Verurteilter Börsenspekulant Kerviel erhebt schwere Vorwürfe gegen seine frühere Bank. Er habe dem Gericht viele Beweise geliefert, „dass viele Händler ähnlich vorgingen wie ich und dass meine Chefs wussten, was da lief“.
Der Börsenspekulant Jérôme Kerviel hat massive Vorwürfen gegen die französische
Großbank Société Générale und die französische Justiz erhoben. „Man wollte offenbar
die Bank und den Pariser Finanzplatz schützen“, sagte er dem Hamburger Nachrichten-
Magazin DER SPIEGEL im ersten Interview nach seiner Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe
von fünf Jahren und einer Schadensersatzzahlung von 4,9 Milliarden Euro. Diese
Summe entsprach dem Schaden, den Kerviel mit seinen Wetten auf die Entwicklung
des Deutschen Aktienindex verursacht hatte. Der Börsenhändler sieht eine Mitschuld
bei der Bank und hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Er habe dem Gericht viele
Beweise geliefert, „dass viele Händler ähnlich vorgingen wie ich und dass meine Chefs
wussten, was da lief“. Seine Vorgesetzten hätten die Sicherheitssysteme an seinem
Computer deaktiviert. Er habe innerhalb von zwei Jahren Wertpapiere in Höhe von 400
Milliarden Euro mit fiktiven Gegenparteien gehandelt. Die Kontrolleure der Bank hätten
all das gesehen, aber nie etwas gesagt, so Kerviel zum SPIEGEL. Ausführlich schildert
der Ex-Aktienhändler zwei Interventionen der deutschen Derivatebörse Eurex bei der
Société Générale im Jahr 2007, die in Bezug auf Kerviel den Verdacht der Marktmanipulation
äußerten. „Später sagte mir mein Chef, dass ich mir eine nichtssagende Antwort
auf die Fragen der Deutschen ausdenken und auf keinen Fall meine Handelsstrategie
offenlegen solle“, beschreibt Kerviel die Reaktion.