Dass die US-Schulden immer noch mit der Bonitäts-Höchstnote AAA versehen werden, ist ein Stück aus dem Tollhaus. - Die wachsende Kluft zwischen den Verlautbarungen der wichtigsten Protagonisten eines im Zusammenbruch befindlichen Systems und der Wirklichkeit, ist ein untrügliches Zeichen für seinen bevorstehenden Untergang.
Eine Analyse des GEAB
Seit einigen Monaten ist weltweit ein Währungskrieg ausgebrochen. Genau dies haben wir vor knapp zwei Jahren vorhergesagt und in unserer Chronik der zu erwartenden Ereignisse in der Phase der Auflösung der Welt- und öffentlichen Ordnung in Erinnerung gerufen. Regierungen richten nunmehr ihre Politik ausschließlich nach nationalen Interessen aus. Da sind alle Versuche von IWF und G20 die währungs- und handelspolitischen Spannungen beizulegen, zum Scheitern verurteilt. In wenigen Wochen wird dies offensichtlich sein. Damit wird erneut ein Krümmungspunkt im Zerfall der Welt –und öffentlichen Ordnung erreicht.
Weiterhin wird Großbritannien in eine soziale und wirtschaftliche Krise stürzen, wie das Land sie bisher noch nie gesehen hat. In den nächsten zwei Wochen wird die britische Regierung ihre Sparpläne bekannt geben. Die Zeit der Finten und des Versteckspielens ist nun vorbei. In dieser Krise wird Großbritannien allein stehen. Denn die USA sind zu geschwächt, um dem Land helfen zu können. Und eine Teilhabe am europäischen Finanzrettungssystem hat Großbritannien abgelehnt.
Und in gerade einmal drei Wochen droht den USA weiteres Ungemach. Zum einen dürfte sich Washington nach den Novemberwahlen zum Kongress in einem politischen Patt wiederfinden. Zum anderen wird die US-Zentralbank in einem weiteren Versuch, die Wirtschaft anzukurbeln, erneut Liquidität in den Geldkreislauf pumpen, indem sie die Geldpresse anwirft. Den USA bleibt keine andere Wahl. Denn einen Konjunkturplan wird die Regierung Obama nicht mehr auflegen können. Zwar wird der Umfang der „quantitativen Lockerung“ nicht so groß sein wie von den Finanzmärkten erwartet. Denn auch die US-Fed hat heute keinen unbegrenzten Spielraum mehr. Wenn sie übertreibt, werden die Länder, die massive Dollareserven halten (China, Japan, Europa, erdölproduzierende Länder) ihr Engagement in US-Anleihen reduzieren. Dennoch wird ausreichend Geld aus dem Nichts kreiert werden, um den Dollar einen weiteren Wertverlust zu bescheren.
Dadurch werden sich die währungspolitischen Spannungen im internationalen Währungssystem noch verstärken. Entscheidend ist jedoch, dass die Fed mit ihrem eigentlichen Ziel scheitern wird. Denn die USA sind schon heute ein Land, das sparen muss, auch wenn dies bisher nur von den überschuldeten Privathaushalten praktiziert wird. Aber auch die US-Regierung wird spätestens 2011 erkennen müssen, dass sie die öffentlichen Ausgaben drastisch wird reduzieren müssen.
Für die Regierungen können wir die Entwicklungen der nächsten vier Jahre kurz umreißen: Letzte verzweifelte Versuche der USA, die „Welt vor der Krise“ wiederzubeleben (Konjunkturpläne, defizitärer Staatshaushalt, Gelddrucken), die aber unweigerlich scheitern. Letzte Versuche der westlichen Staaten, die Krise mit den Methoden des „Washingtoner Konsens“ zu bekämpfen (Beschränkung der öffentlichen Defizite durch Sparmaßnahmen im Sozialbereich, keine Steuererhöhungen für die großen Einkommen und Vermögen, Privatisierung der öffentlichen Dienste). Dadurch werden Protestbewegungen und soziale Unruhen zunehmen. Die BRIC werden ihre Absatzbewegung aus den westlich dominierten Finanzmärkten (insbs. Wall Street und Londoner City) forcieren. Dadurch werden die Wechselkurse noch volatiler. Nicht nur werden sich die Staaten in Abwertungswettläufen erschöpfen. Sie werden auch Handelskriege anzetteln.
Ab 2012 werden Regierungen an die Macht kommen, die alles daran setzen werden, auf neuen Wegen aus der Krise zu kommen und ihre sozialen, wirtschaftlichen und politischen Folgen zu neutralisieren. Der Washingtoner Konsens wird dann auf dem Friedhof der Geschichte landen. Zum einen, weil es keinen Konsens mehr gibt, zum anderen, weil Washington seine Macht eingebüßt haben wird.
Dass die US-Schulden immer noch mit der Bonitäts-Höchstnote AAA versehen werden, ist ein Stück aus dem Tollhaus. Das passt wunderbar zu der neuesten Erklärung der zuständigen US-Wirtschaftsbehörde, dass die Rezession überwunden wäre. Die wachsende Kluft zwischen den Verlautbarungen der wichtigsten Protagonisten eines im Zusammenbruch befindlichen Systems und der Wirklichkeit, wie sie von der großen Mehrheit der Menschen täglich wahrgenommen wird, ist ein untrügliches Zeichen für seinen bevorstehenden Untergang . Das haben auch die Finanzmärkte erkannt. Denn inzwischen kostet eine Versicherung der US-Schulden genauso viel wie die für portugiesische oder irische Schulden. Um 28% sind die Prämien im letzten Quartal gestiegen. Damit gehören die USA heute zu den drei Ländern, bei denen die Finanzmärkte am ehesten mit sehr unangenehmen Überraschungen rechnen.