Afghanistan-Kommandeur US-General David Petraeus spricht erstmals über gezielte Tötungen im Bereich der Bundeswehr. Lob für deutsche Generäle im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Er sei “beeindruckt“ von den Soldaten der Bundeswehr. “Sie haben das Konzept der Aufstandsbekämpfung verstanden.“
Berlin/Kabul. Der amerikanische General und Kommandeur der ISAF-Truppen
in Afghanistan, David Petraeus, hat sich in einem Interview mit
der BILD-Zeitung (Montagausgabe) erstmals zu den umstrittenen
“gezielten Tötungen“ im Norden Afghanistans durch US-Spezialkräfte
geäußert. Solche Operationen seien “absolut notwendig“, weil
man so “die Anführer des Widerstands aus dem Kampf nimmt“, so
Petraeus in seinem ersten Interview mit einer deutschen Zeitung
seit seiner Kommandoübernahme in Afghanistan. “Natürlich muss
man Aktionen gegen Terroristen durchführen, gezielt und auf der
Grundlage von Geheimdienstinformationen. Wir legen ein enormes
Tempo bei diesen Operationen an den Tag, weil man so die Anführer
tötet oder fängt“, so Petraeus gegenüber der BILD-Zeitung. “Das
sind die Leute, die schwerwiegende Anschläge gegen uns geplant
und durchgeführt haben. Wir versuchen, sie gefangen zu nehmen,
um Informationen aus ihnen heraus zu bekommen. Aber manchmal
lassen die Umstände das nicht zu.“ In solchen Fällen würde man
zum Mittel des “kinetischen Schlages“ greifen, ein militärischer
Fachbegriff für den gezielten Einsatz zum Beispiel von Raketen.
Er wolle, so Petraeus, “wie eine Schlange das Leben aus dieser
Widerstandsbewegung herausquetschen.“
Petraeus: Deutsche haben sich “die guten Teile“ ihrer militärischen
Tradition bewahrt.
Beunruhigt zeigte sich Petraeus über die zunehmende Bedrohung
durch Taliban im Norden Afghanistans, wo die Bundeswehr stationiert
ist.
“In den letzten beiden Jahren haben sich die Taliban nach Norden
ausgebreitet, besonders nach Kunduz und Baghlan“, so Petraeus.
Man gehe auch dort mit “gezielten Operationen“ vor. “Allein in
der letzten Woche haben wir drei Anführer der mittleren Ebene
getötet oder gefangen genommen“, so Petraeus gegenüber der BILD-Zeitung.
Trotz der Verschlechterung der Sicherheitslage lobte General
David Petraeus die deutschen Truppen in Afghanistan. Er sei “beeindruckt“
von den Soldaten der Bundeswehr. “Sie haben das Konzept der Aufstandsbekämpfung
verstanden.“ Petraeus sagte auch, die Deutschen würden das Handwerk
des Krieges beherrschen und verwies in diesem Zusammenhang auf
die Tradition deutscher Generäle im Ersten und Zweiten Weltkrieg.
Als Student habe er “Bücher über die deutschen Generäle gelesen.
Wir sind damit groß geworden“ Es gebe unter amerikanischen Offizieren
“große Bewunderer der deutschen Schlachtfeld-Helden aus dem Ersten
und Zweiten Weltkrieg. Ich glaube, dass die guten Teile dieser
Tradition bewahrt worden sind.“
Afghanistans Präsident Hamid Karzai, der sich immer wieder mit
Korruptionsvorwürfen konfrontiert sieht, bezeichnete Petraeus
gegenüber der BILD-Zeitung als “verlässlichen Alliierten“. Er
müsse eben manchmal “Dinge sagen, die sein nationales Publikum
zufrieden stellen.“
Karzai hatte die Taliban wiederholt als “Brüder“ und die ISAF-Truppen
als Eindringlinge bezeichnet. Man solle in solche Aussagen nicht
zu viel hineindeuten, so Petraeus, sie seien dienlich für die
“Aussöhnung mit einfachen Taliban-Kämpfern.“