Die Erklärung des SPD-Politikers und früheren Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement im laufenden Parteiverfahren ist in der SPD mit Erleichterung aufgenommen worden. Johannes Kahrs, Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, nannte Clements Erklärung "richtig, gut und vernünftig".
"Das war ein hervorragender Beitrag", sagte Kahrs am Donnerstag zu SPIEGEL ONLINE. Clement habe damit "das Seinige dazu getan, dass die Bundes-schiedskommission zu einer vernünftigen Entscheidung kommen kann". Der ehemalige Superminister sei genauso ein unverzichtbares Mitglied der SPD wie Andrea Nahles.
Auch die Parteilinke zeigte sich erleichtert. "Natürlich werden Entschuldigungen angenommen, das gehört sich so", sagte SPD-Bundesvorstandsmitglied Her-mann Scheer. Scheer hat für die hessische SPD-Landeschefin Andrea Ypislanti das energiepolitische Programm maßgeblich mitgeschrieben und ist als möglicher hessischer Umweltminister im Gespräch. Ihm gehe es um eine "inhaltliche Diskussion, am liebsten direkt mit ihm", sagte Scheer mit Blick auf Clement.
Er halte nach den jüngster Äußerun-gen des Ex-Bundesministers die inhaltliche Auseinandersetzung mit dessen e-nergiepolitischen Thesen "weiter für notwendig - weil Clement ja an ihnen festhält".
Ralf Stegner, SPD-Landeschef in Schleswig-Holstein, sagte: "Ich begrüße alles, was dazu beiträgt, die innerparteilichen Auseinanderset-zungen rasch zu beenden - auch weil wir uns in Bayern im Wahlkampf gegen die CSU befinden." Das Recht auf freie Meinungsäußerung habe in der SPD jeder. Das Recht, der Partei zu schaden, habe allerdings nie-mand. "Der Aufruf, die Brücken, die gebaut werden, auch zu begehen, hat of-fenbar gefruchtet", sagte Stegner, der ebenfalls zur Parteilinken zählt.
Nun könne die Schiedskommission zu einem vernünftigen Urteil kommen. "Was die Sache angeht: Über die Energiepolitik kann leidenschaftlich gestritten werden", sagte Stegner. "Ich gehe aber davon aus, dass sich die Position der SPD gegen die Atomkraft nicht ändern wird."
Björn Böhning, Sprecher des "Forum demokratische Linke 21" und Leiter des Grundsatz- und Planungsreferats in der Senatskanzlei von Berlin, sagte: "Ich begrüße es, dass Wolfgang Clement sich entschuldigt und sein Fehlverhalten eingeräumt hat". Alle inhaltlichen Äußerungen zur Energiepolitik seien allerdings "eine private Einzelmeinung", so der Sprecher der SPD-Linken. Zum weiteren Verlauf des innerparteilichen Ver-fahrens erklärte der SPD-Politiker:
"Ich glaube, dass das Bundesschiedsgericht auf Basis dieser Erklärung die Entscheidung treffen muss".
Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller, begrüßte ebenfalls die Erklärung Clements. "Er hat zumindest gemerkt, dass eine totale Konfrontation weder ihm noch der SPD hilft", sagte der SPD-Politiker. In der Sache hält es Müller für wichtig, "viel intensiver als bisher über Energiepolitik zu reden, auch wenn Wolfgang Clement in dieser Frage eine Minderheitenposition vertritt".
SPD-Politiker Maas und Stiegler loben Clement
"Außerordentliches Maß an Demut" / Bayerischer Juso-Chef erneuert Kritik:
Die SPD-Politiker Heiko Maas und Ludwig Stiegler haben mit Lob und Erleichterung auf die Entschuldigung des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement bei den hessischen Sozialdemokraten reagiert. Der bayerische Juso-Vorsitzende Thomas Asböck dagegen erneuerte seine Kritik und spricht sich weiter für einen Ausschluss des Ex-Superministers aus.
Der Vorsitzende der Saar-SPD, Heiko Maas, sagte SPIEGEL ONLINE nach den Clement-Äußerungen: "Für die Verhältnisse von Wolfgang Clement war das ein außerordentliches Maß an Demut." Die Voraussetzungen "für eine gütliche Einigung im Parteiordnungsverfahren" seien geschaffen worden. Einen Parteiausschluss halte er nicht mehr erforderlich. "Ich habe auch keine Lust mehr, mich mit dem Blödsinn weiter zu beschäftigen, wir haben wirklich besseres zu tun", sagte Maas.
Bayerns SPD-Vorsitzender Ludwig Stiegler sagte: "In der Bibel steht, dass im Hause des Vaters über einen reuigen Sünder mehr Freude ist denn über 99 Gerechte."
Der bayerische Juso-Vorsitzende Thomas Asböck sagte, Clement habe "diese Aufmerksamkeit nicht mehr verdient". Asböck weiter: "Es wird meines Erachtens der SPD mehr schaden als nützen, Clement in der Partei zu lassen. Der Glaubwürdigkeit der SPD wäre sein Verbleib nicht zuträglich." Der bayerische Juso-Chef hatte am Montag in einem Interview mit SPIEGEL ONLINE den Parteiausschluss des Ex-Wirtschaftsministers und von Ex-Innenminister Otto Schily und Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin gefordert.