Immer wenn Blasen angestochen werden, und es zu einem Crash kommt, muss man vorsichtig sein. In den meisten Fällen werden die Hochs nach so einem Einbruch für Jahre nicht mehr übertroffen. Viele, die im Future oder in Derivaten investiert waren, dürften viel Geld verloren haben.
von Jochen Steffens
Der Kurs von Silber brach vom Hoch bei 49,20 Dollar am 28.04.2001 in nur sieben Handelstagen um 32,33 % auf 33,35 Dollar im Tief ein.
Was waren die Hintergründe dieses Crashs?
Ein Grund war die Margin-Erhöhung an der US-Börse COMEX. Um Futurekontrakte handeln zu können, muss eine gewisse Sicherheit (Margin) hinterlegt werden. Diese steht in einem bestimmten Verhältnis zum Kurs des Futurekontrakts. Da der Silberpreis in den letzten Monaten stark angestiegen war, war es nur logisch, dass die COMEX die Margin an die neue Situation anpasste. Diese Anpassung führt aber dazu, dass Händler nun das Doppelte an Sicherheit hinterlegen müssen. Es ist anzunehmen, dass einige Anleger diese höhere Sicherheitsleistung nicht liefern wollten oder konnten und deswegen ihre Gewinne realisierten. Das führte zu einem starken Verkaufsdruck.
Hinzu kam, dass George Soros verlautbaren ließ, er hätte sich von großen Teilen seiner Silberbestände getrennt. Diese Nachricht ließ zusätzlichen Verkaufsdruck entstehen, der Crash war perfekt.
Soll man auf Soros hören?
Nun werden sich einige daran erinnern, dass George Soros schon häufiger mit entsprechenden Aussagen die Kursentwicklung bei verschiedenen Assets beeinflusst hatte. Man erinnert sich, wie George Soros im Januar 2010 beim jährlichen Treffen des Weltwirtschaftsforums in Davos sagte, dass er Gold für die ultimative Blase halte. Diese Aussage hat den Goldpreis beeinträchtigt. Gleichzeitig stieg Soros bereits im vierten Quartal 2009 massiv in Gold ein. Kritiker werfen Soros vor, er habe den Goldpreis mit dieser Aussage nach unten manipuliert, um billiger in Gold einsteigen zu können. Andere behaupten, dass er lediglich auf diese große Blase setzen wollte und er nicht gesagt habe, dass diese Blase (damals) bereits zu Ende sei.
Wie dem auch sei, im aktuellen Fall hat Soros tatsächlich Silber verkauft, und das wird viele Anleger dazu gebracht haben, darüber nachzudenken, ob der Silberpreis nicht vielleicht schon massiv überbewertet ist. Sie erinnern sich, auch ich hatte kurz vor diesem Crash geschrieben, dass sich der Silberpreis mittlerweile in einer Übertreibungsphase befindet.
Historische Parallelen
Es ist aber nicht die erste Silberrally mit anschließendem Crash. Dazu ein Blick in die Geschichte: Die Gebrüder Hunt waren die Söhne von Haroldson Lafayette Hunt, der zunächst als professioneller Pokerspieler bekannt wurde und später als Ölbaron in Texas zu Reichtum kam. Die beiden Brüder Nelson Bunker Hunt und Herbert William Hunt hatten etwas weniger Glück, obwohl es zunächst ganz anders aussah.
Anfang der siebziger Jahre begannen sie mit dem massiven Ankauf von Silber, und der Preis stieg von 1,50 Dollar auf 3,00 Dollar. Zu dieser Zeit besaßen sie ca. 200.000 Unzen, und sie lernten wahrscheinlich durch diese Kursbewegungen, wie einfach der enge Silbermarkt zu manipulieren war.
1974 besaßen sie schon 55 Mio. Unzen und der Preis hatte sich auf sechs Dollar erhöht. Bis Ende der siebziger Jahre kauften die Hunts weiter massiv Silber, und der Preis stieg bis im Hoch 1980 auf 50 Dollar. Sie besaßen nun Silber und Silberterminkontrakte im Wert von rund 6,6 Milliarden Dollar! Das entsprach etwa der Hälfte der Silbervorräte in Amerika und 15 % der Silbervorräte der Welt. Da sie sowohl physisches Silber erwarben als auch über Termingeschäfte handelten, verknappte sich die Verfügbarkeit des Silbers für die Wirtschaft, und das erhöhte den Preisdruck zusätzlich.
