Seit dem Unfall im Atomkraftwerk Fukushima bemühen sich die Behörden, die Lage zu verharmlosen. Doch das Gegenteil ist richtig: Die Lage ist nicht stabil, sondern ernst. Jeden Tag neue Hiobsbotschaften. - Tokios Hafen wird von vielen Reedereien nicht mehr angelaufen.
Es ist davon auszugehen, dass weder die Behörden noch der der Betreiber der Atomkraftwerke selbst den Überblick über die Lage vor Ort hat, noch die möglichen Konsequenzen dieses Fast-Supergaus beurteilen können. Jeden Tag tauchen neue Probleme auf und jeden Tag erzählen die Behörden dasselbe: Es besteht keine akute Gefahr für die Gesundheit. Ob das so bleibt, erscheint zweifelhaft.
In Folge der Probleme mit dem japanischen Atomkraftwerk Fukushima, gerät eine bisher unterschätzte Gefahr in den Blickpunkt. In der Wochenzeitung "Die Zeit" sagte Wolfgang Sandner, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, die abgebrannten Brennstäbe in den Abklingbecken direkt neben den Reaktoren würden ein mindestens vergleichbares Risiko wie ein havarierter Reaktor darstellen. Gefahr für die Abklingbecken drohe aber nicht nur durch Erdbeben, sondern auch von Terroranschlägen und Flugzeugabstürzen.
Dies sei bereits seit längerem bekannt, wurde aber weitgehend ignoriert. Deutsche Reaktorexperten fordern deshalb, im Rahmen der anstehenden Sicherheitsüberprüfung hiesiger Kernkraftwerke, diese Gefahr neu zu bewerten.
Bald kein Trinkwasser mehr?
Auch in einer Nachbarregion zu Tokio ist das Trinkwasser verstrahlt. In einer Wasseraufbereitungsanlage in Kawaguchi seien erhöhte Werte festgestellt worden, meldet die Nachrichtenagentur Kyodo. Demnach überschreitet die Strahlung mit 120 Becquerel an radioaktivem Jod leicht die für Säuglinge erlassenen Grenzwerte. In Tokio wurden am Mittwoch im Wasser 210 Becquerel festgestellt. Die Behörden riefen dazu auf, Leitungswasser nicht mehr für Babys zu benutzen.
Tokios Hafen boykottiert
Japans Wirtschaft befürchtet wegen der Atomkatastrophe einen vorübergehender Boykott des Hafens in Tokio. "Ich habe von örtlichen Handelsmaklern gehört, dass einige Schiffe Tokio nicht ansteuern wegen der Angst vor radioaktiver Strahlung", sagte Tetsuya Hasegawa von Heisei Shipping Agencies am Donnerstag. Wie viele dies seien, könne er allerdings nicht sagen.
Der Branchenzeitung "Lloyd's List" berichtete, die gesamte Flotte von 110 Schiffen der Hamburger Reederei Claus-Peter Offen laufe die Häfen in Tokio und Yokohama vorübergehend nicht an, um die Besatzungen nicht der Gefahr radioaktiver Strahlung auszusetzen. Das Unternehmen wollte sich dazu zunächst nicht äußern.
Vergleiche zu Tschernobyl
Immer mehr werden im Hinblick auf Fukushima Vergleiche zu Tschnernobyl laut. Auch damals wiegelten Behörden und Regierung ab - bis zum Schluß, als nichts mehrt ging und Tausende Menschen Ihr Leben verloren. Angesichts der immer neuen Probleme in Fukushima kann leider nicht erwartet werden, dass sich die Lage verbessert. Die Strategie der Behörden lautet offenbar: "Keine Panik" erzeugen. Aber wahrscheinlich sind Verantwortliche und Betreiber mit ihrem Latein schon längst am Ende.
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