Top-Ökonomen warnen vor dauerhaftem Euro-Schutzschirm zu Lasten der Steuerzahler. „Die schwierige wirtschaftliche Lage in einigen Mitgliedsländern der Europäischen Währungsunion ist kein Argument für einen Transfermechanismus“
Ähnlich äußerte sich der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen. „Die vollständige Abwälzung der Investorenrisiken auf die Steuerzahler der solideren Länder ist mit den Grundsätzen der Marktwirtschaft nicht vereinbar - und für Länder wie Deutschland potenziell extrem kostspielig“, sagte Carstensen Handelsblatt Online. Zentral sei daher vielmehr, „dass die privaten Gläubiger im Falle einer Zahlungskrise durch einen begrenzten Abschlag auf ihre Forderungen an der Krisenbewältigung beteiligt werden müssen“. Carstensen sieht dringenden Handlungsbedarf für neue EU-Regeln, das sich das Verbot eines Bail-Out (finanziellen Beistands) als unglaubwürdig und politisch nicht durchsetzbar erwiesen habe. „Wofür wir uns daher einsetzen sollten, ist ein Krisenmechanismus, der die Lasten zunächst dem Schuldnerland und seinen Gläubigern zuweist und erst danach die Staatengemeinschaft in Anspruch nimmt.“ Das gegenwärtige Verfahren müsse eine Übergangsregelung bleiben, „denn es gleicht einer Vollkaskoversicherung“.
Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, äußerte ebenfalls deutliche Zweifel an einem dauerhaften Transfermechanismus. „Der Weg in die Transferunion wird die Währungsunion zunächst stabilisieren. Aber langfristig trägt sie insofern den Keim eines Scheiterns in sich, als die Wähler in den Geberländern auf Dauer keine Transferunion wollen“, sagte Krämer Handelsblatt Online. „Und die Wähler in Griechenland oder Irland wollen sich ihre Wirtschaftspolitik nicht dauerhaft von Brüssel diktieren lassen.“
Der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, macht die Bundesregierung dafür verantwortlich, dass sich der Euroraum auf eine Transferunion zusteuere. „Der Grund hierfür ist nicht, dass diese allseits gewünscht wird, sondern das Ergebnis der Weigerung des Überschusslandes Deutschland symmetrische Regeln gegen außenwirtschaftliche Ungleichgewichte zu akzeptieren, nach denen sowohl Defizitländer als auch Überschussländer für die Überwindung der Ungleichgewichte verantwortlich sind“, sagte Horn Handelsblatt Online. „Aufgrund der Weigerung der Bundesregierung wird es aber weiterhin Ungleichgewichte geben, und damit entsteht immer wieder Transferbedarf von Überschussländern zu Defizitländern.“ Es sei daher „nur eine Frage der Zeit und des Ausmaßes des immer wiederkehrenden Chaos in den entsprechenden Verhandlungen bis dieser Bedarf automatisiert wird“.