In dem Bemühen, sich ständig neue Vorteile zu schaffen, kennt die Phantasie der EU Abgeordneten praktisch keine Grenzen.
MMnews berichtete bereits, wie sich EU-Parlamentarier eine eigene Steuer-Oase schaffen mit Höchstsätzen von 20%, während daheim die Untertanen unter hohen Steuern ächzen. Mehr hier
Pfiffig auch, wie sich EU-Parlamentarier Anwesenheitsgelder (284 Euro pro Tag) ergaunern, obwohl sie bereits daheim sind. Mehr hier
Neuester Coup welcher erst jetzt bekannt wird: Abgeordnete stellen Ehepartner, Geliebte, Kinder und Verwandte als „Assistenten“ ein. Besonderheit: Diese arbeiten angeblich von Zuhause – und kassieren über 15000 Euro monatlich.
Den Aufsichtsbehörden war durchaus bewusst, dass mit dieser „Assistenten-Regel“ sehr viel Missbrauch getrieben wird. Deshalb sollten ab 2009 neue, strenge Verbote gelten. Das Verbot, die ganze Familie einzustellen, war erst im Mai diesen Jahres vom Plenum des Parlaments mit sehr großer Mehrheit beschlossen worden.
Es galt darum folgende Neuregel: „Die Abgeordneten dürfen keine vergütete persönliche Unterstützung durch ihren Ehegatten oder festen Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemäß der Definition in Artikel 58 Absatz 2 oder durch Verwandte ersten Grades in aufsteigender und absteigender Linie oder Verwandte zweiten Grades in der Seitenlinie in Anspruch nehmen“.
Doch dagegen wehrten sich die „Betroffenen“ jetzt. Mit Erfolg.
In aller Heimlichkeit wurde letzte Woche – natürlich praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit – eine so genannte Übergangsregelung geschaffen. Bedeutet: Die Geliebten dürfen noch bis 2014 von Zuhause aus weiterarbeiten und auch kassieren.
Besonders SPD-Fraktionschef Martin Schulz hatte sich für eine Übergangsfrist für „Altfälle“ stark gemacht, die nun bis zum Jahr 2014 gilt. Vizepräsident Gerard Onesta (Grüne) und Parlamentssprecher Jean-Yves Loog bestätigten den Beschluss auf Anfrage gegenüber dem Newsportal "Der Westen". Loog räumte, ein es bestehe „ein gewisser Widerspruch zum Parlamentsbeschluss vom Mai“.
Schulz räumte auf Anfrage ein, dass nun wohl auch Familienmitglieder sich als „Altfälle“ betrachten könnten. Das gelte jedoch nur für jene Kinder und Ehegatten, die bereits bis zum 1. Juli 2008 einen Assistentenvertrag vorzuweisen hätten. Kritiker vermuteten, dass nun „Reihenweise rückdatierte Verträge bei der Parlamentsverwaltung nachgereicht werden“ – um das Datum 1. Juli zu unterlaufen.
EU-Abgeordnete dürfen ihren „Assistenten“ monatlich bis zu 15.496 Euro überweisen. Das jährliche Gesamtbudget für Assistenten beträgt 140 Millionen Euro.
Betrug und Vetternwirtschaft im Europäischen Parlament, insbesondere missbräuchliches Abkassieren von „Assistentengehältern“, geschehen mit Wissen und offener Duldung von Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Das erklärte der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Gerard Onesta, gegenüber WAZ.
Einige Beispiele
- Vor allem britische EU-Abgeordnete gelten als „Familienunternehmer“. Ehefrauen, Söhne und Töchter unterzeichnen einen Assistentenvertrag und schon stimmt die Haushaltskasse daheim.
- Ein österreichischer EU-Abgeordneter soll „Wohngeld“ von Assistenten kassieren. Wenn sie einen Assistentenvertrag wollten, müssten sie einen überteuerten Mietvertrag für sein Brüsseler Haus unterschreiben. So fließt ein nettes Sümmchen des Assistentengehalts an den Abgeordneten.
- Rumänische Assistenten berichten, die Assistentengelder würden „direkt nach Bukarest überwiesen“. Von dort flösse nur „ein Drittel“ der Summe zurück auf ihr Assistentenkonto.
- Aus dem Parlamentstopf „Pauschale Ausgaben“, etwa für Briefmarken oder Büromöbel, dürfen sich EU-Abgeordnete jährlich einige Tausend Euro spendieren. Eine Kontrolle, ob das Geld dafür tatsächlich verwendet wird, findet „zu 100 Prozent nicht statt“, so Parlamentsvizepräsident Onesta.
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