Die Unruhen in Nordafrika waren erst der Anfang. Es rumort auf der ganzen Welt. Grund: explodierende Lebensmittelpreise. Betroffen: Die Armen der Ärmsten. Nächster Kandidat: Asien.
Markt in Sri Lanka - Preise verdoppelt
von Michael Mross
Nachmittagskaffee in einem Hotel im Süden Sri Lankas. Wunderschöner Tag, die Rechnung bitte! 550 Rupien steht auf dem Papier und ich staune nicht schlecht: das sind 200 Rupien oder rund 40% mehr als letztes Jahr. Ein Einzelfall in einer etwas überkandidelten Luxusherberge? (145Rupien=1Euro)
Draußen steht das „Taxi“ vor der Tür. Ein „Tuc Tuc“, das typische zweizylindrige Fortbewegungsmittel auf drei Rädern in Asien. Der Fahrer knattert mich nach Hause. Gute Gelegenheit eine Inflations-Recherche zu betreiben. Wie es denn mit steigenden Preisen aussehe, will ich wissen.
Daraufhin verwandelt sich der weiland sanfte Fahrer in eine tobende Furie: Es sei kompletter Wahnsinn, was hier passiere. Er wisse bald nicht mehr, wie er seine Familie ernähren solle. Manche Preise hätten sich verdoppelt, das Leben werde immer teurer und bald müssten sie alle verhungern, wenn das so weiter ginge. – Der Mann war kaum noch zu beruhigen!
Der Tuc Tuc-Driver nannte bei der Gelegenheit auch gleich den Schuldigen: Es seien die Politiker. Sie würden sich die Taschen voll machen, dem Mann auf der Straße bliebe nichts mehr übrig. Grollende Zornfalten rollten über das Gesicht. Die Sache scheint ernst zu sein.
In meinem Guesthouse angekommen, erkundige ich mich in der Küche. Wird wirklich alles teurer? Da klagt mir die Pensions-Cheffin ihr Leid: Eigentlich müssten sie schon wieder die Speisekarten umschreiben. Die Preise stiegen so schnell, dass sie kaum noch mitkämen. Eine Kokosnuss hätte letztes Jahr noch 30 Rupien gekostet. Gestern wurde auf dem Markt 60 Rupien verlangt. Brot: Vor einem Jahr 15 Rupien, heute 45 Rupien – eine glatte Verdreifachung! Wer kann das noch bezahlen?
Die Teuerung bei anderen Lebensmitteln tut ihr Übriges. Nicht nur Reis ist teurer, sondern auch Chili, Zwiebeln, Mais – die Preise haben sich innerhalb eines Jahres praktisch verdoppelt, manche auch verdreifacht klagt die Guesthousebesitzerin.
Besuch auf dem Markt. Zwei Mal in der Woche bringen die Bauern ihre Produkte ins Dorf. Buntes Treiben unter tropischer Sonne. Es riecht nach exotischen Früchten, nach Tabak, nach Räucherstäbchen – und nach Revolution. Der Lebensstandard der Menschen ist gesunken, weil ihr Geld weniger wert wurde. Das bedeutet in armen Ländern nichts anderes als Hunger! Wer mit 100 Euro pro Monat seine Familie ernährt, für den bedeutet eine Preissteigerung von 50 Prozent bei Lebensmitteln, dass er nur noch die Hälfte an Nahrung kaufen kann. Es gibt keine Reserven, nichts Erspartes, welches die Teuerung ausgleichen könnte.
Und wenn der Magen leer bleibt, steigt die Spannung. Das spüre ich auch in Asien – obwohl die Leute noch freundlich sind. Aber in den Hütten rumort es gewaltig und eines steht fest: Sollten die Preise weiter steigen, kommt es auch in Asien zur Aufruhr. Sri Lanka ist bei weitem kein Einzelfall, von den Preissteigerungen betroffen sind parktisch alle Entwicklungsländer und viele Schwellenländer. Wenn auch in Thailand, Indien, China die Menschen auf die Straßen gehen, dann wird es ernst!