Die Astrologie ist eine der ältesten Wissenschaften, nämlich die Lehre von den Ur-Prinzipien, die durch Anwendung des Analogie-Prinzips eine exakte, präzise Erkenntnis des Selbst und der Wirklichkeit ermöglicht. »Astrologie« hat nichts mit „Einflüssen“ irgendwelcher Himmelskörper auf den Menschen zu tun, ist also kein Aberglaube, sondern liefert Informationen über den qualitativen Status Quo zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort. Sie ist ein „System zur Abbildung der Wirklichkeit“.
von Norbert Knobloch
Die Astrologie hat ihren Ursprung in den frühen Hochkulturen Indiens, Mesopotamiens und Ägyptens. Dort war sie, verbunden mit einem Astralkult, die Kunst, aus den Bahnen der Sonne, des Mondes und der sichtbaren Planeten, ihren Positionen zueinander und innerhalb des jeweiligen Tierkreises den vermeintlichen „Willen der Götter“ zu erkunden. Von Mesopotamien und Indien aus gelangte die Astrologie über Persien in das hellenistische Griechenland und schließlich nach Rom. Die muslimischen Araber bewahrten und überlieferten sie den christlichen Europäern. Wegen ihrer Herkunft aus den heidnischen Kulturen wurde die Astrologie von der Römisch-Katholischen Kirche geächtet und zeitweise sogar verboten. Diese arrogante und bornierte, ignorante, intolerante und intrigante Haltung hat die moderne Schul-„Wissenschaft“ blind übernommen und bis heute nicht abgelegt.
Die Kardinal-Fehler der Schul-„Wissenschaft“
Die moderne Schul-„Wissenschaft“ erforscht die sinnlich erfaßbare Außenwelt. Diese Außenwelt tritt unseren körperlichen Sinnen als physische, materielle Objekte entgegen. Dementsprechend hat die Schul-„Wissenschaft“ ihre Mittel und Methoden den Bedingungen der stofflichen Materie angepaßt – das ist soweit legitim und richtig. Doch es ist nur solange richtig, wie sie auch nur versucht, die stoffliche Materie zu erforschen. Auch die gefundenen Ergebnisse und gewonnenen Erkenntnisse gelten (bestenfalls) nur innerhalb der Materie.
An diesem Punkt stoßen wir jedoch auf die beiden Kardinal-Fehler der Schul-„Wissenschaft“, die uns berechtigen, ihr ihren anmaßenden Alleinvertretungs-Anspruch abzusprechen:
1. Die Methoden und Mittel der Schul-„Wissenschaft“ sind bewußt abgestimmt auf die Erfordernisse, die sinnlich erfahrbare, stoffliche Materie zu erforschen. Doch diese Mittel und Methoden werden von ihr heute unlogischerweise und unzulässigerweise übertragen und angewendet auf Bereiche, die gar nichts mit Materie zu tun haben. Auf diesen Gebieten muß die Schul-„Wissenschaft“ dann natürlich zwangsläufig scheitern.
2. Die Schul-„Wissenschaftler“ schließen aus der sich aus Punkt 1, Satz 1, ergebenden Tatsache (nämlich, daß man mit ihren Mitteln und Methoden nur mit Materie umgehen und nur diese messen, ja überhaupt wahrnehmen kann), daß es außer der bisher bekannten Materie nichts anderes geben könne. Das ist falsch und obendrein unsinnig, lächerlich und peinlich – eben borniert, ignorant und arrogant.
Diese beiden Fehler müssen also erst einmal erkannt und eingestanden und dann korrigiert werden, bevor sich die Schul-„Wissenschaft“ anderen Betätigungen als der Erforschung des Stofflichen zuwenden sowie Aussagen und Urteile über andere Wissenschaften erlauben kann (und darf). Die Beschränktheit und Begrenztheit der schul-„wissenschaftlichen“ Mittel und Methoden müssen erst überwunden und erweitert werden, um dann dem nicht materiellen Bereich mit nun adaequaten (angemessenen / geeigneten) Mitteln und Methoden zu begegnen.
