Altkanzler Helmut Kohl (78) hat seine Söhne zu seiner zweiten Hochzeit mit der 34 Jahre jüngeren Regierungsdirektorin Maike Kohl-Richter vor drei Monaten nicht eingeladen. „Trotz unterschiedlicher Auffassungen musste ich auch akzeptieren, dass mein Bruder, ich und unsere Familien nicht zu seiner zweiten Hochzeit eingeladen waren“, sagte Walter Kohl in einem Interview der Illustrierten BUNTE, in der er sich erstmals zu seinem Leben als Kanzlersohn äußerte.
„Dass sie stattfinden sollte, wusste ich vorher, allerdings nicht den Termin. Doch erst danach wurde ich über den Vollzug durch ein Dreizeilentelegramm informiert. Ich gebe zu, dass mich diese Vorgehensweise damals befremdet hat“, so der 45-Jährige.
Walter Kohl deutete in BUNTE an, dass er nach dem Freitod seiner an einer schweren Lichtallergie erkrankten Mutter Hannelore 2001 selber daran gedacht habe, seinem Leben ein Ende zu bereiten. „Der Umgang mit ihrem Tod war für die Familie eine riesige Belastung, da ein Selbstmord immer zu viele Fragen offen lässt. Ich war damals 38 Jahre alt und innerlich aus verschiedenen Gründen an einem Scheidepunkt in meinem Leben angekommen.
Ich stand vor einer Entscheidung und wollte nicht ihrem Beispiel folgen“, sagte Walter Kohl. Er habe dann bei seiner Suche den römischen Philosophen Seneca für sich entdeckt, der zusammen mit seinem christlichen Glauben eine Leitfigur für ihn geworden sei. Seit er den Weg der Versöhnung gehe, „heilen viele alte Wunden und neue Kraft entsteht“.
Im Rückblick erinnerte er sich in BUNTE an seine Jugend: „Kurz gesagt: Mein Leben war in großen Phasen von Ungerechtigkeiten und Belastungen geprägt, denen mein Bruder und ich machtlos gegenüberstanden. Ich fühlte mich ob dieser Erlebnisse und Erfahrungen jahrelang innerlich tief verletzt und reagierte bis vor ein paar Jahren mit Zorn und Wut. Das war ein Fehler.“
In der Schule sei er wiederholt für die eine oder andere politische Entscheidung des Vaters aus Sicht von Mitschülern „zur Rechenschaft“ gezogen worden, „das heißt, ich wurde von Mitschülern mehrfach zusammengeschlagen“, so Walter Kohl. Auch das Verhalten einiger Lehrer habe er als „grob ungerecht“ empfunden. So habe ein Lehrer in der Zeit des Nato-Doppelbeschlusses seinen Vater vor der Klasse als „Massenmörder“ bezeichnet, ohne dass es für den Pädagogen Konsequenzen gehabt hätte.
Walter Kohl, der als Selbstständiger in der Automobilzulieferer-Branche in Asien tätig ist, über sein Leben heute: „Mein Name hat mich oft fast erdrückt. Heute bin ich frei. Heute kann ich sagen: Ich bin ich. Ich bin Walter Kohl.“