Wer in diesen Tagen einen guten Gurkensalat essen will, der muss sehr weit reisen: zum Beispiel nach Tel Aviv. – Erlebnisse in Israels Metropole. Droht ein neuer Krieg im Nahen Osten?
Strand von Tel Aviv
von Michael Mross
Lufthansa Flug nach Tel Aviv. Mittagessen. Ich verlange einen Salat. Antwort der Stewardess: gestrichen, wegen EHEC. Auf Lufthansa-Flügen gibt es keine Salate mehr. Stattdessen verölte Pasta.
Was auch immer hinter EHEC steckt – die Hysterie ist ein typisch deutsches Phänomen. Im Resteuropa kümmert sich kaum jemand darum, wenn auch die mediale Ansteckungsgefahr groß ist. Tödliche Keime sind immer ein gefundenes Fressen für die sensationshungrige Journaille. Gott sei Dank: in Israel ist EHEC kein Thema: „Einen Gurkensalat bitte“ – meine Order am Strand von Tel Aviv im „La Mer“.
Die Sonne scheint, klares Wasser, blauer Himmel, eine frische Brise macht die Hitze erträglich. Während die Deutschen im EHEC-Wahn sind, gibt es hierzulande ganz andere Probleme. Von EHEC hat hier noch niemand etwas gehört.
In Israel geht die Angst um. Die Angst vor dem September. Dann nämlich wollen die Palästinenser einen eigenen Staat ausrufen. Das ist für Tel Aviv prinzipiell kein Problem. Das Problem ist nur, dass die Palästinenser diesen Staat einseitig ausrufen wollen und gleichzeitig nicht das Existenzrecht Israels anerkennen.
„Das bedeutet Krieg“ – sagt eine Freundin, welche eher zu den linksgerichteten Gesinnungsgenossen in Tel Aviv zählt. Israel würde eine solche Staatsbildung niemals hinnehmen ohne gleichzeitig ein Existenzrecht zugebilligt zu bekommen. Befürchtung: ein solcher Palästina-Staat, hochgerüstet und unterstützt durch seine arabischen Nachbarn, würde über kurz oder lang zum Angriff auf die verhassten Nachbarn blasen.
Seitdem ist die Stimmung nicht nur an Tel Avivs Stränden gedrückt. Gespannt wartet man auf die Entwicklung der Ereignisse, und die verheißen nichts gutes, wenn man mit den Menschen der Stadt spricht.
Israel würde ein solches Vorgehen nicht zulassen, erklärt mir ein anderer Gesprächspartner. Pikant an der Angelegenheit sei allerdings, dass die UNO möglicherweise den neuen palästinensischen Staat anerkennt. Sollte sich also Israel gegen eine solche Staatsbildung zur Wehr setzen, könnte es gut sein, dass die UNO ins Land einmarschiert – ähnlich wie in Libyen.
Ein anderes heißes Eisen ist die geplante Grenzziehung. „Grenzen von 1967“ bedeutet für Israel ein klares „No Go“ weil damit das Land praktisch nicht mehr zu verteidigen wäre. Befürchtung: Palästina schließt sich mit den anderen arabischen Staaten ringsherum zusammen um „die Juden ins Meer zu jagen“.
Auch in Israel gibt es eine große Sehnsucht nach Frieden. Schon allein das Anerkennen eines Existenzrechts würde Tel Aviv zu große Zugeständnissen veranlassen. Doch darauf ist offenbar nicht zu hoffen. So bleibt die große Befürchtung, dass neben den vielen Brandherden in Nahen und Mittleren Osten demnächst noch ein neuer hinzukommt: Ein neuer Konflikt zwischen Israel und seinen Nachbarn.
Nachmittags geht’s wieder zum Strand. Wunderbare Sonnenuntergänge gibt es in Tel Aviv. Langsam versinkt die Sonne im Mittelmeer. Mir scheint, als wenn die Welt einer unsichereren Zukunft entgegen geht. Überall schwelen Konflikte. Der Nahe Osten wird zum Pulverfass. Es bleibt die vage Hoffnung, dass es doch noch eine Wende zum besseren gibt. Doch die ist derzeit nicht in Sicht.