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EU-Flugdaten an USA

Brüssel kritisiert geplante Übermittlung von Fluggastdaten an US-Behörden. Nach dem bisherigen Text des Abkommens sollen die Daten von allen Fluggästen, die in die USA reisen, an die US-Behörden übermittelt werden: Reiseverlauf, Rechnungsanschrift, Telefon- und Handynummern, E-Mail-Anschrift und zahlreiche weitere Daten, bis hin zum zuständigen Bearbeiter des Reisebüros und den Essenswünschen an Bord.

 

Das geplante Abkommen zwischen der Europäischen Union und den USA zur Übermittlung von Fluggastdaten an die US-Behörden stößt auf grundrechtliche Hindernisse: Der juristische Dienst der EU-Kommission hat den von der Kommission mit den USA verhandelten Entwurf abgelehnt. Das geht aus einem Gutachten vom 18. Mai hervor, das der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt.
 
Das Abkommen, das umfassende Rasterfahndungen ermöglichen soll, sei demnach in vielen Punkten unverhältnismäßig und mit der europäischen Grundrechte-Charta nicht vereinbar. Insbesondere die Speicherdauer von 15 Jahren sei laut dem Gutachten viel zu lang. Außerdem sei ein Rechtsschutz für die Passagiere kaum vorhanden; die Entscheidung darüber liege nämlich allein in der Hand des US-Heimatschutzministeriums. Die EU-Kommission hat das mit den USA ausgehandelte Abkommen Ende Mai dem Rat vorgelegt; sie ging davon aus, dass die Verhandlungen mit den USA zu einem guten Abschluss gekommen seien.

Einzelne Mitgliedstaaten haben aber auf der Grundlage des juristischen Gutachtens deutlich Kritik geäußert. Es ist deshalb nicht mehr zu erwarten, dass das PNR-Abkommen ("PNR" bedeutet "Passenger Name Record", auf Deutsch Passagiernamensregister) wie geplant noch vor der Sommerpause paraphiert wird. Die Übermittlung von Fluggastdaten in die USA ist seit vielen Jahren ein Streitpunkt zwischen dem EU-Parlament und der EU-Kommission.

Nach dem bisherigen Text des Abkommens sollen die Daten von allen Fluggästen, die in die USA reisen, an die US-Behörden übermittelt werden: Reiseverlauf, Rechnungsanschrift, Telefon- und Handynummern, E-Mail-Anschrift und zahlreiche weitere Daten, bis hin zum zuständigen Bearbeiter des Reisebüros und den Essenswünschen an Bord. Sensible Daten (Rasse, politische Meinung, religiöse Überzeugungen), so der Artikel 6 des geplanten Abkommens, sollen allerdings automatisch "maskiert" und "grundsätzlich" nicht weiterverwendet werden. Ausnahmen sind zulässig.

Die  Daten sollen von den US-Sicherheitsbehörden nach be stimmten Kriterien, die das Rechtsgutachten für zu unbestimmt und zu weit hält, zu präventiven und repressiven Zwecken verarbeitet werden können. EU-Juristen fordern, den Datenschutz in die Hände einer externen Institution zu geben; die Sicherheitsbehörde selbst, das US-Heimatschutzministerium, sei nicht unabhängig. "Bemerkenswert" nennen die EU-Juristen einen Vergleich zwischen dem Abkommen, das mit den USA, und dem, das mit Australien ausgehandelt wurde. Das Vertragswerk mit Australien sei bei der Datenübermittlung und der Speicherdauer viel enger gefasst. Zumal der Datenschutz sei in der Vereinbarung mit Australien deutlich höher als im Abkommen mit den USA - obwohl der Kommission Ende 2010 gleichlautende Verhandlungsmandate erteilt worden waren.

Nach dem Abkommen mit Australien sollen sensible Daten grundsätzlich gar nicht erst übermittelt oder sofort gelöscht werden. Die Speicherfristen liegen in Australien bei maximal fünfeinhalb Jahren, nach drei Jahren dürfen die Daten nur noch  anonymisiert aufbewahrt werden. Zugleich mit den Fluggastdaten-Abkommen mit den USA und Australien arbeitet die Europäische Kommission an einer EU-Richtlinie, in der es um die Daten der Fluggäste für alle Flüge geht, die aus der EU herausführen.

Diese Richtlinie soll auf Initiative Großbritanniens dann auch auf alle innereuropäischen Flüge angewandt werden. Der juristische Dienst der EU-Kommission ist jedoch der Meinung, dass diese geplante Richtlinie das Recht auf Achtung des Privatlebens und das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten unzulässig einschränke. Wenn auch Flüge zwischen den EU-Mitgliedstaaten in das Speichersystem einbezogen würden, bestünde die Gefahr, dass die Richtlinie nicht nur vom Europäischen Gerichtshof, sondern auch von den nationalen Verfassungsgerichtshöfen beanstandet wird.

Auf die Mahnungen und Warnungen, die das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe an den EU-Gesetzgeber gerichtet hat, wird ausdrücklich hingewiesen. Schon heute gibt es zahlreiche  Systeme und Verfahren für das Erfassen personenbezogener Daten - etwas das Schengener Informationssystem, das Visa-Informationssystem und das Europol-Informationssystem sowie die Vorratsdatenspeicherung bei den Telekommunikationsdiensten.

Es sei, so die EU-Juristen, der Beweis nicht erbracht, dass man noch ein weiteres Datensystem speziell für die Fluggastdaten benötige. Die EU-Juristen regen an, die Passagierdaten nur derjenigen Flüge zu speichern, die als "Risikoflüge" eingestuft werden, sodass die Daten "nur von Fall zu Fall und auf Antrag der Behörden weitergegeben würden".
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