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Korruptions-Oasen

Recht und Gerechtigkeit haben nicht nur in Äquatornähe einen schweren Stand. Oasen des Unrechts finden sich auch in kälteren Zonen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD bezeichnet beispielsweise Österreich als eine solche „Korruptions-Oase“.

 

 

Es gibt Länder auf dieser Welt, in denen steht die Bekämpfung von Bestechung und Untreue nicht auf der Prioritätenliste. Das ist der perfekte Nährboden für Korruption und Klüngel. Kriminelle Strukturen in Politik und Wirtschaft sind die zwangsläufige Folge. Gemeinhin denkt man in diesem Zusammenhang an Bananenrepubliken in Mittelamerika. Doch Recht und Gerechtigkeit haben nicht nur in Äquatornähe einen schweren Stand. Oasen des Unrechts finden sich auch in kälteren Zonen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD bezeichnet beispielsweise Österreich als eine solche „Korruptions-Oase“. Das Land sei in der Bekämpfung von Bestechung und Untreue zu nachlässig, so Mark Pieth, OECD-Korruptions-experte. Österreich befinde sich in der Korruptionsbekämpfung im unteren Drittel aller Staaten.

Woraus besteht der Nährboden der alpinen Korruptions-Oase? In Österreich hängen Staatsanwälte direkt an der Kette der Politik. Polit-Kriminalität steht damit unter Polit-Schutz. Dies trifft in glei-cher Weise auf Deutschland zu. Auch bei uns kriechen die Anwälte des Staates nach Weisungen der Politik. Kein Wunder also, dass Ermittlungen zu Polit-Kriminalität stets im Sande verlaufen. Wie von Geisterhand gesteuert. Die Staatsanwälte gehorchen in diesen Fällen nur ihren Polit-An-weisern. Die Folgen dieses offenen Krebsgeschwürs unseres Rechtssystems sind zum Teil grotesk.

Am 19. September 2003 vermeldete Preussag/TUI-Chef-Lobbyist Zumpfort zur besten Sendezeit bei der ARD im „Bericht aus Berlin“ wörtlich, er bringe „dem Abgeordneten oder Beamten mit guten, opulenten Essen oder Veranstaltungen etwas Abwechslung in seinen sonstigen tristen Alltag. Aber die klassische Politik nämlich Geschenke machen, Geld in Umschlägen unter dem Tisch mit „WG“. Das ist vorbei.“ Was auf den ersten Blick beruhigend klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als klassisches Geständnis. Positiv war zwar zu vermerken, dass Herr Zumpfort Abgeordnete oder Beamte nicht mehr „klassisch“ bestach, wie in der Vergangenheit. Politiker-bestechung ist in Deutschland allerdings auch nur dann ein Straftatbestand, wenn der Bestochene dafür Leistungen erbringt. Das „WG“ auf den Umschlägen unter dem Tisch legt derartiges indes nahe. Beamtenbestechung ist hingegen stets eine strafbare Handlung. Es wäre daher gut zu wissen, welche Abgeordneten und Beamten Geld-Umschläge mit „WG“ erhielten und was sie dafür taten. Hintergrund: Die Preussag/TUI „bewegte über eine Clearingstelle zur Umverteilung von Schwarz-geldern in Genf im Jahr so ungefähr 20 Millionen Mark“. „Wieviel davon - zur Beatmung der Politik - nach Deutschland floss, ist offen“, wie die WELT bereits am 14. März 2002 berichtete. Nachdem ein Bürger daraufhin eine Strafanzeige stellte, bekam er folgenden Bescheid: „Das auf Ihre Strafanzeige vom 28. Juni 2004 gegen Dr. Wolf-Dietrich Zumpfort und Unbekannt wegen Bestechung und Untreue eingeleitete Ermittlungsverfahren (2 Wi Js 214/04) habe ich eingestellt  (§ 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung). Die Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen auf, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten vorliegen (§ 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung). Bloße Vermutungen rechtfertigen es nicht, jemandem eine Tat zur Last zu legen. Aus den von Ihnen zitierten Äußerungen lassen sich die für weitere Ermittlungen erfor-derlichen konkreten Verdachtsmomente nicht entnehmen, da weder ersichtlich ist, dass der Beschuldigte selbst an derartigen - eine Bestechungshandlung nahelegende - Geldübergaben beteiligt war, noch dass es sich um Vorgänge in nicht rechtsverjährter Zeit handelt. Konkrete Hinweise auf etwaige unbekannte Täter bzw. auf strafbares Verhalten von Verantwortlichen der TUI lassen sich Ihrer Anzeige ebenfalls nicht entnehmen. Für bloße Verdachtsermittlungen gibt die Strafprozessordnung jedoch keinen Raum. Hochachtungsvoll - Rebentisch - Staatsanwalt.“

In Frankreich wurden jüngst Vertraute der L‘Orèal-Erbin, die Geld-Umschläge am Tisch verteilt haben sollen, festgenommen. Dort will die Justiz tatsächlich wissen, wie und warum die Politik bestochen wurde. In Deutschland hingegen schaut sie offener Polit-Kriminalität untertänigst zu. Der Deutsche Richterbund sieht in der Weisungsgebundenheit ein Hindernis zur Aufklärung von „Regierungskriminalität“. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger prangerte am 7. August 2009 diesen schweren Missstand unseres Rechtssystems gar vor dem EU-Rat an. Mark Pieth von der OECD sollte sich auch die Korruptions-Oase Deutschland einmal etwas genauer ansehen.

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