Eine Analyse der GEAB
Die Medienhysterie über die Staatsschulden der Randstaaten der Eurozone und das sich daraus angeblich zwingend ergebende Auseinanderbrechen der Eurozone hat die Bedingungen für eine entsprechende Panik der Investoren geschaffen, die auf dieser Seite des Atlantiks dann die Staatsanleihenblase platzen lassen wird. Einen kleinen Vorgeschmack von dem, was uns bevorsteht, konnte man im November 2010 schon auf dem Markt für amerikanische «Munis» bekommen, als ein Mini-Krach im Verlauf von nur wenigen Tagen die gesamten Gewinne eines ganzen Jahres vernichtete. Dieser extreme Kurseinbruch, den wir übrigens schon in der 46. Ausgabe des GEAB vom Juni vorhergesagt hatten und dem auch der Anleihenversicherer Ambac zum Opfer fiel, blieb der allgemeinen Öffentlichkeit fast vollständig verborgen.
- Der ausbleibende Aufschwung in den USA, der die Kommunen, Kreise, Bundesstaaten und auch die Bundesebene, die sich alle in den letzten Jahren an großzügig fließende Steuereinnahmen und großzügige Finanzierungsmöglichkeiten gewöhnt hatten, in die Zahlungsunfähigkeit treibt.
- Der mit hoher Geschwindigkeit nachhaltig schwindende Einfluss der USA in der internationalen Geldpolitik, an den globalen Finanzmärkten und in den internationalen Beziehungen, womit sich auch ihre Fähigkeit, ausländisches Kapital in die USA zu locken, verringert.
- Das weltweit rückläufige Angebot an billigen Krediten, wodurch sich die Verschuldungskrise der Eurozonen-Randländer wie Griechenland, Irland, Portugal und Spanien (sowie Großbritannien) massiv verschärft. Allmählich stellt die Situation auch die entscheidenden Länder wie die USA, Deutschland und Japan, die alle 2011 große Anteile ihrer Schulden refinanzieren müssen, vor große Probleme, ihre Defizite zu finanzieren.
- Die Wandlung der Eurozone in das quasi-staatliche Euroland, dessen Umgang mit Staatschulden immer stärker das Maß aller Dinge für die Finanzierung öffentlicher Schulden in Europa wird.
Das Schuldenpulverfass Europas: Nun werden auch die Investoren zur Kasse gebeten
Mühsam ist diese Wandlung auch, weil die notwendigen Veränderungen an der politischen Struktur der EU immens sind und den handelnden Personen dafür jegliches demokratisch legitimiertes Mandat fehlt. Das treibt die Regierungen der europäischen Mitgliedstaaten in das Dilemma, auf der einen Seite mit Nachdruck zu leugnen, was sie auf der anderen Seite machen, nämlich die Eurozone in eine quasi-staatliche Struktur umzuwandeln, die weitreichende wirtschaftliche, soziale und steuerrechtliche Zuständigkeiten erhalten wird. Sie können sich offensichtlich nicht vorstellen, dass die Mehrheit der Wähler und insbes. die wichtigen Akteure in Wirtschaft und an den Finanzmärkten grundsätzlich mit dieser Politik einverstanden sind und lediglich erwarten, dass die anstehenden Entscheidungen transparent und nachvollziehbar getroffen werden. Denn eigentlich ist die wesentliche Entwicklung schon vorgezeichnet. Wir werden sie eingehend in dieser Ausgabe des GEAB darstellen.
Problematisch für die Regierungen der Eurozonen-Länder ist auch, dass viele der Entscheidungen der europäischen Regierungen von den großen Wirtschafts- und Finanzmedien kommentiert und kritisiert werden, von denen keines in der Eurozone angesiedelt ist, sondern in der Dollar- und Pfundzone, in der jede Stärkung des Euro als Katastrophe empfunden wird. Sie haben also gesteigertes Interesse daran, die zwingende Wandlung der Eurozone zu Euroland soweit wie möglich zu behindern und hinauszuzögern.
Dennoch verlieren die Querschüsse an Wirkung. In der « Griechenlandkrise » ging der Wechselkurs des Euro im Vergleich zum Dollar noch stärker zurück als in der Fortsetzung der Eurokrise « Irland ». Ab Frühjahr 2011 wird eine negative Berichterstattung nur noch zu vernachlässigbaren Ausschlägen führen. Bleibt als entscheidender Faktor für eine weitere gedeihliche Entwicklung von Euroland neben der Qualität des politischen Personals in Europa (insoweit muss man auf die Wahlen hoffen, die ab 2012 in den wichtigsten Eurozonen-Mitgliedstaaten anstehen) die Frage nach einer ausreichenden demokratischen Legitimation für den weitreichenden strukturellen Umbau der Europäischen Union. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass bis 2012/2013 aus demokratischer Sicht das Pferd von hinten aufgezäumt wird: Erst werden die notwendigen Maßnahmen getroffen, um die Krise zu meistern, und wird dann in einem zweiten Schritt die demokratische Legitimation dafür geschaffen.
Wir gehen also davon aus, dass die Lösung der Schuldenkrise darin liegen wird, den Anlegern aufzuerlegen, ihre Staatsanleihen in Euro-Anleihen umzutauschen, deren Zinsen und Rückzahlung von allen Euroländern garantiert werden. Die Zinsen für „Euro-Bonds“ werden deutlich niedriger sein, und der Umtausch würde nur mit einem Abschlag von 30 bis 50% erfolgen. Denn bis dahin wird die Lage auf den nationalen Anleihenmärkten noch prekärer geworden sein. Die bis 2013 neu gewählten europäischen Regierungen hätten auch eine ausreichende demokratische Legitimation für einen solchen Zwangsumtausch, dessen erste Opfer die großen, auch europäischen Banken sein würden. Es ist sehr gut möglich, dass einigen staatlichen, privilegierten Gläubigern wie China, Russland und den Erdöl exportierenden Ländern ein Tausch zu besseren Bedingungen angeboten wird. Für sie wird die ganze Aktion damit insgesamt sehr positiv zu Buche schlagen. Denn mit einem Schlag würden ihre unsicheren Anlagen in sichere umgewandelt.