Das Erscheinen von „Freiheit“ in den USA brachte Franzen als ersten Schriftsteller in zehn Jahren auf den Titel des Magazins „Time“. Kritiker vergleichen ihn mit Tolstoi , was für ihn unglaublich schmeichelhaft sei – „warum das leugnen?“, sagt Franzen.
Deutschland ist für Jonathan Franzen immer für einen Anfang gut. Der amerikanische Bestsellerautor, dessen Roman „Freiheit“ am Mittwoch in Deutschland erscheint, sagte der in Berlin erscheinenden Tageszeitung DIE WELT (Dienstagausgabe):
„Da ist etwas an Deutschland – vielleicht seine Distanz zu Amerika oder die Ernsthaftigkeit seiner Literatur oder mein Eintauchen in eine Sprache, die ich verstehe, aber in der ich nicht schreibe –, das Anfänge zu erleichtern scheint. Ich habe meinen ersten Roman in Berlin begonnen, habe frühe Kapitel meines zweiten Romans in Bayern geschrieben, und 2007 in Berlin versucht, mit der Niederschrift von ,Freiheit‘ anzufangen – ohne Erfolg. Da hatte ich natürlich schon viele Jahre an ,Freiheit‘ gearbeitet. Aber die eigentlichen ersten Seiten des ersten Kapitels kamen erst raus, als ich im Juni 2008 wieder nach Berlin gekommen bin.“
Der 51-Jährige, der mit seinem Roman „Die Korrekturen“ (2001) zu Weltruhm kam, fühlt sich keineswegs als „professioneller Romancier“. „Jeder nächste Roman ist mir wie der Schwerste vorgekommen. Das hat damit zu tun, dass ich denke, die Arbeit müsste leichter werden, weil ich geübter bin. Aber jedes Mal, wenn ich mit einem Roman anfange, habe ich das Gefühl, noch nie einen geschrieben zu haben – der ganze Prozess muss wiederentdeckt, neu erfunden werden, jedes Mal.“ Allerdings sei er „einigermaßen stolz auf mein Unvermögen, ein professioneller Romancier zu werden. Von einem Tag zum andern aber kann es qualvoll sein.“
„Freiheit“, sein vierter Roman, sei „viel autobiografischer als alles andere, was ich je geschrieben habe, und zwar genau deshalb, weil er kein Schlüsselroman ist“, sagt Franzen. Um Zugang zu seinem tiefsten autobiografischen Material zu bekommen, müsse der Schriftsteller „Figuren erfinden, die ausdrücklich nicht er selbst sind, und Geschichten, die ausdrücklich nicht direkt aus dem Leben gegriffen sind“.
Viele Sätze in seinem neuen Roman wolle er denn auch nicht auf seinen verstorbenen Schriftstellerfreund David Foster Wallace verstanden wissen, der im September 2008 Selbstmord begangen hatte. Aber, sagt Franzen: „Eines, worauf Dave und ich uns vor langer Zeit geeinigt haben, ist, dass die Literatur einen Ausweg bieten kann, wenn man sich allein fühlt in der Welt.“
Das Erscheinen von „Freiheit“ in den USA brachte Franzen als ersten Schriftsteller in zehn Jahren auf den Titel des Magazins „Time“. Kritiker vergleichen ihn mit Tolstoi , was für ihn unglaublich schmeichelhaft sei – „warum das leugnen?“, sagt Franzen: „Es macht auch keinen Sinn zu leugnen, dass die Lebendigkeit und Vollständigkeit von Tolstois besten Träumen – seine Fähigkeit, Hunderte von Seiten lang ununterbrochene Lesefreude zu schenken – mir mehr und mehr als Vorbild für das vorgekommen sind, was ein Roman sein muss, will er mit all dem digitalen Lärm, mit dem Leser heutzutage bombardiert werden, konkurrieren.“