Die Entscheidung, die WM 2022 in Katar auszutragen, gilt weltweit als Skandal. Sind Korruption und Fifa-Sumpf für die bizarren Austragungsorte verantwortlich? -Fifa Herrscher Blatter gegen den Rest der Fußballwelt.
Von Michael Mross
Fußball-WM bei 50 Grad in überdachten, klimatisierten Stadien irgendwo in der letzten Ecke der arabischen Halbinsel? Kein Bier, kein Alkohol - ein Schock für die europäischen Fußballfans. Doch während man sich an den Entzug noch gewöhnen kann, wiegt ein anderes Argument viel schwerer: Kaum jemand wird es sich leisten können, die teuren Luxusherbergen in dem Wüstenemirat zu bezahlen.
Ganz abgesehen davon gibt es in dem Wüstennest Doha (Hauptstadt von Katar) keine touristische- oder Hotelinfrastruktur, welche Zigtausende von Fußballfans überhaupt beherbergen kann. Und Ausweichquartiere gibt es auch nicht: Die nächste Stadt liegt einige Hundert Kilometer Wüstenfahrt entfernt in Saudi Arabien: Die Hauptstadt Riyad - auch nicht schlecht und sicher sehr exotisch. Alternativ kann man auch per Flugzeug aus Dubai oder dem Königreich Bahrain hin- und herreisen.
Zum Unterbringungs-Desaster gesellt sich noch ein Logistik-Problem: Katar kann man praktisch nur aus der Luft erreichen. Aber leider liegt das Emirat fernab von allen Billigrouten und wird auch von vielen großen Airlines höchstens 1-2 mal in der Woche angesteuert. Wie also sollen die Fan-Massen dorthin transportiert werden?
Selbst wenn man es geschafft haben sollte, das Wüstennest zu erreichen: welcher Fußballfan hällt schon 50 Grad Hitze aus? Ein Klima, das ihm auf jeden Fall außerhalb der angeblich klimatisierten Stadien ins Gesicht und in die Gesundheit schlägt.
Stellt sich die Frage, wie die Fifa überhaupt eine solche Entscheidung treffen konnte, die den Interessen ihrer Untertanen diametral entgegengesetzt ist. Wieviel Millionen Bakschisch sind für diese Entscheidung wohl geflossen?
Die FTD bringt es auf den Punkt: Die Fifa macht den Fußball kaputt
Für Überraschungen sind die alten Herren beim Weltfußballverband also doch noch gut. Man hatte sich an Vetternwirtschaft, Bestechungen und Größenwahn fast schon gewöhnt - aber eine WM ins Mini-Scheichtum Katar zu vergeben, das hätte man selbst den Gerontokraten um Joseph Blatter nicht zugetraut.
Von den Männern, die die Turniere von 2018 und 2022 nach Russland und Katar vergeben haben, sind nicht wenige als korrupt bekannt. Sie hätten, handelte es sich bei der Fifa um eine Organisation mit Spurenelementen von Rechtsempfinden, an dieser milliardenschweren Entscheidung gar nicht teilnehmen dürfen. Dass sie nun zwei Bewerber ausgewählt haben, die über viel Geld, aber über wenig demokratische Reputation verfügen, passt ins Bild.
Neue Zürcher Zeitung: "Die Fifa verfolgt damit in erster Linie die Politik, neue Fußballmärkte zu erschließen. Die Wahl Katars ist überraschend, ihr haftet etwas Irrationales an. Offensichtlich wurden Katars Willen und Einfluss unterschätzt. Denn der Golfstaat ist zwar kein Fußballland, verfolgt aber schon seit Jahren das Projekt, eine WM auszutragen. Das Bewerbungsdossier mit futuristischen und klimatisierten Stadien für drei Milliarden Dollar wirft Fragen auf."