Hermetische Philosophie oder Hermetische Wissenschaft
Die adaequate Methode für den immateriellen Bereich der Wirklichkeit ist das sog. „senkrechte“ oder „vertikale“, d. h. analoge und symbolische Denken der Esoterik im Gegensatz zum „waagerechten“ oder „horizontalen“, d. h. kausalen und mechanistischen Denken der Schul-„Wissenschaft“. Die Esoterik allgemein und die Astrologie insbesondere denken prinzipiell „senkrecht“ – gemäß dem esoterischen Axiom „Wie oben, so unten“. Dieses Analogie-Gesetz ist eines der von dem altägyptischen Eingeweihten Hermes Trismegistos auf der Tabula Smaragdina festgehaltenen universellen / kosmischen Gesetze. (Andere Gesetze sind z. B. das Resonanz-Gesetz und das Polaritäts-Gesetz.) Nach Hermes Trismegistos wird die Esoterik als „Hermetische Philosophie“ oder „Hermetische Wissenschaft“ bezeichnet.
Diese Gesetze, deren Realität und Wirksamkeit mehr und mehr Schul-„Wissenschaftler“ anerkennen (müssen), lassen nur eine logische Schlußfolgerung zu: die Welt ist nicht Chaos (Unordnung), sondern das Gegenteil, also Kosmos (Ordnung). Eine Ordnung nämlich unterliegt Gesetzen und funktioniert nur gesetzmäßig; „Zufall“ im umgangssprachlichen Sinn gibt es in ihr nicht. Natürlich ist im eigentlichen, wörtlichen Sinn alles Zu-Fall – nämlich das, was jemandem nach einer Gesetzmäßigkeit zu-fällt. (Ein Beispiel: Die Stochastiker glaubten früher naiver- und irrigerweise, daß die Zahlen beim Werfen eines Würfels „zufällig“ fielen. Würfelt man jedoch lange genug, so ergibt die Menge aller gefallenen Zahlen eine gesetzmäßige Kurve, die sog. Gauß´sche Glockenkurve oder auch Normalverteilung!)
Der Mensch ist in seiner sinnlichen Wahrnehmung und vorstellenden Erkenntnis auf eine mittlere Größenordnung angewiesen; alles, was darunter oder darüber liegt, also kleiner oder größer, langsamer oder schneller usw. ist, ist ihm, wenn überhaupt, nur noch mit technischen, also künstlichen Hilfsmitteln (z. B. Mikroskop / Fernrohr, Zeitlupe / Zeitraffer) zugänglich. Er kann nur einen winzig kleinen Ausschnitt der gesamten Wirklichkeit wahrnehmen (Infrarot und Ultraviolett sowie »Dunkle Materie« z. B. nicht). »Ewigkeit« und »Unendlichkeit« kann er sich nicht vorstellen. Hier hilft das Analogie-Gesetz: Es ermöglicht, Erkenntnisse einer uns direkt zugänglichen Ebene auf eine uns nicht direkt zugängliche Ebene zu übertragen. (Der große Universal-Gelehrte Paracelsus bezeichnete daher den Menschen als „Mikrokosmos“ und stellte ihn der Welt als „Makrokosmos“ gegenüber und diesem gleich. Das ist auch mit der Aussage gemeint, daß Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf [1. Mosis 1 : 26, 27]. Und deshalb stand am Tempel zu Delphi, in dem die Seherin Pythia in Trance und Ekstase den Willen des Gottes Apollon verkündete: „Erkenne dich selber, damit du Gott erkennst.“)
Die Wissenschaft von der Matrix
Die Astrologie nun ist die wohl bekannteste, aber gleichwohl eine total unverstandene esoterische Erkenntnis-Disziplin der hermetischen Wissenschaft. (Andere Disziplinen sind z. B. Tarot und I Ging) Die Vorstellungen der meisten Laien über Astrologie sind völlig falsch, was zu Vorurteilen führt und einem Verständnis natürlich im Wege steht. Dem unsäglichen „Zeitgeist“ folgend, versuchen zudem immer mehr „moderne“ (Pseudo-) „Astrologen“, die klassische Astrologie von ihrem esoterischen Ursprung zu lösen und dem analytischen und funktionalen, kausalen und mechanistischen Denkstil der modernen (Pseudo-) Schul-„Wissenschaft“ anzupassen – um sich bei den Schul-„Wissenschaftlern“ anzubiedern und geduldet zu werden. Durch diesen kontra-produktiven Prozeß ist die Astrologie zu einer profanen Technik degradiert und auf eine simple Mechanik reduziert worden. Die originale Astrologie ist von ihrem Wesen und ihrem Prinzip her aber eben esoterisch und hermetisch.
