Die "Alpha-Tier" Affäre um sexuelle Belästigungen beim Westdeutschen Rundfunk weitet sich aus und betrifft möglicherweise die gesamte ARD. Unterdessen wurde bekannt, dass der Täter schon seit Jahrzehnten Frauen belästigt.
Er nannte sich "Alpha-Tier", ist ARD-Korrespondent und nutze seine Machposition gegenüber jungen Kolleginnen, Volontärinnen und Praktikantinnen brutal aus. Ein Schweigekartell innerhalb des WDR verhinderte die Aufklärung - trotz gegenteiliger Beteuerungen.
"Übergriffe und Machtmissbrauch dulde ich nicht": Der WDR-Intendant wehrt sich gegen Vorwürfe, der Sender reagiere bei sexueller Belästigung zu lax. Doch das genau das Gegenteil ist der Fall. Vorfälle und Übergriffe wurden konsequent vertuscht, Täter befördert - und das nicht erst seit einigen Jahren sondern seit Jahrzehnten, wie Zeugen berichten.
Der TV-Korrespondent des WDR, dem sexuelle Belästigung in mehreren Fällen vorgeworfen wird, soll schon vor Jahrzehnten auffällig geworden sein. Einem "Bild"-Bericht zufolge, soll der Journalist bereits 1991 seine Position jungen Kolleginnen gegenüber ausgenutzt haben. Bei einer Dienstreise musste eine Kollegin mit ihm gemeinsam im selben Zimmer übernachten. Seine Begründung: Es sei kein anderes Zimmer frei gewesen, außerdem müsse der Sender sparen.
Der Fall wurde, laut "Bild", als "Doppelzimmer-Affäre" im Funkhaus bekannt und kurz darauf meldeten sich zwei weitere junge WDR-Mitarbeiterinnen und berichteten über ähnliche Vorfälle. Damals soll der Korrespondent mit einem Eintrag in die Personalakte davongekommen sein. Aber auch dieser wurde womöglich nach ein paar Jahren auf Drängen des Beschuldigten wieder gelöscht. Außerdem wurde er ins ARD-Auslandsstudio "befördert".
Parallel werden weitere Vorwürfe öffentlich. Am Wochenende äußerte sich eine Mitarbeiterin in der Süddeutschen Zeitung, die der Journalist mit Gesprächen über Fesselspielchen und Pornofilmen belästigt haben soll. Auf einer Sportveranstaltung soll er ihr zudem deutlich gemacht haben, dass eine Frau für eine Karriere mehr als Fleiß und Disziplin mitbringen müsse. Später habe er sie zu sich auf das Hotelzimmer eingeladen.
Die Leitung des Westdeutschen Rundfunk und die involvierten Führungskräfte, darunter auch Chefredakteurin Sonja Mikich und Fernsehdirektor Jörg Schönenborn, steht nun in der Kritik, weggeschaut beziehungsweise nicht deutlich genug eingegriffen zu haben.