Verlustvorträge der Firmen doppelt so hoch wie bekannt: sie betragen nach der amtlichen Statistik mehr als 1,1 Billionen Euro. Damit drohen der öffentlichen Hand im Zuge der anstehenden Neuregelung der Verlustverrechnung Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe.
Die Unternehmen in Deutschland haben noch deutlich höhere steuerliche Verluste aus der Vergangenheit als bislang bekannt. Die sogenannten Verlustvorträge belaufen sich nach der amtlichen Statistik auf mehr als 1100 Mrd. Euro. Das ergibt sich aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Bundestagsabgeordneten Barbara Höll (Linke). Das Schreiben liegt der Financial Times Deutschland (Mittwochsausgabe) vor.
Damit drohen der öffentlichen Hand im Zuge der anstehenden Neuregelung der Verlustverrechnung Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe. Durch ein erwartetes Urteil des Bundesverfassungsgerichts könnte der Gesetzgeber schon bald gezwungen sein, das Recht zugunsten der Unternehmen zu ändern. „Das muss man sehr behutsam machen, sonst brechen die Einnahmen weg“, sagte der Ökonom Frank Hechtner von der Freien Universität Berlin. Nach seinen Berechnungen müssten Firmen sechs Jahre keine Körperschaftsteuer zahlen, wenn die Verrechnung früherer Verluste mit aktuellen Gewinnen völlig freigegeben würde.
Unternehmen, die Körperschaftsteuer zahlen müssen, schieben den neuen Zahlen zufolge 506 Mrd. Euro an Altverlusten vor sich her, bei der Einkommensteuer waren es 61 Mrd. Euro und bei der Gewerbesteuer sogar 569 Mrd. Euro. Bisherige Schätzungen beliefen sich auf insgesamt 500 Mrd. Euro. Durch die langen Zeiträume für Betriebsprüfungen stammen jedoch selbst die aktuellsten amtlichen Zahlen vom Jahresende 2004. Alfons Kühn, Steuerchef beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, sagte: „Durch die Finanz- und Wirtschaftskrise werden die aktuellen Verlustvorträge wahrscheinlich noch höher liegen als die jüngsten Zahlen aus der amtlichen Statistik 2004.“