albuquerque habe ich einige Zeit mit dem Obdachlosen Joseph verbracht. Beim Abschied gab ich ihm meine Karte und das Versprechen, wenn er irgendwann was braucht, könne er sich bei mir melden. Im Dezember kam dann ein Anruf von ihm: "Ich habe meine Rente anerkannt bekommen und habe jetzt eine Wohnung in Albuquerque. Wann kommst du in die USA und besuchst mich?" Das war super.

Liffers: Haben Sie neue Pläne? Wigge: Ich schließe aus, "Ohne Geld... Teil 2" zu drehen Ich möchte aber gerne wieder reisen.

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