Die Aktienmärkte zeigen sich weiterhin von ihrer volatilen Seite. Nach den Verlusten der Vorwoche bildete sich am Freitag eine leichte Stabilisierungstendenz aus. Doch am gestrigen Montag hatten die Bullen bereits wieder Mühe, ihre zuvor erkämpften Bastionen zu verteidigen.
von Torsten Ewert
Ein Intermarket-Vergleich
Nach wie vor macht dabei die Verfassung der US-Märkte Sorgen. Besonders augenfällig wird die seit Monaten anhaltende Schwäche der amerikanischen Börsen im folgenden direkten Vergleich zu den wichtigsten europäischen Märkten:
Während der DAX nach beinahe jedem Einbruch sein im April markiertes Jahreshoch wieder erreichen konnte, gelang dies keinem der anderen Indizes. Beim Euro STOXX 50 ist dies aufgrund der Eskalation der Euro-Schuldenkrise verständlich.
Doch die auffällige Schwäche der US-Leitbörsen ist erstaunlich. Und zwar umso mehr, da die amerikanischen Märkte von Januar bis April die eindeutigen Outperformer im Vergleich zu Europa waren. Und nun zeigt sogar der notorisch schwache Euro-Leitindex seit Ende Mai eine ausgeprägte Stärke gegenüber seinen US-Pendants: So sehen wir im Euro STOXX 50 aufsteigende Tiefs und zuletzt ein Überschreiten der Mai- bzw. Juni-Hochs, während NASDAQ 100 und S&P 500 an diesen Vergleichsmarken bestenfalls stagnieren.
US-Börse am Entscheidungspunkt
Doch die US-Börsen stehen nun an einem wichtigen Entscheidungspunkt. Besonders klar wird das am S&P 500, im folgenden Chart anhand des Futures demonstriert:
Sie erkennen, dass der S&P 500 einen kurzfristigen Aufwärtstrend etabliert hat (blau), der bisher auf der Unterseite jedoch noch nicht bestätigt wurde. Diese Bestätigung steht nun an dem gelben Target bevor. Dreht der Kurs an diesem Punkt wieder nach oben, wäre das bullish.
Denn damit bliebe nicht nur der Aufwärtstrend intakt, sondern auch der Ausbruch aus dem roten Abwärtskanal würde untermauert! Danach stünde dann ein erneuter Angriff auf den Widerstand unterhalb von 1.130 Punkten (obere grüne Linie) auf dem Programm. Idealerweise spränge der Kurs dann auch gleich über diese Hürde und liefe weiter in Richtung 1.200-Punkte-Marke bzw. Jahreshoch.
Bei Fehlschlag: Test der Juli-Tiefs!
Sie sehen aber auch, was uns erwartet, wenn die Schlüsselstelle bei 1.063 Punkten nicht hält: Dann rückt sofort das rote Target ins Visier und damit das Tief vom Juli! Hier besteht dann erneut die Chance auf eine Bodenbildung, aber die charttechnische Lage trübt sich damit natürlich erheblich ein.
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man den Eindruck bekommen, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Umkehr nach oben aktuell leicht erhöht ist. Das Volumen verringert sich nämlich parallel zu den niedrigeren Kursen ebenfalls (schwarzer Balken unterer Chartteil).
Das ist nach klassischer Charttechnik das typische Verhalten in einer Korrektur und damit ein möglicher Hinweis auf eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung. Dazu passt sogar der gestrige Doji (kreuzartige Kerze), bei der das Volumen leicht erhöht war, als eventueller Umverteilungstag.
Entscheidung auch bei Konjunkturdaten?
Doch vermutlich hat diese Zurückhaltung andere Ursachen. Zum einen ist am Freitag dieser Woche kleiner Verfallstag. Damit ist der kräftige Rückschlag vom vergangenen Mittwoch möglicherweise auch auf Absicherungsmaßnahmen der institutionellen Anleger zurückzuführen, die nun nach und nach abflauen.
Zum anderen aber ist am heutigen Dienstag ein wichtiger Tag hinsichtlich der Konjunkturdaten (s.u.). Neben den ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland stehen in den USA die Erzeugerpreise, Zahlen über die Neubautätigkeit sowie die Entwicklung der Industrieproduktion und Kapazitätsauslastung auf dem Programm. Hiervon erwarten die Anleger natürlich wichtige Aufschlüsse über die Wirtschaftslage in Amerika. Schließlich spukt ja immer noch die Furcht vor dem Double-Dip in den Köpfen herum...
Target-Trend-Methode und fundamentale Entwicklung passen perfekt zusammen!
Und das ist meiner Meinung nach der entscheidende Punkt, warum wir derzeit eine scheinbare Beruhigung im jüngsten Abverkauf erleben: Die gespannte Erwartung vor der Bekanntgabe dieser Zahlen beruhigt die Kursausschläge zusehends. Niemand wagt, im Vorfeld größere Engagements einzugehen.
Und wenn Sie sich den obigen S&P-Chart nochmals genau ansehen, dann erkennen Sie, dass die Mitte des gelben Targets noch gar nicht erreicht wurde. Dies ist nämlich erst heute der Fall. Und damit passt die Target-Trend-Methode wieder einmal perfekt mit der fundamentalen Situation zusammen! Sie weist uns damit eindeutig darauf hin, dass heute voraussichtlich ein entscheidender Tag für den Börsenverlauf der nächsten Wochen sein wird:
Denn kommt es zu der möglichen Umkehr (heute bzw. in den folgenden Tagen bis zum Wochenende) können Sie wieder erste Neupositionen ins Depot aufnehmen bzw. eventuelle Absicherungsposition reduzieren. Im anderen Fall ist zunächst weiter Zurückhaltung angesagt, bis sich eine belastbare Bodenbildung zeigt.