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G20 beschließen Krise 2.0

Top-Ökonomen sehen nach G20-Beschlüssen Gefahr neuer globaler Krise. Die Lobby der Finanzwirtschaft habe sich durchgesetzt, indem globale Regulierungsmaßnahmen verhindert und verzögert wurden.

 

 

Führende Ökonomen in Deutschland haben die G20-Beschlüsse zur Finanzmarktreform scharf kritisiert und vor dem Aufflammen einer neuen globalen Finanzkrise gewarnt. Die Lobby der Finanzwirtschaft habe sich durchgesetzt, indem globale Regulierungsmaßnahmen verhindert und verzögert wurden, sagte der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, am Montag Handelsblatt Online. „Damit ist der Keim für die nächste Krise gelegt.“ Hinzu komme, dass die Ziele für den Schuldenabbau „rein theoretischer Natur“ seien und nur realisiert werden könnten, wenn die Konjunktur gut laufe. „Man hat, befangen im Vor-Krisen Denken, sich damit wieder einmal Ziele gesetzt, deren Einhaltung nicht in der eigenen Macht liegt“, kritisierte der IMK-Chef. „Wenn nun auch, wie Präsident Obama es richtig formuliert, alle zugleich dem Ausgang aus der Konjunkturstimulanz zustreben, wird es zur Kollision kommen und die Weltwirtschaft wird einen konjunkturellen Rückfall erleiden.“



Enttäuscht reagierte auch der Präsident des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann. „Sehr kritisch sehe ich die weitere Verschleppung der konkreten Umsetzung von Maßnahmen, die zur Neustrukturierung des Finanzsektors beitragen sollten“, sagte Zimmermann Handelsblatt Online. „Bald zwei Jahre nach der Eskalation der Finanzkrise schwindet so der politische Druck, tatsächlich zu neuen global gültigen Regulierungen zu kommen.“ Dies betreffe einerseits die höheren Eigenkapitalquoten der Banken, andererseits aber auch die Zertifizierung neuer Finanzprodukte und Finanzstrategien sowie die Einbeziehung von Hedge-Fonds und Ratingagenturen. „Die Ratingagenturen spielen auch in der Euro-Krise eine dubiose Rolle und sollten abgeschafft werden“, sagte der DIW-Chef.



Harsche Kritik äußerte auch der renommierte Krisen-Ökonom Max Otte. "Die Beschlüsse des Gipfels gehen in die falsche Richtung", sagte der Wirtschaftsprofessor an der Fachhochschule Worms Handelsblatt Online. "Wichtig wäre eine nachhaltige Stabilisierung des Finanzsystems." So würden höhere Eigenkapitalquoten der Banken im Finanzsektor wieder eine funktionierende Marktwirtschaft herstellen und die Verantwortung dort belassen, wo sie hingehöre, bei den einzelnen Banken und Akteuren. Ähnliches gelte für die Transaktionssteuer, fügte Otte hinzu. "Durch die Sparanstrengungen bei den öffentlichen Haushalten vergesellschaften wir die Verluste der Banken, lassen diese aber weiter agieren wie bisher." Es sei zwar "sicherlich sinnvoll, die Haushaltsdefizite schrittweise abzubauen, aber wenn der Entwurf für nachhaltige marktwirtschaftliche Strukturen im Finanzsektor anstelle des derzeitigen 'Sozialismus für Banken und Bankmanger' nicht jetzt gelingt, wann dann?", sagt Otte.



Auf Lob stieß indessen bei DIW-Chef Zimmermann, dass keiner der G20-Gipfelteilnehmer die Finanztransaktionssteuer als überzeugendes Element der Krisensteuer angesehen habe. „Man sollte die Diskussion darüber nun wirklich beenden“, verlangte er. „Aber eine Bankenabgabe, deren Höhe man langfristig an die Krisenschuld knüpft, könnte eine natürliche Maßnahme sein, die überzeugt“, fügte Zimmermann hinzu. Die Abgabe müsse sich allerdings an einem Indikator für Krisenversagen orientieren, sonst gebe es Fehlanreize. Erleichtern sollte nach Ansicht des DIW-Chefs hingegen das klare Bekenntnis zur Haushaltssanierung, das einen Beitrag zur Währungsstabilität liefern werde. „Dies war dringend nötig und das kommt zur richtigen Zeit“, sagte Zimmermann. „Hier hat der Gipfel weit mehr geleistet, als zuvor zu erwarten war.“

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