Eines vorab: Gedenkmünzen (Medaillen) sind als Sammlerobjekte nicht zu empfehlen. Um Ihnen die Problematik näher zu bringen, möchte ich Ihnen eine kleine Geschichte erzählen, wie sie sich wahrscheinlich in Deutschland pro Jahr viele Male abspielt.
Verschleudern Sie Ihre Münzschätze nicht aus Unkenntnis
Und hier die Story: Zu Lebzeiten war Großvater ein eifriger Münzsammler. Seine Münzen verpackte er einzeln säuberlich in Papierbriefchen. Lieblingsenkel Fritz erhielt Opas Münzsammlung als Erbe. Lange Zeit hielt Fritz das Andenken in Ehren. Gelegentlich kramte er in der Schatulle und entfernte die lästigen Papierbriefchen, denn er wollte die Münzen ja direkt betrachten und auch anfassen.
Bei dem Stöbern gerieten einige Gold- und Silbermünzen in Dauerkontakt. Eines Tages verlor Enkel Fritz überraschend seinen vermeintlich sicheren Job. Er erinnerte sich wieder an Opas Münzschatulle – das war sein Rettungsanker. Er öffnete wieder den hinterlassenen Münzschatz. Einige Münzen zeigten rötliche Flecken – eben jene Gold- und Silbermünzen, die er seinerzeit beim Kramen unbeabsichtigt zusammengelegt hatte.
Diese unschönen Male waren entstanden, weil sich, wie eine Batterie, ein elektrochemisches Spannungselement zwischen Gold und Silber gebildet hatte (Elektrokorrosion). Überhaupt sahen einige Münzen matt und unansehnlich aus.
Vorsicht vor unbedachtem Polieren
Lieblingsenkel Fritz beschloss, das Optimum beim Verkauf heraus zu holen und polierte die Münzen mit einem Silbertuch auf Hochglanz. Schließlich wollte er möglichst schnell viel Geld bei seiner Bank dafür erzielen. Damit begann Fritz einen weiteren Kardinalfehler. Opa würde sich im Grab umdrehen, hätte er es gewusst: Denn Münzen verlieren durch derartige „Reinigungsvergewaltigung“ brutal an Wert, oft mehr als 100% auf den möglich erzielbaren Preis.
Mit dem „schnell zu Geld kommen“ war es auch nichts, denn seine Bank bat sich zwei Wochen „Bedenkzeit“ aus, man müsse erst einmal in Frankfurt in der Goldkasse alles auf Echtheit prüfen. Endlich kam es zu einer Aussage. Die Bank bot ihm für alles 50.000 Euro. Ein hübsches Sümmchen zum Überleben dachte Fritz, doch er war clever.
Bei einem An- und Verkäufer am Bahnhof holte er sicherheitshalber ein weiteres Angebot ein. Das Gebot lag bei mageren 42.000 Euro, angereichert mit der Erklärung, dass er sich im Grunde nur um Einschmelzware handle, also galt: aktueller Goldwert nach Londoner Fixing minus Schmelzkosten. Damit schloss sich der Kreis. Reumütig ging Enkel Fritz zu seiner Bank zurück und verkaufte seinen Erbschatz schließlich für nur 49.000 Euro. Man erklärte ihm, dass ja inzwischen der Goldpreis wieder gefallen sei.
So funktioniert das lukrative Münz-Recycling
Nun, wie erklärt sich die Diskrepanz zwischen dem Bankpreis und dem Händlerpreis? Der Ankäufer wird bewusst zu seinem Nutzen keine Bewertung durchführen, vielfach fehlt es ihm einfach an numismatischem Sachverstand; für ihn ist nur der reine Goldwert entscheidend. Und, freiwillig zahlt ein Kreditinstitut keinen Euro mehr.
Die einstigen Bankangestellten mit numismastischen Kenntnissen sind längst „entsorgt“, so wie man sich auch aus diesem kostenaufwendigen Spezialgebiet zurückgezogen hat. Einzige Ansprechpartner der Banken in Sachen Numismatik sind einige Münzgroßhändler, die für ein paar Euro mehr, die das numismatische Münzgut der Banken im großen Stil „abfischen“ wie heißhungrige Piranhas.
Diese Ankäufer der Szene leiten das Münzgut teils mit unvorstellbaren Gewinnmargen auch in die USA an Auktionshäuser weiter. Einem unbedarften Verkäufer wäre also anzuraten, sich in einer internationalen Münzbörse in München, Berlin oder Dortmund kundig zu machen und seine guten Stücke dann in eine Auktion zu geben.
Die Keltenschüssel, „geschöpft“ aus dem Gold der Isar Die Story von Großvaters Schatulle wäre nur unvollständig erzählt, ohne die Erwähnung jenes merkwürdigen Gebildes: Es glich kaum einer Münze, eher einem verbogenen Goldnugget.
In der Numismatik ist das Prachtstück als Stater bekannt. Sein Sammlerwert entspricht dem Mehrfachen seines Feingoldgewichtes. Diese auch als Regenbogentropfen bekannten Goldklumpen waren Kultsymbole der Kelten, einem Volk, dass sich einer exzellenten Gold- und Waffenschmiedekunst rühmen konnte.
