Merrill auf Tiefstand. 30 Milliarden Kreditmüll verschleudert. Ist die Investmentbank jetzt clean oder gibt es weitere Leichen im Keller? Vorstand unter Beschuss wegen Falschaussagen.
Merrill Lynch braucht bedeutend mehr Geld als ursprünglich prognostiziert. Branchenexperten zeigten sich enttäuscht und besorgt über die Nachricht. Zudem wurden die Frage aufgeworfen, ob es dem erst seit Dezember amtierenden Merrill-Chef John Thain gelingen wird, die Bank wieder profitabel zu machen.
Falsche Prognosen
Erst am 17. Juli hatte Thain in einer Telefonkonferenz mit Analysten noch erklärt, die Bank sei derzeit der Ansicht, mit ihrer Kapitaldecke in einer komfortablen Situation zu sein.
Vor zwei Wochen hatte die Bank für das zweite Quartal einen Verlust von 4,9 Milliarden Dollar bekannt gegeben, weil Abschreibungen von mehr als neun Milliarden Dollar vorgenommen werden mussten.
Merrill ist eines der am stärksten von der Kreditkrise betroffenen Institute. Seit dem Beginn der Krise hat die Bank Abschreibungen in Höhe von mehr als 40 Milliarden Dollar vornehmen müssen. Die Aktie notiert auf Mehrjahrestief.
Super Deal für Lone Star?
Die Abschreibungen für das dritte Quartal ergeben sich Merrill zufolge unter anderem durch den Verkauf bestimmter Schuldverschreibungen (US-Super Senior ABS CDO's). Diese hätten ursprünglich einen Wert von 30,6 Milliarden Dollar gehabt und zum Ende des zweiten Quartals noch mit 11,1 Milliarden Dollar in den Büchern gestanden. Jetzt würden sie für 6,7 Milliarden an eine Tochter von Lone Star Funds abgegeben. Durch den Verkauf reduziere Merrill ihr Engagement in diesem CDO-Bereich von 19,9 auf 8,8 Milliarden Dollar.
10 Mrd. Dollar Kapitalerhöhung?
Zur Kapitalerhöhung teilte Merrill mit, die staatlich gelenkte Temasek Holding aus Singapur beteilige sich daran mit 3,4 Milliarden Dollar. Temasek hatte bereits im Dezember und im Februar fünf Milliarden Dollar in Merrill-Aktien investiert, seitdem hat sich der Aktienkurs aber halbiert. Nun einigten sich beide Seiten darauf, dass Merrill Temasek zum Ausgleich dafür 2,5 Milliarden Dollar zahlt, Temasek diese Summe plus weiterer 900 Millionen Dollar aber in die neue Kapitalerhöhung steckt. Zudem will das Merrill-Management 750.000 neue Aktien kaufen. Insgesamt könne das Volumen der Kapitalerhöhung den Angaben zufolge auf 9,8 Milliarden Dollar ansteigen.