Behörden melden Austritt von Radioaktivität bei AKW. Kühlungsproblme bei einigen Atomkraftwerken könnte zur Kernschmelze führen und zweites Tschernobyl auslösen. Es droht der Supergau bei einigen Atomkraftwerken, weil sie für ein so starkes Beben nicht ausgelegt waren.
Als Folge des verheerenden Erdbebens in Japan steigt der Druck in einem Reaktor des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi. Das meldete die Nachrichtenagentur Kyodo am Samstag (Ortszeit) unter Berufung auf die Betreiberfirma Tokyo Electric Power. Im Turbinenhaus des Kraftwerks steige die Strahlung. Tepco versuche, den Druck zu verringern, hieß es in einer Meldung der Agentur Jiji. Dabei könnte auch Strahlung nach außen gelangen, berichtete die Wirtschaftszeitung "Nikkei". Tausende Menschen wurden inzwischen zum Verlassen der Region um das Atomkraftwerk aufgefordert. Einwohner im äußeren Umkreis wurden aufgefordert, Fenster und Türen zu verschließen.
Anzahl der Toten durch Erdbeben auf 1200 gestiegen
Das Beben der Stärke 8,9 hat in mindestens zwei japanischen Atomkraftwerken außergewöhnliche Vorkommnisse ausgelöst. Während sich elf von 16 Atomkraftwerken aufgrund des Bebens selbsttätig abschalteten, kam es in Fukushima und Onagawa zu Problemen bei den Kühlsystemen.
Sinkende Kühlwasserpegel im Reaktor Fukushima I
Besonders schwer betroffen ist der Reaktor Fukushima I: Dort gibt es akute Probleme mit dem Kühlwasser. Wie die Betreiberfirma Tokio Electric Power mitteilte, sei ein steigender Druck in dem Reaktor Fukushima I registriert worden - mit der Möglichkeit eines Austritts von Radioaktivität. Der Reaktor zählt zu den Ältesten in Japan. Die Kühlung des Reaktorblocks sei durch das Beben ausgefallen.
Das Kühlwasser sei abgesunken - die Brennstäbe zum Teil sichtbar. Im Umfeld von drei Kilometern wurden die Menschen aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. Rund 6000 Menschen sind betroffen. Anwohner im Umfeld von zehn Kilometern wurden aufgefordert, ihre Wohnhäuser nicht zu verlassen. Experten mit Geigerzählern seien unterwegs, um die Radioaktivität in der Luft zu messen.
Droht ein zweites Tschernobyl? Süddeutsche Interview mit Greenpeace Atom-Experte von Lieven:
sueddeutsche.de: Herr von Lieven, der Tsunami in Japan hat das Atomkraftwerk Fukushima schwer beschädigt - wie bedrohlich ist die Lage?
Christoph von Lieven: Generell gilt: Ohne Stromversorgung bricht die Kühlung zusammen, es kommt zur Kernschmelze, zum größten anzunehmenden Unfall - zum GAU. Dann ist die Frage: Wie stabil ist die Reaktorhülle? Ist sie durch das Erdbeben beschädigt? Das ist schwer zu sagen. Am Ende hängt es sogar vom Wetter ab. Bei Regen würden die radioaktiven Partikel direkt wieder zu Boden gedrückt, bei Wind dagegen weit getragen. Wenn es zur Kernschmelze kommt, ist Tschernobyl die richtige Assoziation.
sueddeutsche.de: Kurz nach dem Tsunami wurde mitgeteilt, die Atomkraftwerke hätten sich automatisch abgeschaltet - was ist da schiefgelaufen?
Von Lieven: Ein AKW ist keine Lampe, die man einfach ein- und ausschaltet. Die Kettenreaktion läuft auch nach der Abschaltung weiter, sie wird bloß gebremst - durch Steuerstäbe zwischen den Brennstäben. Dabei entsteht weiter Energie, also Hitze. Sie muss mehrere Tage lang abgeführt werden, sonst schmilzt irgendwann alles, was von Menschenhand gemacht ist. Es kommt zur Explosion. Darum braucht es dringend ein stabiles Notkühlsystem ...
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