Erlebnisse im Edelmetallshop. Von Verkaufsdruck keine Spur. Eher von erhöhter Nachfrage. „Profis auf Shoppingtour“. Kundschaft nutzte niedrige Silberpreise überwiegend für Käufe.
von Michael Mross
Gestern Mittag beim Silberdealer: 1 Kilo Silber für 1000 Euro. „Guter Deal“ sagte ich, hatte aber zuwenig bunt bedruckte Schnipsel in der Tasche. Ich würde in einer Stunde wiederkommen, erklärte ich dem Verkäufer, er solle den Barren so lange festhalten.
Eine Stunde später: „Jetzt kostet er 1030 Euro“ – so der Händler. Ich fühlte mich an Zeiten der Hyperinflation erinnert: damals wurde das Essen während des Essens teuerer. Heute kann man seinem Silberdealer nicht mal eine halbe Stunde den Rücken zuwenden, ohne dass der Edelmetall-Preis explodiert.
„Ob viele Leute in der Schwächephase verkauft hätten?“ möchte ich wissen. Da klärt mich der Mann auf: „Sie wissen doch, dass die Preise nichts mit Angebot und Nachfrage zu tun haben!“ Er habe nur gelegentlich Verkäufer gesehen, dagegen hätten viele Leute die Schwächephase zum Kauf genutzt. „Die Profis haben gekauft!“
„Die Leute haben ‚Hurrah’ geschrieen und kräftig zugelangt.“ erläutert der Silbermann. Insbesondere die Profis hätten Silber gleich Kiloweise geordert. Verschiedene Male konnte er die starke Nachfrage nach physischem Silber gar nicht decken, weil einfach nichts da war. Davon kündet auch die Vitrine, in der nur noch ein paar blasse Maple Leafs vor sich hin schimmern.
Starke Nachfrage und trotzdem Rekordpreisverfall – Marktwirtschaft auf den Kopf gestellt – den Börsenkapriolen und ihrer dunklen Machenschaften sei Dank. Denn gegen billigere Preise kann man ja eigentlich nichts haben.
„Die Leute, die hier kaufen, tun das in der Regel nicht, um am nächsten Tag ein paar Gewinne mitzunehmen, sondern weil sie sich langfristig absichern wollen“ so der Silberwärter weiter. Kurzfristige Spekulation mit Silber lohne schon wegen der Märchensteuer nicht. Die Abschläge beim Ankauf seien einfach zu groß. – Immer wenn wieder was von neuen Rettungspaketen in der Zeitung zu lesen sei, wäre die Nachfrage spürbar stärker. „Immer mehr Leute sehen, dass da was schief läuft“.
„Wann denn die nächste Ladung Münzen komme?“ – will ich wissen. Das sei ungewiss hieß es von der Ladentheke, aber vielleicht morgen – und wahrscheinlich teuerer als heute…
Nach einer unrepräsentativen Umfrage von MMnews stellt sich die Situation während des größten Kurscrashs bei Silber wie folgt dar: die meisten Händler berichteten in dieser Zeit nicht etwa über Verkäufe (wie bei einem Kursverfall zu vermuten wäre) sondern über Käufe.
Während des Kursverfalls gab es an der Theke zu etwa 85% Käufe und es war zuweilen schwierig die Nachfrage zu befriedigen. Nur etwa 15% der Kunden wollten ihr Edelmetall verkaufen. Einzelne Silberhändler sagten sogar, dass während des Kurscrashs überhaupt keine Verkäufe seitens der Kundschaft stattgefunden hätten und stattdessen nur Nachfrage zum ermäßigten Niveau bestand.
So schön kann Marktwirtschaft sein: Fallende Preise bei steigender Nachfrage. Wie lange noch?