Massenflucht bei der WestLB. Vor der Aufspaltung der Landesbank kündigen viele Führungskräfte. Unsichere Zukunft der Bank belastet Kundenbeziehungen.
Die vor der Aufspaltung stehende WestLB verliert eine Reihe von Führungskräften. Nach Informationen der Financial Times Deutschland (Dienstagsausgabe) hat der Bereichsvorstand Marktrisikomanagement, Ernst Eichenseher, zum 31. Mai gekündigt. Eichenseher ist für die Bewertung der gesamten Risiken wie Zins-, Aktienkurs-, Währungsänderungsrisiken aus Handelsgeschäften verantwortlich. Mit Martin Mierswa, der als Leiter Corporate Debt Finance für Unternehmensfinanzierungen zuständig war, hat ein weiterer Manager die Bank verlassen. Die Abgänge wurden der FTD in Kreisen der Düsseldorfer Landesbank bestätigt.
Die WestLB verliert damit immer mehr wichtige Banker. Anfang des Monats war bereits der Wechsel von Richard Hill, Europa- und Nahostchef Kreditsyndizierung, zur französischen Großbank Société Générale bekannt geworden. Der Wechselwille unter den Führungskräften wird seit Monaten dadurch angeheizt, dass im Flurfunk Szenarien über eine Zerschlagung der Bank die Runde machen. Vor gut einer Woche verständigten sich die Eigner darauf, die WestLB als Ausgleich für Staatshilfen zu einer Verbundbank zu schrumpfen – einem Sparkassendienstleister mit etwa einem Viertel der aktuellen Bilanzsumme der WestLB. Eichenseher zählte zu den Führungskräften, die den Datenraum zu dem Verbund-Projekt bestückten. Den Datenraum für diese Variante, die unter dem Projektnamen „Diamant“ läuft, gab es seit etwa zwei Monaten.
Die Belegschaft wird zusätzlich dadurch verunsichert, dass bislang noch völlig unklar ist, welche Geschäfte in der Verbundbank erhalten, welche in die Abwicklungsanstalt verschoben und welche verkauft werden.
Unklar ist, in welcher Form die Eigner den zugleich laufenden Verkauf der Bank trotzdem weiter verfolgen. Die parallelen Verhandlungen mit Lone Star und Apollo liefen nach FTD-Informationen unter dem Projektnamen „Fidelio“ – dem Vernehmen nach in Anlehnung an den Verkaufsbeauftragten Friedrich Merz.
Die Unsicherheit über die Zukunft der WestLB gefährdet auch Kundenbeziehungen. „Der Finanzchef eines Dax-Konzerns hat mich angerufen und gesagt: ,Suchen Sie sich ein neues Türschild, dann kommen wir wieder ins Geschäft‘“, sagte ein WestLB-Manager der FTD. Die WestLB spielt gerade bei politisch durchtränkten Geschäften in Nordrhein-Westfalen eine wichtige Rolle. So dürfte sie beim Börsengang des Essener Mischkonzerns Evonik gute Chancen auf ein wichtiges Mandat haben.
Personalberatungen sind bereits rege aktiv: „Die telefonieren jetzt den Handelssaal durch“, sagte ein Insider. Intern herrscht vor allem Sorge, was passiert, wenn die Eigner nicht zügig Verhandlungen aufnehmen und neue Besitzer für die abzugebenden Abteilungen finden. Dann würden die wichtigsten WestLB-Leute schnell von dritter Seite weggekauft. „Vor allem die profitablen Abteilungen wie Debt Markets unter Stefan Dreesbach oder Corporate Finance unter Volker Brühl sind jetzt Jagdgrund für die Headhunter“, sagte ein Insider.