Schlagworte wie HTSL, die mit Fehlinformationen verquickt sind, leiten vielfach den Rohstoff-Fan in die Irre. Um in eine neue Technik oder in ein neues Produkt sinnvoll zu investieren, bedarf es gewisser Grundkenntnisse, damit man die Lage richtig einschätzen kann. Selbst seriöse Anlageberater haben oft nur eine vage Vorstellung, was hinter einer neuen Technik steckt.
Neulich hieß es aus dieser Ecke, dass ein versilberter Kupferdraht supraleitfähig sei. Das ist natürlich technisch barer Unfug. Schauen wir deshalb hinter die junge HTSL-Technologie, in der noch viele unaufgedeckte Geheimnisse der Elementarphysik stecken. Ein flüchtiger „Silberblick“ hinter die Kulisse dieses Forschungszweiges verrät dem Rohstoff-Investor zunächst nichts Aufregenderes. Was sollte Silber mit der Hoch-Temperatur-Supra-Leitung zu tun haben, und wie könnte ein visionärer Spekulant davon profitieren?
Zum Verständnis müssen wir die spannende Story von vorne erzählen. Es begann 1911, als man entdeckte, dass Quecksilber sprungartig seinen elektrischen Widerstand verlor, wenn man es bis in die Nähe des absoluten Nullpunkts von 0 Kelvin abkühlte.
Auf der Celsiusskala entspricht das 273,15°C. Hier „erstarrt“ die Bewegung der Elementarteilchen. Das ist ein paradoxes Phänomen, denn wenn freie Elektronen, die ja den Stromfluß verursachen, erstarren, müsste „kaltes“ Quecksilber eher die Eigenschaften eines Nichtleiters annehmen, also ein Isolator mit extrem großen Widerstand sein.
Bei der sogenannten Sprungtemperatur spielen sich im Atomgefüge eigenwillige Prozesse ab, z. B. verbinden sich Elektronen zu Paaren. Anfangs waren die Wissenschaftler und Ingenieure begeistert von dieser revolutionären Entdeckung, denn man erkannte gleich den enormen technischen Nutzen da kein Leitungswiderstand. Später fand man sogar noch 40 weitere supraleitende Festkörper-Elemente.
Merkwürdig: Die Metalle Kupfer, Gold und Silber, die ja besonders gut den elektrischen Strom leiten, gehören als reine Metalle eben nicht zu den Supraleitern. Ernüchternd war also die Energiebilanz, denn die widerstandslosen Supraleiter benötigen zur Kühlung alle das flüssige aber teure Helium bei minus 269°C. Das Perpetuum mobile war also nicht gefunden!
Was nützt es, selbst wenn man den Strom über eine widerstandslose Leitung ohne Leitungsverluste schicken kann, aber andererseits das notwendige Kühlmittel große Kosten verursacht. Ein Supraleiter mußte gefunden werden, dessen Sprungtemperatur wesentlich höher lag, damit der Kühlaufwand deutlich geringer wurde. In der Tat gelang 1986 der Durchbruch.
Man laborierte mit keramikartigen Materialien, die sogar oberhalb der Siedetemperatur des flüssigen und dabei 15mal billigeren Stickstoff (minus 196°C) supraleitend wurden. Die Komponenten der Mischung bestanden z. B. aus Wismut, Strontium, Calcium und Kupferoxid.
Die Stunde Null der „Hochtemperatur“-Supraleiter (HTSL) war angebrochen. Seitdem hat sich dieser Begriff etabliert. Das ist schon etwas gewöhnungsbedürftig, doch verglichen mit dem absoluten Nullpunkt, lag die Sprungtemperatur immerhin 80°C darüber. Hier wieder eine Eigentümlichkeit, denn diese Keramiken sind bei Normaltemperatur Nichtleiter.
Der Nachteil aller HTSL-Keramiken: sie sind spröde und lassen sich deshalb schlecht in Stromleiterform als Draht oder Band bringen. Nicht allein dieser Aspekt macht der Materialforschung immense Schwierigkeiten. Der Pulvermix aus bis zu sechs verschiedenen Elementen besteht aus vielen kleinen richtungsabhängigen (anisotropen) Mikrokristallen. Die eigentliche Crux sind die Kristallgrenzflächen. Man muss ein Verfahren finden, um den Kristallwuchs zu texturieren, ihn systematisch ausrichten, damit gute „Stromtragfähigkeit“, also ein Supraleiter entsteht. Andere Probleme, wie etwa die Festigkeit gegenüber elektromagnetischen Feldern seien hier nicht betrachtet.
Ehe wir die märchenhafte Materialentwicklung mit neuen HTSL verfolgen, ein Wort zum immensen Nutzen, den diese Supraleiter alleine der Energiewirtschaft bringen. Stellen Sie sich vor: In Deutschland werden jährlich 363.010 Gigawattstunden (GWh) über 380-kV-Hochspannungsleitungen mit einer Gesamtlänge von 6.000 km geschickt.
