Streit über Vorratsdaten: Bundesdatenschutzbeauftragter Schaar kritisiert BKA. "Es ist unangemessen und voreilig, wenn das BKA gute Alternativen von vorneherein ausschließt“. - Das BKA beklagt, dass es wegen der vom Bundesverfassungsgericht am 2. März 2010 gestoppten Vorratsdatenspeicherung zahlreiche Verbrechen nicht aufklären könne.
Im Streit über die Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten hat der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, das Bundeskriminalamt (BKA) scharf kritisiert. „Die Verfolgung schwerer Straftaten wird in einigen Fällen sicher erschwert, weil die sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung vom Verfassungsgericht gestoppt wurde. Es ist jedoch unangemessen und voreilig, wenn das BKA gute Alternativen von vorneherein ausschließt“, sagte Schaar der in Berlin erscheinenden Tageszeitung DIE WELT (Dienstagausgabe).
Schaar plädiert für einen Praxistest des sogenannten „Quick-Freeze“-Verfahrens, das mit einer Speicherung solcher Daten für wenige Tage verbunden werden sollte. Dabei hält er es für legitim, auch bei Flatrate-Anschlüssen Verbindungsdaten vorzuhalten. „Dieses Verfahren hat sich bei Urheber-Rechtsverstößen bewährt. Mich wundert, dass Strafverfolgungsbehörden so viel länger brauchen als die Film- und Musikbranche entsprechende Daten auszuwerten“, sagte Schaar.
Zugleich gab er dem BKA eine Mitschuld dafür, dass seit Monaten keine Neuregelung auf den Weg gebracht wird. „Wer wie etwa das BKA derartige Alternativen generell ausschließt und stattdessen auf Maximalforderungen beharrt, ist letztlich mitverantwortlich dafür, dass Straftaten nicht aufgeklärt werden“, sagte Schaar der Zeitung.
Schaar widerspricht mit seinem Vorschlag für eine kurze Speicherung der Position seines Dienstherrn Thomas de Maizière (CDU). Der Bundesinnenminister hält wie das BKA die Speicherung der Daten nur längerfristig für sinnvoll. Das BKA spricht sich in einem vertraulichen Bericht zur Vorratsdatenspeicherung, das der WELT vorliegt, gegen eine Speicherung von drei bis sieben Tagen aus, weil dies „nicht annähernd“ den Bedarf der Polizei decken würde.
„Selbst in einem noch so engen Zeitfenster von Ereigniszeitpunkt, polizeilicher Kenntnislegung, Prüfung und Auskunftsersuchen sind wenige Tage in der Regel nicht ausreichend“, heißt es in dem Papier. Außerdem beklagt das BKA, dass es wegen der vom Bundesverfassungsgericht am 2. März 2010 gestoppten Vorratsdatenspeicherung zahlreiche Verbrechen nicht aufklären könne. Darunter seien Morde an einem Polizisten und einem Mitglied der Mafia, angedrohte Sprengstoffanschläge, die Mitgliedschaft in Terrorgruppen und Kinderpornografie im Internet. Der Grund ist laut BKA jedes Mal der gleiche: Die Ermittler bekämen keinen Zugriff auf Telefon- und Internetverbindungsdaten der Täter.