Ein historischer Chartvergleich mit einem Blick in die Zukunft. Die Erholung und der starke Einbruch der letzten Wochen sind typisch für die Zeit nach einem Crash. Und so finden sich in den historischen Charts einige Parallelen.
Heute habe ich für Sie einen höchst interessanten, historischen Chartvergleich:
Das ist der 2008/9er Crash im S&P500 Wochenchart. Mit den rot gestrichelten Linien habe ich die idealtypische Erholung in Form einer „V“-Erholung eingezeichnet. Eine solch starke und dynamische Erholung wäre bullish zu werten. Sie ist meist ein Hinweis darauf ist, dass das Problem, welches zum Crash geführt hat, beseitigt oder nicht mehr relevant ist.
Der S&P500 zeigt sich zu diesem dynamischen Verlauf deutlich weniger dynamisch. Die 1.300er Marke konnte bisher weder im ersten Anlauf, noch im zweiten erreicht werden. Der Chart hat somit bisher nicht „geliefert“, wie wir es nennen. Zwar erkennt man, dass er im Prinzip die symmetrischen Konsolidierungen nachahmt, aber eben auf deutlich tieferem Niveaus.
Das ist ein Hinweis darauf, dass die Crash-Ursachen eben noch eine Relevanz haben, und das stimmt auch mit den bekannten fundamentalen Gegebenheiten überein. Hierzu reicht ein Blick auf den US-Arbeitsmarkt oder den US-Immobilienmarkt.
Wie geht es weiter?
Die interessante Frage ist natürlich, wie geht es nun weiter. Die Erholung und der starke Einbruch der letzten Wochen sind typisch für die Zeit nach einem Crash. Und so finden sich in den historischen Charts einige Parallelen:
Der Vergleich mit dem Crash 1929
Auch nach dem Crash im Jahr 1929 kam es zu einer beachtlichen Erholungsrally. Und auch diese endete mit einem scharfen Einbruch (siehe roten Pfeil). Anschließend konnten sich die Kurse nur noch teilweise erholen, liefen dann über mehrere Jahre hin seitwärts.
Hierbei fällt auf, dass die V-Erholung bereits sehr früh durch eine breite Konsolidierung unterbrochen wurde. Deutlich erkennt man somit, dass sich auch hier die Dynamik von der V-Erholung abkoppelt.
Der Crash 1974
Als nächstes weist der Crash des Jahres 1974 Ähnlichkeiten auf:
Auch hier kam es nach einer sehr dynamischen Erholung zu einem stärkeren Einbruch (roter Pfeil). Allerdings hatte damals der S&P500 zunächst geliefert. Er hat die Kursverluste bis zur ersten Konsolidierung vor der letzten Crashphase komplett wieder aufgeholt. Es war eine typische V-Erholung, deren bullisher Charakter erst durch den starken Einbruch (roter Pfeil) aufgelöst wurde.
Trotzdem war diese hohe Anfangsdynamik ein bullishes Zeichen. Und so verwundert es nicht, dass die Kurse zunächst noch weiter stiegen, bevor auch der S&P500 in eine mehrjährige Seitwärtsbewegung überging.
Außerhalb der Charttechnik sprechen zwei weitere Punkte für einen Vergleich mit den 70ern. Zunächst weisen die fundamentalen Bedingungen eine hohe Ähnlichkeit auf, zum anderen entstand dieser Crash in einer Seitwärtsbewegung, wie wir sie auch zurzeit im aktuellen S&P500 seit dem Jahr 1996 erleben. (siehe Steffens Daily vom Mittwoch)
Die schwache Erholung: Der Japan-Crash
Bricht die Aufwärtsdynamik bereits sehr früh in sich zusammen, wie hier im Nikkei nach dem 90er Crash, ist das ein klares Warnzeichen. Der starke Einbruch (roter Pfeil) war zudem insgesamt sogar stärker als die vorherige Aufwärtsbewegung. Beides sind klare Schwächesignale. Und so ist es kein Wunder, dass es anschließend zu neuen Tiefs kam. Hier fehlt es nach dem Crash einfach an Aufwärtsdynamik.
Fazit
Der aktuelle Anstieg im S&P500 nach dem Crash 2008/9 ist nicht ganz so dynamisch wie der des Jahres 1975. Der S&P500 hat nicht geliefert und die psychologisch wichtige 1.300er Marke nicht erreichen können. Aber die Dynamik ist auch bei weitem nicht so schwach wie im Nikkei nach dem 90er Crash. Der S&P500 hält sich irgendwo zwischen der Entwicklung nach 1929 und nach 1974 auf.
Daraus folgt: Die sehr bullishe V-Erholung ist aus dem Spiel. Aufgrund der schwächeren Entwicklung müssen wir davon ausgehen, dass auch dieses Mal der S&P500 mittelfristig in eine größere Seitwärtsbewegung übergeht, die vielleicht sogar bis 2012/14 anhält. Aufgrund der doch beachtlichen Dynamik und der fundamentalen, wie charttechnischen Vergleichbarkeit mit der Entwicklung nach 1974 spricht einiges dafür, dass der S&P500 doch noch einmal versuchen wird, die 1.300er Marke anzulaufen. In dieser Region wird es allerdings kritisch. Das passt zu der Vermutung, dass wir spätestens zum Jahresende noch einmal einen stärkeren Anstieg sehen.
Wird Europa die USA outperformen?
Sollte der S&P500 in eine solche Seitwärtsbewegung übergehen, könnte es übrigens gut sein, dass der DAX den S&P500 nachhaltig outperformend. Natürlich nur, wenn die EU nicht zusammenbricht, die EZB nicht zu sehr an der Zinsschraube dreht und der Euro nicht zu stark wird.
Vielleicht wird einigen Anlegern, wenn die Unruhe in Europa sich etwas gelegt hat, doch bewusst werden, dass eigentlich die USA das viel, viel größere Problem haben. Doch das ist eine andere Geschichte, die ausführlicher sicherlich ein anderes Mal erzählt werden sollte…
Steffens Daily --->stockstreet.de