Ein Spiel ohne Ausweg
Geblendet von der Gier und dem Erfolg wurde ihnen nicht bewusst, dass eine derart große Position auch ein großes Risiko darstellt. Einerseits ist es kaum möglich, diese Position zu veräußern, ohne den Silberpreis einbrechen zu lassen, andererseits war abzusehen, dass die amerikanischen Börsen sich diese Manipulation nicht gefallen lassen werden. Die Hunts störte dies nicht, sie waren sich sicher, dass sie den Silberpreis jederzeit kontrollieren konnten.
Die Folge des steigenden Silberpreises war logisch: Immer mehr Menschen schmolzen ihr Tafelsilber und ihren Schmuck ein, um diesen zu verkaufen, so dass mehr und mehr Silber auf den Markt drängte. Hinzu kam, dass viele ihre Gewinne realisierten. Um weitere Silberkäufe zu finanzieren, nahmen die Gebrüder Hunt Kredite auf, als Sicherheit diente das bereits vorhandene Silber. Aber auch arabische Investoren wurden von den Brüdern in dieses Spiel mit einbezogen.
Der Zusammenbruch
Der eigentliche Zusammenbruch des Silberpreises trat jedoch erst ein, als die Börsenaufsicht und die COMEX reagierten und die Sicherheitseinlagen auf Silberterminkontrakte stark erhöhten. Gleichzeitig begrenzten sie die Kontraktzahl je Investor. Größere Positionen mussten bis Anfang 1980 aufgelöst werden. Schlussendlich setzte die Börse den Handel mit Silber sogar zeitweise aus, um der Blase die Luft abzudrehen.
Es kam wie es kommen musste, der Silberpreis crashte auf 10,80 Dollar, im weiteren Verlauf und nach einer Erholungsphase sogar auf 5 Dollar (siehe Chart unten).
Die Brüder Hunt waren pleite und wurden 1988 wegen Verschwörung und Preismanipulation verurteilt. Übrigens hatte auch diese Spekulationsblase zu einem Fast-Zusammenbruch des Finanzmarktes geführt, und die amerikanische Notenbank musste eingreifen, um das zu verhindern. Man fragt sich, warum die Notenbanken auf Blasen nicht viel schneller reagieren, wenn sie doch so gravierende Folgen für das Finanzsystem haben. So wäre der 2000er Crash zu verhindern gewesen - auch der Immobiliencrash in den USA und der folgende Finanzmarktcrash – aber das ist ein ganz anderes Thema…
Wie geht es mit Silber weiter
Natürlich ist der aktuelle Eingriff der COMEX nicht mit den massiven Maßnahmen von 1980 zu vergleichen, trotzdem hatte er einen Crash zur Folge. Auch hat Soros sicherlich nicht in dem Maße den Silberpreis manipuliert, wie damals die Hunt Brüder. Aber eine gewisse Vergleichbarkeit ist gegeben.
Selbst die Charts haben eine gewisse Ähnlichkeit, wenn auch der Einbruch 1980 deutlich heftiger ausgefallen ist. Hier der Chart von 1970-1990:
Immer wenn solche Blasen angestochen werden, und es zu einem Crash kommt, muss man vorsichtig sein. In den meisten Fällen werden die Hochs nach so einem Einbruch für Jahre nicht mehr übertroffen. Viele, die im Future oder in Derivaten investiert waren, dürften viel Geld verloren haben. Sie werden sicherlich nun deutlich vorsichtiger agieren oder sogar ganz die Finger von Silber lassen.
Auf der anderen Seite sind die eigentlichen Gründe, die für eine Investition in Silber sprechen, noch nicht vom Markt. Edelmetalle gelten immer noch als Inflationsschutz, besonders für Anleger in den USA. Ob es also nach dieser kurzen Erholung in den letzten Tagen noch zu einem zweiten massiven Einbruch kommt wie 1980, ist mehr als fraglich. Trotzdem kann es sein, dass Silber erst einmal für eine Weile „verbrannt“ ist. So lange jedoch die Fed nicht die Zinsen anhebt und mit der Inflationsbekämpfung ernst macht, bleiben die Edelmetalle interessant. So lange können das Spiel und die Blase weiter gehen. Dann allerdings könnte es eng werden – vielleicht war dieser Einbruch nur der erste martialische Warnschuss…