Die Geldgötter in Frankfurt haben wahrscheinlich ziemlich gut in die Lehrbücher geschaut. Dort steht: Steigen die Preise, muss man die Zinsen erhöhen. Hintergrund: den Leuten geht's einfach zu gut, sie haben zu viel Geld in der Tasche, fragen zu viele Waren nach. Folge: die Preise steigen.
Dass die Ursache der Preissteigerung dieses Mal andere Gründe hat, dürfte jedem einleuchten. Wie will die EZB mit höheren Zinsen die Ölpreise runter zwingen? Das wissen die Währungshüter wahrscheinlich auch nicht.
In der Zwischenzeit verschärft sich die Situation für Wirtschaft und Konsument. Beide ächzten unter den hohen Energiepreisen. Menschen haben immer weniger Geld übrig, um das Nötigste zu kaufen.
Unternehmen dagegen stehen vor immer größeren Schwierigkeiten, Produkte herzustellen, welche für Konsumenten erschwinglich bleiben. Hohe Energiekosten zwingen zur Preiserhöhung oder gar zur Aufgabe.
Es dürfte auch den Akademikern im Frankfurter EZB Turm einleuchten, dass man hohe Ölpreise nicht mit hohen Zinsen bekämpfen kann. Doch das Geldgremium zeigt sich starr.
Folge: Zu den hohen Energiepreisen gesellen sich jetzt noch höhere Finanzierungskosten. Höhere Finanzierungskosten allerdings führen ebenfalls zu Preissteigerungen. Ein Eigentor für die EZB!
Jeder, der einen Kredit hat, jedes Unternehmen, welches eine Werkbank auf Kredit kauft, muss in Zukunft also mehr Geld für Zinsen aufbringen. Am Ende bleibt dem Verbraucher also noch weniger Geld in der Tasche. Und noch mehr Unternehmen müssen Investitionen streichen, Arbeiter entlassen.
Betroffen: Alle Branchen. Allein die Airline - Industrie ist in den Not-Sinkflug übergegangen. Viele Fluggesellschaften legen Flieger still, kürzen Personal. Die Airlines sind besonders betroffen, weil die Flieger oft kreditfinanziert sind und Treibstoff ein Hauptkostenfaktor darstellen.
Doch auch Kleinbetriebe leiden. Taxiunternehmen specken ab. 8000 Taxifahrer verlieren wohl demnächst ihren Job. Auch hier: Autos oft kredtifinanziert - und hoher Spritpreis als Ursache.
Selbst den wenigen Fischern droht das Aus. Sie können sich den Treibstoff für die Kutter nicht mehr leisten. Busunternehmen sind in großen Schwierigkeiten. Im Speditionsgewerbe stehen 30000 Arbeitsplätze auf dem Spiel.
Allein die hohen Energiepreise bedrohen in der deutschen Wirtschaft laut einer Umfrage bis zu 140.000 Arbeitsplätze. Hinzu kommt noch die fragile Situation in der Bankenlandschaft. Die Kreditkrise ist längst nicht ausgestanden. Auch hier wirken höhere Zinsen potentiell tödlich. Auch hier stehen zehntausende Arbeitsplätze auf dem Spiel.
Eine Zinserhöhung in diesem schrumpfenden wirtschaftlichen Umfeld ist also nicht nur kontraproduktiv, sie kann sogar tödlich sein. Man kann die Wirtschaft natürlich durch hohe Zinsen ganz abwürgen - dann fallen wahrscheinlich auch die Energiepreise, weil weniger Öl gebraucht wird. Fallen die Energiepreise, dann fällt auch die Inflation.
Das Ziel wäre dann erreicht, aber der Patient ist tot.