Das aus Isar und Donau geschöpfte Gold schmolzen und prägten sie in Schüsselform. Übrigens wurde seinerzeit im Allgäu ein ganzes Konglomerat an Statern und Goldmünzen ausgegraben. Die Römer, mit denen die Kelten Handel trieben, sahen in diesen Kultgegenständen lediglich den monetären Geldwert, der nur zum Einschmelzen taugte – genau wie die Spanier im Mittelalter mit dem Inkaschatz verfuhren oder die heutigen dümmlichen Kulturbanausen, die wertvolles Kulturgut einschmelzen.
Seltenheit und Erhaltungszustand bestimmen den Wert Nicht das Münzmetall, wie Gold, Silber oder Kupfer, prägt den Wert einer Münze, vielmehr sind es die Seltenheit und der Erhaltungszustand die den Wert bestimmen.
Eine altrömische bronzene Sesterze, bedeckt von feiner Alterspatina, kann durchaus 10.000 Euro erbringen. Selbst neuzeitliche Umlaufmünzen wie das 5-DM-Stück mit geringer Auflage von 1958 J (Münze Hamburg) – bester Erhaltungszustand vorausgesetzt – erzielen aufgrund der Seltenheit Preise von 2.500 Euro. Die Blaue Mauritius aber unter den Münzen ist das legendäre 20-Dollar-Stück von 1933. Eine einzige „geschmuggelte“ Münze ist von der ursprünglichen Auflage übrig geblieben und gelangte im Besitz des Scheichs von Katar.
Das Unikat wurde für etwa 7 Millionen US-D versteigert. Bei einem Feingewicht der Münze von 30 Gramm erbrachte damit die Auktion das 22.000fache ihres Goldwertes. Durch „Verprägungen“ einiger Münzen aus einer hohen Auflage, kann eine ungewollte Seltenheit entstehen. Beispiel: ein bestimmtes 50-Pfenning-Stück, wofür man heute in gutem Erhaltungszustand 450 Euro zahlt. Für die berüchtigten Schinderlinge des Mittelalters (Billon-Münzen) ist ihre heutige Seltenheit ausschlaggebend, auch wenn sie zum damaligen Zeitpunkt glatter Betrug waren. Mit minderwertigen Münzlegierungen (mehr Kupfer, weniger Gold) betrogen die Landesfürsten ihr Volk skrupellos.
Durch einen schlechten Erhaltungszustand kann eine Münze dramatisch im Preis verlieren. Dazu zählen sogenannte gehenkelte Münzen. Ebenso Münzen, deren Randstruktur durch das Fassen beschädigt sind, wie auch Münzen mit Gebrauchsspuren oder Manipulationsmale aller Art. Beschädigungen, die durch das Herstellungsverfahren verursacht sind, toleriert man, etwa „Hitzepickel“ oder die durch das „Justieren“ bedingten Feilspuren.
Vorsicht vor Münzfälschungen
Klar, ein derartiges Wertkonzentrat als Anlagemedium weckte allzeit immer Begehrlichkeiten. Ein Kenner der Materie hat einen 7. Sinn für Ungereimtheiten entwickelt. Ob eine Münze gegossen oder gewalzt ist, verrät ihm der Klang beim Antippen mit dem Finger. Merkmale des sogenannten Doppelschlags, die Farbe, bestimmte Walzstrukturen und Abnützungserscheinungen verraten dem Experten Echtheit und Vita der Münze.
Auch Nachprägungen können wertvoll sein
Beispiel: Die offizielle Nachprägungen des österreichischen 4-Dukaten-Stücks von 1915. In den 50er Jahren prägte ein Privatmann, nämlich ein Zahnarzt, die Münze des Kaiserreich nach. Im strengen Sinn war das eine Fälschung, aber aufgrund der Seltenheit ist man selbst dafür bereit, heute einen beachtlichen Sammlerwert zu akzeptieren.
Münzen aus China und Polen sind gefragt
Durch die Öffnung Chinas ist seit fünf Jahren ein Nachfrageboom nach chinesischen Münzen entstanden. Man könnte von einem Neuen Markt sprechen, auch mit den temporären Überbewertungen. Ähnliches gab und gibt es bei Münzen aus den Ostblockstaaten und den Neuen Ländern. Die Nachfrage, vor allem nach polnischen Münzen in New York ist gierig, da sie selten und deshalb teuer sind. Silbermünzen aus Polen erzielen hier nicht selten Preise von über 5.000 Dollar.
Wo Sie sich Wissen aneignen können
Der numismatisch interessierte Neuling sollte sich zunächst durch das Studium einschlägiger Literatur, durch Münzkataloge und durch Besuche von Münzbörsen im Trockenkurs kundig machen. Irgendwann entwickelt er ein gewisses Gespür für die Materie und entdeckt sein spezielles Sammlergebiet. Auf dem Wege dahin lernt er, dass etwa ein Krügerrand nicht gleich einem Krügerrand ist. Für einen Krüger von 1968 (20.000 Stück Auflage) sind Sammler bereit, 20% Aufschlag zu zahlen.
Selbst durch wohlfeile Lockangebote dubioser Münzkontore darf sich der Sammler nicht in die Irre führen lassen. Diese privaten Unternehmen geben sich einen seriösen, staatlichen Anstrich; sie pflegen eine aggressive Werbung mit extremen Versprechen an Preissteigerungsraten der Münzen. Durch Zertifikate auf Hochglanzpapier erweckt man durch zweideutige Begriffe wie 24-karätige Feingoldauflage den Eindruck, dass eine Silbermünze zur Goldmünze mutiert wäre. Diese schwarzen Schafe wollen nur eins: zunächst ihre Adresse, später nur Ihr Bestes – nämlich Ihre Geld.