Die mindestens 3600 Jahre alte Himmelsscheibe von Nebra, die im Jahr 1999 entdeckt wurde, gilt als archäologischer Sensationsfund. Wissenschaftler vermuten sogar, dass die Scheibe noch deutlich älter ist. Nun wurde eine Erklärung gefunden, warum die Scheibe in Vergessenheit geriet und von unseren Vorfahren vergraben wurde.
Die Himmelsscheibe von Nebra, weltweit älteste konkrete Himmelsdarstellung, erstellt vor 3600 Jahren im heutigen Sachsen
Die Himmelsscheibe von Nebra ist eine Bronzeplatte aus der Bronzezeit mit Applikationen aus Gold, die offenbar astronomische Phänomene und Symbole religiöser Themenkreise darstellt. Sie gilt als die weltweit älteste konkrete Himmelsdarstellung und als einer der wichtigsten archäologischen Funde aus dieser Epoche. Gefunden wurde sie am 4. Juli 1999 von Raubgräbern in einer Steinkammer auf dem Mittelberg nahe der Stadt Nebra in Sachsen-Anhalt. Seit 2002 gehört sie zum Bestand des Landesmuseums für Vorgeschichte Sachsen-Anhalt in Halle.
Als Insignium der Macht war sie mit der Abbildung von Sonne, Mond und Sternen für die Menschen der Bronzezeit letztlich wegen des auf Vulkanausbruchs auf Thera (heute Santorini, Griechenland) wertlos geworden, meinen Wissenschaftler. Das Symbol des alten Kultes wurde entweiht und zusammen mit zwei goldverzierten Schwertern, bronzezeitlichen Spiralringen und Bronzebeilen an einem damals heiligen Ort, auf dem Mittelberg bei Nebra (Burgenlandkreis), vergraben und damit den Göttern geopfert.
Das fanden Forscher der Universitäten Mainz und Halle heraus und erklären es so: Die auf der Mittelmeerinsel Thera hoch aufsteigende Vulkanasche verfinsterte bis nach Mitteleuropa den Himmel für 20 bis 25 Jahre. Während dieser Zeit wurde es auch ein bis zwei Grad kälter. Mit der Vergrabung der Scheibe wollte man die Götter gnädig stimmen und die alten Zustände wieder herbei sehnen.
Die Neue Osnabrücker Zeitung kommentiert die wissenschaftlichen Ergebnisse:
Raubgräber fanden sie, Forscher erkannten in ihr die älteste astronomische Abbildung der Menschheit: Die Entdeckung der Himmelsscheibe von Nebra vor zehn Jahren war spektakulär, eine Steigerung ihrer Faszinationskraft kaum vorstellbar.
Die aktuelle Forschung gibt dem Fund doch noch eine weitere, fast mythische Bedeutung. Nachdem die vorgeschichtlichen Astronomen auf der Scheibe ihre Kenntnisse fixiert hatten, so die These, hat die Natur sie unbrauchbar gemacht. Ein Vulkan äscherte die Sterne ein; alles Wissen war infrage gestellt. Die Folge: Eine Opferung der Kulturleistung sollte die Götter versöhnen.
Auf essenzielle Weise ist in dem frühen Kapitel der Wissenschaftsgeschichte einer ihrer Grundbewegungen vorgezeichnet: der Wunsch, die Natur zu beherrschen - und seine Enttäuschung in der Katastrophe. Die Scheibe zeugt von einer Erkenntnislust, die zu immer komplexeren Konzepten führt. Und die doch vor der grundsätzlichen Rätselhaftigkeit des Kosmos kapitulieren muss - oder in die Religion ausweicht. So wird der Fund von Nebra das Sinnbild für ein seit Jahrtausenden frustriertes Fragen. Der Kosmos ist immer besser, aber nie ganz zu begreifen. Wissen bleibt ein Modell: Die Welt, wie wir sie verstehen, ist eine Scheibe.
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