Die Schweizer Großbank UBS hat ein milliardenschweres Entschädigungsprogramm für von der Finanzkrise geschädigte Anleger aufgelegt. Demnach wird die Bank spezielle Anleihen, sogenannte "Auction Rate Securities" (ARS), im Volumen von insgesamt 18,6 Milliarden Dollar
zurückkaufen. Einer UBS-Mitteilung vom Freitagabend zufolge entfallen davon 8,3 Milliarden Dollar auf Privatanleger, weitere 10,3 Milliarden Dollar auf institutionelle Investoren.
Ähnlich wie andere Finanzinstitute teilte auch der schweizerische Konzern mit, eine Geldbuße an den bundesstaatliche Behörden zahlen zu müssen. Die Anfang Juli vorgelegte Prognose von UBS habe auch nach der Einigung mit den US-Behörden Bestand.
Der Chefjurist von UBS hat in Anbetracht der Auseinandersetzungen schon vor einer Woche seinen Job freiwillig aufgegeben. Doch das Bankhaus hatte in letzter Sekunde keine andere Wahl, als nachzugeben.
Der Deal kam auf Druck der Börsenaufsicht zustande und ist nicht ganz ungefährlich. Erstens sind die ARS derzeit viel weniger wert. Trotzdem müssen die Banken 100% bieten. Zweitens sind diese Anleihen größtenteils von US-Kommunen emittiert. Und diese können - anders als beispielsweise in Deutschland - Pleite gehen. Das Ausfallrisiko ist also nicht unerheblich, besonders dann, wenn sich eine Rezession durchsetzen sollte.
Im Rahmen der Grundsatzvereinbarung mit der US-Börsenaufsicht SEC und anderen staatlichen- und bundesstaatlichen Regulierungsbehörden wird UBS ARS zu pari vorwiegend von Privatanlegern im Wert von 8,3 Mrd USD zurückkaufen. Diese Rückkäufe will die Bank ab 1. Januar 2009 über einen Zeitraum von zwei Jahren durchführen. Außerdem werde UBS von Institutionellen Anlegern ab Juni 2010 alle verbliebenden ARS zu pari im Wert von 10,3 Mrd USD zurückerwerben.
Im Zusammenhang mit der Einigung werde die schweizerische Großbank eine Geldbuße von 150 Mio USD zahlen. Davon würden 75 Mio USD an den Staat New York fließen. Die restlichen 75 Mio USD zahle UBS an andere Regulierungsbehörden.
Hintergrund:
Was sind Auction-Rate-Securities?
ARS sind Finanzinstrumente mit langer Laufzeit, die jedoch zu kurzfristigen Sätzen verzinst werden. Die Sätze wurden in regelmässigen Abständen – 1 bis 35 Tage – jeweils im Auktionsverfahren neu festgelegt. Wenn die Gebote von Alt- und Neuinvestoren kein Ergebnis brachten, sprangen normalerweise die Bank-Händler ein.
ARS-Bonds waren also Anleihen mit 20 bis 30 Jahren Laufzeit für die über einen "Trick" nur Kurzfristzinsen fällig waren. Damit finanzierten sich hauptsächlich amerikanische Kommunen, welche praktisch nur geldmarktübliche Zinsen zahlen mussten. Auction Rate Securities bildeten bis Februar einen riesigen Markt in den USA, der sehr liquide war.
Bei dem Auktionssystem wurden die Zinsen in kurzen Abständen neu festgelegt. Ausstiegswillige Anleger konnten zu diesen Terminen vor der Krise problemlos verkaufen, weil im Notfall Investmentbanken als Käufer einsprangen - aber nur bis zur Finanzkrise. Die Folge: Verkaufswillige Investoren bleiben seit Februar auf ihren ARS-Bonds sitzen.
Folge aber auch: Bei den wenigen noch verblieben Auktionen mussten die Kommunen bedeutend höhere Zinsen zahlen, was deren Pleiterisiko erhöht. Umgekehrt sind die Vehikel natürlich stark im Kurs gefallen, was die Anleger, die früher gekauft haben, besonders hart trifft. Teilweise sind die Kurse bis zu 20% gefallen. Nun aber sollen die Banken die Papiere zu Pari zurücknehmen. Ein riesiges Verlustgeschäft also.
Der 330 Mrd. $ Markt für Auction Rate Securities ist praktisch tot. Nun tobt ein heftiger Streit zwischen der US-Börsenaufsicht und den großen Investmentbanken des Landes. Die Securities and Exchange Commission will das rund 330 Mrd. $ große Geschäft mit ARS-Anleihen, die lange Zeit vor allem für US-Kommunen eine Geldquelle waren, neu beleben.
Die Banken aber weigern sich, die Kreditpapiere zu handeln. Sie befürchten, womöglich darauf sitzen zu bleiben. Die ARS wurden aber vorher den Kunden als extrem sichere Anlage angepriesen und verkauft. Nun sitzen die Anleger auf ihren Papieren und werden sie nicht mehr los.
Aussage eines Bank-Insiders gegenüber der FTD Deutschland: "Der ARS-Markt wird für lange Zeit tot sein, und das Allerletzte, was wir wollen, ist, dieses Zeug auf unseren Büchern zu halten."
Doch genau das ist jetzt der Fall, weil praktisch alle Banken die Papiere zurückkaufen werden - auf Druck der Börsenaufsicht. Daraus ergibt sich zwingend die Frage: Wer will den US-Kommunen eigentlich in Zukunft Geld besorgen oder arrangieren? Damit dürfte der Bankrott vieler Kommunen und Städte programmiert sein.
Jedenfalls nach den aktuellen Erfahrungen wird keine Bank das Spiel mehr mit spielen und die Kreditnehmer dürften größte Schwierigkeiten haben, an neues Geld heranzukommen.