Je 100 km entsteht entlang der Trasse ein Leitungsverlust von 60 Megawatt, der einfach als Wärme verpufft. Das ist so, als ob alle zehn Meter ein unerwünschter Heizofen mit 600 W betrieben würde. Könnte man elegant mit HTSL die Leitungsverluste „abschaffen“, ließen sich damit zwei Kraftwerksblöcke einsparen, ganz abgesehen von der deutlichen Reduktion der Emissionswerte Kohlendioxid und Schwefeldioxid.
Spitzenlabors in aller Welt suchen verbissen nach dem richtigen HTSL-Pulver und nach dem geeigneten Verfahren, es zu flexiblem Draht zu verarbeiten. Bis heute sind über 1.000 supraleitende Legierungen und intermetallische Verbindungen bekannt. Traum der Materialwissenschaft wäre es, fände man einen Hochtemperatursupraleiter, der bereits in der Nähe der Raumtemperatur funktioniert.
Diese Vorrede ist vonnöten, um die Vision von einem neuen HTSL auf Silberbasis richtig zu würdigen und darauf aufmerksam zu machen. Allein diese neue technische Anwendung kann Tausende von Tonnen Silber bewegen. In einem amerikanischen Forschungslaboratorium haben zwei junge Wissenschaftler einen HTSL-Typ allein durch theoretische Überlegung kreiert, und zwar völlig ohne Experiment.
Es handelt sich, schlicht gesagt, um ihre Vorhersage, dass sogenannte Fluorargentate das Rennen machen: Silber-Fluor-Mischungen mit wesentlich höherer Sprungtemperatur (bisheriger Weltrekord -109°C) als alle bisher gefundenen Materialien. In der Wissenschaft gab es schon einmal theoretische Vorhersagen, die später experimentell bewiesen und zur Realität wurden, etwa die Lücke im Periodischen System, die später durch das vorausgesagte Element Technikum ausgefüllt wurde. Auch eine der Vorhersagen zur Relativitätstheorie von Einstein, dass Licht hinter der Sonne von der gewaltigen Masse abgelenkt wird; konnte durch Beobachten einer Sonnenfinsternis bestätigt werden.
Silber spiele bereits jetzt im Fertigungsprozeß der bisherigen HTSL eine wichtige Rolle. Da wird es als „Füllrohr“ eingesetzt. Nicht auszudenken, wenn eines Tages die HTSL-Technik reif ist und ihren triumphalen Siegeszug rund um die Welt antritt. Das kann noch einige Jahre dauern, aber, wie heißt es, an der Börse wird die Zukunft gehandelt. Gerade die USA mit ihrer antiquierten Energiewirtschaft befindet sich in einer Umbruchsphase.
Spätestens dann, wenn die Amerikaner ihre strategischen Lager an Silber dramatisch auffüllen, wissen Sie: die Stunde Null für das Silber fällt mit der HTSL-Technik zusammen. Diese kann durch die weltweit milliardenfache Nutzung von Silberoxid-Zink-Batterien und durch den Einsatz der RFID-Chips-Technologie (Radio Frequency Identification) zeitlich nach vorne verschoben werden.
Die nicht wieder verwertbaren RFID auf Silberbasis sollen als Mikrofunkchips für Strichcodes zur Preisangabe der US-Waren per Gesetz eingeführt werden. Und in Deutschland: hier landet z. B. ein beträchtlicher Teil des Batterieschrotts auf der Kippe. Neben 1.500 Tonne Nickel, 4.700 Tonnen Zink gehen so jährlich sieben Tonnen Silber verloren.
Machen Sie sich um das Silber keine charttechnischen Gedanken. Silber wird eines nicht so fernen Tages seinem Goldbruder davon sprinten. Die Macht der Shorties gegen das Silber wird sogar eher erlahmen. Vernachlässigen können Sie auch die monetäre Kraft, die Silber in heiklen Wirtschaftsphasen entwickelt. Ich wage die Prognose: Als reines Industriemetall wird sich Silber einen Spitzenplatz sichern. Mit gutem Gewissen kann ich deshalb jedem Langzeit-Investor raten, jetzt physisches Silber zu kaufen.
Ich empfehle neben 5-kg-Silberbarren (19% MSt) wegen der besseren Stückelung und der geringeren Mehrwertsteuer von 7% Silbermünzen. Hier besonders den Wiener Philharmoniker, da diese Münze das geringste Aufgeld von allen Silbermünzen hat. Haben Sie Geduld, betonieren Sie einfach Ihr Silber ein, dann ist es vor kleinen und großen Ganoven sicher bis zum Tag x. Ein vielleicht trivialer aber nachhaltiger Rat. Silber wird bald über alle Maße gebraucht und dabei verbraucht. Der riesige Bedarf ist heute noch nicht abschätzbar.