EU erzwingt internationales Format für Überweisungen und Lastschriften per Gesetz. Banken verlangen mehr Zeit. Angeblich Kosteneinsparungen für Kunden. EU setzt Ultimatum. Hintergrund der "Hau-Ruck-Aktion" bisher unklar.
Die EU-Kommission setzt Europas Banken und ihren Millionen Kunden ein gesetzliches Ultimatum zum Umstieg auf das europäische Zahlungsverkehrssystem Sepa. Nach Informationen der Financial Times Deutschland soll die Sepa-Überweisung ein Jahr nach Verabschiedung einer neuen Verordnung verbindlich werden, die Sepa-Lastschrift zwei Jahre danach. Die Verordnung, die Binnenmarktkommissar Michel Barnier im Herbst vorlegen will, liegt der FTD (Freitagsausgabe) im Entwurf vor.
Wenn die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament zustimmen, käme das Ende der nationalen Verfahren schon 2012 oder 2013. Dann würden nicht mehr die alten Kontonummern und Bankleitzahlen gelten, sondern nur noch die internationalen Formate IBAN und BIC. Das EU-Projekt Sepa (Single European Payments Area) soll Geldtransfers billiger und europaweit so einfach machen wie national. Firmen und Privatkunden könnten ihren grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr zentral steuern. Sie müssten nicht mehr in jedem Land Konten vorhalten.
„Solange die alten Zahlungsinstrumente bestehen bleiben, zögern die Nutzer die Anstrengung eines Umstiegs hinaus“, begründet die Brüsseler Behörde den Schritt. Zwar bieten die meisten Banken freiwillig seit 2008 die Sepa-Überweisung und – mit Ausnahme der Sparkassen – seit 2009 auch die Sepa-Lastschrift parallel zum nationalen Verfahren an. Bisher laufen aber nur 7,5 Prozent aller Überweisungen über Sepa. Gehe es in diesem Tempo weiter, werde der einheitliche Zahlungsraum erst in 30 Jahren Realität, zitiert die FTD aus einer internen Folgenabschätzung der Kommission.
Das Beratungsunternehmen Capgemini schätzt laut FTD, dass der Umstieg auf Sepa den Kunden in nur sechs Jahren 175 Mrd. Euro Kosten sparen und den Banken 52 Mrd. Euro Umsatz kosten könne. Der Sepa-Standard könne den Wettbewerb zwischen Europas Banken ankurbeln und neue Zahlverfahren über Mobilfunk und Internet erleichtern.
In Deutschland unterstützen private und genossenschaftliche Banken den verordneten Umstieg. „Es macht keinen Sinn, die alten Systeme über Jahrzehnte weiter zu pflegen“, sagte Ingo Beyritz, Direktor Zahlungsverkehr beim Bundesverband deutscher Banken (BdB), der FTD. „Allerdings müssen auch die Kunden, die Unternehmen, auf das europäische Verfahren verpflichtet werden. Sie müssten dann IBAN und BIC ihrer Geschäftspartner liefern“, sagte Beyritz. „Wenn die Banken allein in Deutschland 14 Milliarden Zahlungen jährlich umrechnen müssen, wäre das nicht effizient.“
Die Sparkassen, die bisher an nationalen Verfahren festhalten wollten, haben ihren Widerstand gegen eine gesetzliche Umstiegsfrist auf Sepa aufgegeben. Ähnlich wie der BdB und der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) fordert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) laut FTD lediglich eine längere Übergangsfrist, um Kunden nicht zu überfordern. Der BVR hält drei bis vier Jahre für angemessen. Der deutsche Gesetzgeber müsse auch dafür sorgen, dass Bankkunden ihre Einzugsermächtigung etwa für ein Zeitungsabo oder eine Versicherung nicht extra für eine Sepa-Lastschrift erneuern müssen.