Top-Ökonomen sehen Fed auf dem Weg in die Inflationsfalle. Polleit: "Schwenken die USA auf eine Inflationspolitik ein, brechen die Dämme: Andere Währungsräume würden ebenfalls auf eine Inflationspolitik einschwenken".
Führende Ökonomen in Deutschland haben die Entscheidung der US-Notenbank, angesichts der schleppenden Konjunkturerholung weitere Stützungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen, scharf kritisiert. "Die Idee, dass mit dauerhaft niedrigen Zinsen und einem Ausweiten der Geldmenge die Krise, die durch zu niedrige Zinsen und zu viel Kredit und Geld verursacht wurde, aus der Welt geschaffen werden kann, ist ökonomisch nicht nachvollziehbar", sagte der Chefvolkswirt von Barclays Capital Deutschland, Thorsten Polleit, Handelsblatt Online.
"Vielmehr ist zu befürchten, dass die Fed-Politik Gefahr läuft, schlussendlich in eine ausgewachsene Inflationspolitik zu münden." Einer solchen Entwicklung werde sich wohl kein Währungsraum entziehen können. "Schwenken die USA auf eine Inflationspolitik ein, brechen die Dämme: Andere Währungsräume würden ebenfalls auf eine Inflationspolitik einschwenken", warnte Polleit. "Denn in allen Währungsräumen ist das Problem das gleiche: zu hohe Schulden und damit einhergehend der politische Anreiz, den Geldwert herabzusetzen."
Der renommierte Krisen-Ökonom Max Otte erklärte, die Wiederaufnahme des Quantitative Easing sei angesichts der extremen strukturellen Schwäche der US-Wirtschaft und der Fed-Philosophie des leichten Geldes nur eine Frage der Zeit gewesen. "Ein Double Dip ist in den USA sehr wahrscheinlich, da die Verwerfungen am Immobilienmarkt und anderen Sektoren noch lange nicht korrigiert sind und die massiven Stützungsmaßnahmen für die Konjunktur langsam auslaufen", begründete der Wirtschaftsprofessor an der Fachhochschule Worms im Gespräch mit Handelsblatt Online die Entscheidung der Notenbank.
Hinzu komme, dass die Wirtschaft im Ursprungsland der Finanzkrise sehr viel fragiler sei als die der Euro-Zone. "Amerika ist in dreifacher Hinsicht verschuldet: als Nation gegenüber Ausland, als Staat gegenüber Bürgern und Ausland und die Bürger selber sind auch hoch verschuldet", sagte Otte und fügte hinzu: "Unter diesen Umständen wird die Fed immer das Risiko einer Inflation dem eines Wirtschaftsabschwungs vorziehen."
Barclays-Chefökonom Pollleit sprach von einem "Akt der Verzweiflung" der Fed. Denn: "Kippt die US-Konjunktur, werden auch die europäische und insbesondere die deutsche folgen", ist sich Polleit sicher. "Angesichts der Schwächeanzeichen der US-Wirtschaft werden die Bremspuren im deutschen Konjunkturbild bald – vermutlich ab dem dritten Quartal dieses Jahres – sichtbar werden."
Deutschlands konjunkturelle Entwicklung sei zwar in der Tat äußerst erfreulich. Insbesondere die Produkt- und Prozessinnovationen der deutschen Unternehmen, einhergehend mit einer richtigen moderaten Lohnpolitik, zahlten sich nun aus. "Dennoch sollte nicht übersehen werden, dass es sich um eine Sonderkonjunktur handelt", sagte Polleit. "Erstens profitieren deutsche Unternehmen von Nachholinvestitionen in vielen Ländern, zweitens erzeugen die die extrem niedrigen EZB-Zinsen für einen künstlichen Ausgabe-Boom."