Wer heutzutage eine Gurke mümmelt, gilt potenziell schon als Selbstmordkandidat. MMnews testete Gurken am eigenen Leib – in Israel: Gemüse aus den „Besetzten Gebieten“ – tödlich oder Genuss ohne Reue?
Gurkentest in Israel: leichtes Kribbeln im Bauch
von Michael Mross
„Haben Sie eine Waffe?“- fragt der Kontrolleur am Einkaufszentrum. „Nein, ich komme vom Strand“ – entgegne ich mit Unschuldsmine und begehre Einlass im Einkaufszentrum im Herzen von Tel Aviv. Seit einem Selbstmordanschlag dort gelten überall strenge Sicherheitsmaßnahmen. Mit einer Waffe sollte man also besser nicht auf Shopping-Tour gehen.
Kurzer Metalldetektor-Test (vielleicht verbirgt sich unter der Boxershorts ja doch eine Granate), und schon kann’s losgehen. Mein erster Stopp: die Saftbar. Ein frisch gepresster Drink aus Rote Beete, Sellerie, Ingwer und Möhren. Mit diesem Rohkost-Aufputschmittel geht’s dann beschwingt in die Gemüseabteilung.
Irgendwo sind Gurken aufgestapelt. Ich greife beherzt zu und zahle an der Kasse. Der große Selbsttest kann beginnen – unter Zeugen, versteht sich. Wird mich auch in Israel EHEC dahin raffen oder ist das nur ein EU-spezifisches Phänomen?
Die Gurke: Inbegriff für Krankheit, Siechtum, Tod. Alles nur erfunden? Kraftvoll beiße ich in das Schlangengewächs. Äußerst aromatisch mundet das Gemüse. Hat eben viel Sonne abbekommen.
Israel gilt bisher als EHEC-freie Zone. Salate und Gemüse sind deshalb noch nicht von der Speisekarte verbannt. „Weißt du eigentlich, woher die Gurke kommt?“ – fragt mich mein israelischer Freund. Ich zucke unbekümmert die Schultern. „Nein, wieso? – Vermutlich nicht aus Spanien…“
Die Gurke kommt aus ‚Palästina’ klärt mich mein Gegenüber auf. Große Teile der Gemüseproduktion für Israel stammen aus den „Besetzten Gebieten“, wie es politisch immer noch korrekt heißt.
Mir bleibt die Gurke im Hals stecken! „Palästina?“ – ich denke sofort an den Fäkalien-Dschihad! In meinem Magen fängt es an zu kribbeln. Funktioniert die Niere noch einwandfrei? Und was ist mit dem Gemüsesaft? Vielleicht ein palästinensischer Schierlingsbecher? Was tun?
Erst mal Ruhe bewahren und eine Runde schwimmen. Als ich gut abgekühlt wieder lebendig aus den Fluten steige, erhalte ich des Rätsels Lösung: „Besetzte Gebiete, ja“ – aber keine Palästinenser. Die Rohkost stamme von israelischen Siedlern. Das lässt die Gurke natürlich in einem anderen Licht erscheinen. Aber wie kann ich sicher sein, dass sie nicht mit EHEC besprüht wurde?
Die Palästinenser machen keine Geschäfte mit Israel, erfahre ich. Das bietet sich zwar an, verstößt aber gegen deren Ideologie. - So richtig nachvollziehen kann ich das nicht. Auf meiner Reise durch die „Besetzten Gebiete“ habe ich eigentlich nur freundliche Menschen kennen gelernt. Obwohl unser Auto deutlich sichtbar ein „IL“ trug, wurden wird nicht sofort totgeschlagen. Zwar hat uns mal ein palästinensischer Polizist von der Straße gepfiffen und die Pässe einkassiert. Nach kurzer Überprüfung konnten wir aber ohne Probleme von dannen fahren. Auch in der als „Terroristennest“ Nablus verrufenen Stadt gab’s keine Probleme.
Fazit: Nicht jede Gurke ist tödlich und nicht jeder Palästinenser ein Terrorist. Wer sich jenseits der unsäglichen Mainstream-Diskussionen in Sachen Naher Osten (besonders in ARD & ZDF) ein Bild von der Realität machen will, der sollte unbedingt nach Israel reisen und dort Gurken essen.