Das wahre Ausmaß der griechischen Staatsverschuldung ist weitaus katastrophaler als bisher bekannt. Finanzwissenschaftler Raffelhüschen: Griechenlands Verschuldung neunmal höher als ausgewiesen.
Das wahre Ausmaß der griechischen Staatsverschuldung ist weitaus katastrophaler als bisher bekannt. Wie die Tageszeitung DIE WELT (Montagsausgabe) berichtet, ist die tatsächliche Schuldenlast neunmal größer als offiziell ausgewiesen. Das Blatt beruft sich auf Berechnungen, die der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen im Auftrag der Stiftung Marktwirtschaft erstellt hat.
Danach ist die implizite Verschuldung, die in den Sozialsystemen und im Beamtenapparat steckt, achtmal so groß wie die offizielle Staatsverschuldung. Insgesamt beträgt laut Raffelhüschen die Verschuldung des Mittelmeerstaates 808 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Die verdeckte Schuldenlast umfasst Leistungsansprüche, die in Zukunft finanziert werden müssen und für die der Staat, wäre er ein Unternehmen, Rücklagen eigentlich bilden müsste.
Grund für die extreme Überschuldung ist laut Raffelhüschen der völlig überdimensionierte Sozialstaat. „Die Griechen haben im Gegensatz zu uns in den vergangenen Jahren in Bezug auf ihre Wirtschaftsstrukturen keinerlei Hausaufgaben erledigt.“, sagt der Finanzwissenschaftler. Im Gegenteil. Das südosteuropäische Land habe seine Sozialleistungen und besonders seine Rentenausgaben extrem großzügig ausgeweitet.
„Eine Sanierung des Sozialsystems auf der Ausgabenseite ist alternativlos“, sagte der Ökonom. Allerdings könnte es dann zu heftigsten Verteilungskämpfen kommen. Denn es seien weit einschneidendere Maßnahmen nötig, als sie die Regierung mit ihrem Sparkurs angekündigt habe. „Und schon diese haben zu Toten auf den Straßen geführt“, sagte der Forscher.
Kurzfristig sollte die Regierung in Athen deutlicher als bisher Leistungen im Sozialsystem kürzen. Während Deutschland die Rente mit 67 beschlossen habe, gingen die Griechen mit 60 und in vielen Berufszweigen noch deutlich früher in Rente.