EU-Kommission rechnet mit Verschärfung der Schuldenkrise in der Euro-Zone. Internes Papier: „Neue, zudem verschärfte Spannungen scheinen in den ersten Monaten des Jahres 2011 unausweichlich“. Alle bisherigen Anstrengungen hätten nicht vermocht, die Befürchtungen der Anleger zu zerstreuen. Weitreichende Reform des Rettungsschirms geplant.
Die EU-Kommission rechnet mit einer Verschärfung der Schuldenkrise in der Euro-Zone. „Neue, zudem verschärfte Spannungen scheinen in den ersten Monaten des Jahres 2011 unausweichlich“, heißt es in einem internen Papier der Brüsseler Behörde, welches dem SPIEGEL vorliegt. Alle bisherigen Anstrengungen hätten nicht vermocht, die Befürchtungen der Anleger zu zerstreuen. Um die Lage unter Kontrolle zu bringen, schlagen die Experten von Währungskommissar Olli Rehn eine „Gesamtstrategie“ zur Bewältigung der Krise vor.
Den Kern des Konzepts bildet ein umfangreicher Umbau des bisherigen Rettungsmechanismus, der Europäischen Finanzstabilisierungsfaziliät (EFSF). Sie soll neue Aufgaben bekommen, bei Bedarf auch frisches Geld. „Die effektive Finanzausstattung der EFSF wird auf mindestens 440 Milliarden Euro erhöht“, heißt es in dem Papier. So viel stellen die Euro-Staaten zwar schon jetzt zur Verfügung, allerdings sind die Mittel nicht komplett mobilisierbar, weil die EFSF große Sicherheiten vorhalten muss, um die Bestnote der Rating-Agenturen zu bekommen.
Deshalb kann sie nur etwa 250 Milliarden Euro an bedürftige Staaten ausleihen. Die EU-Kommission will den Sicherheitspuffer überflüssig machen. Dazu sollen solvente Mitgliedstaaten weitere Garantien und neue Milliarden bereitstellen, um die Kapitalbasis des Rettungsschirms zu erhöhen. Dessen Kreditrahmen soll zudem maximal flexibel sein. „Die Mitgliedstaaten stehen bereit, die Größe der EFSF zu überdenken, wann immer dies notwendig ist“, heißt es in dem Papier.
Darüber hinaus soll die Luxemburger Institution ermächtigt werden, Anleihen von Ländern in Finanznot aufzukaufen, um die Europäische Zentralbank zu entlasten. Dabei erwirbt die EFSF Papiere von Investoren oder direkt von dem betroffenen Staat. Das Vorgehen stützt die Kurse der Anleihen. Zudem soll der Rettungsschirm Geld für Rückkauf-Aktionen bereitstellen.
Dabei gibt die EFSF einem Land in Zahlungsschwierigkeiten einen Kredit. Mit dem Geld nimmt die Regierung des Landes eigene Anleihen mit hoher Verzinsung und ungünstiger Laufzeit vom Markt. Die Zinsen für Kredite der EFSF liegen unter den Marktzinsen und sollen nach den Vorstellungen der EU-Kommission noch weiter gesenkt werden. Zusätzlich sollen die Rettungsmittel künftig auch dafür eingesetzt werden dürfen, Banken in Schieflage zu helfen. DER SPIEGEL 3/2011