Materie, also Stoffliches, braucht immer Information, um gestaltet zu werden. Die dafür nötigen Daten können nur immateriell und müssen zeitlich früher als das Ergebnis, die gestaltete Materie, sein: Die Ursache muß der Wirkung vorausgehen. In der stofflichen Welt finden ständig Gestaltungs-Prozesse, Informations-Prozesse, also En-Grammierungen statt. Dafür müßten aber eigentlich Baupläne, Blaupausen, Vor-Schriften, also „Pro-Gramme“, vorhanden sein – andernfalls wäre alles willkürlich und ergäbe Chaos. Diese Programme gibt es tatsächlich. Der altgriechische Philosoph Platon nannte diese Programme „Ideen“. (Am Beispiel eines Künstlers sei veranschaulicht: Nicht das Werk schafft die Idee, sondern die Idee manifestiert sich als und im Werk. Die Idee geht der Schöpfung immer voraus: „Im Anfang war das Wort.“ [Neues Testament, Das Evangelium nach Johannes, Kap. 1, Vers 1])
„Ideen“ im Sinne Platons sind absolute (ewige), ideelle „Vor-Bilder“ oder „Ur-Bilder“, nach denen die Dinge oder Gegenstände der stofflichen, sinnlich erfahrbaren Welt geformt sind. Ein anderes Wort dafür ist „Prinzip“. Schon vor Jahrtausenden haben gelehrte und weise Menschen herausgefunden, daß zu allen (immateriellen) Ur-Prinzipien auf jeder Ebene der Wirklichkeit jeweils ein bestimmter (materieller) Repräsentant existiert. Das ergibt eine Matrix, bestehend aus unendlich vielen „horizontalen“ / „waagerechten“ Ebenen der sinnlichen Erscheinungsformen der materiellen Wirklichkeit, die „vertikal“ / „senkrecht“ durchzogen werden von unendlich vielen immateriellen Ur-Ideen oder ideellen Ur-Prinzipien.
(Das ist natürlich nur ein schematisches Modell, das der Veranschaulichung dient. Das periodische System der Elemente in der naturwissenschaftlichen Chemie ist ebenfalls ein solches Modell und beruht auf demselben Prinzip. Ein solches System ermöglicht es, die unendliche Vielfalt der Erscheinungsformen anhand ihrer Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf einige wenige Qualitäten zu reduzieren. Die Schul-„Wissenschaft“ kennt und anerkennt nur einige der horizontalen Ebenen: die der meßbaren stofflichen Materie; sie ist also extrem beschränkt. Die esoterische / hermetische Wissenschaft befaßt sich mit der gesamten Matrix.)
Dieses Modell einer Matrix läßt viele Schlußfolgerungen zu: Sollte sich etwa aus irgendeinem Grund eine der Ur-Ideen ändern, so müßte diese Änderung gleichzeitig an allen ihren Repräsentanten auf allen Ebenen der Wirklichkeit analog deutlich werden. Ebenso müßte sich jede Interaktion der Ur-Prinzipien auf allen Ebenen der Wirklichkeit analog auswirken, sichtbar wieder an ihren jeweiligen Repräsentanten. Umgekehrt müßte es auch möglich sein, von der Beobachtung der Repräsentanten auf einer beliebigen Ebene Rückschlüsse auf alle anderen Ebenen sowie auf die uns nicht direkt zugänglichen Ur-Ideen oder Ur-Prinzipien zu ziehen. Das ist in der Tat nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis möglich.
Der Himmel als beste Beobachtungs-Ebene
Voraussetzung ist die genaue Kenntnis der Matrix und die Fähigkeit, konkrete Beobachtungen auf einer Ebene mit Hilfe des Analogieschlusses korrekt auf eine andere Ebene zu übertragen. Grundsätzlich ist es völlig gleichgültig, welche Ebene ich für meine Beobachtungen wähle und auf welche Ebene ich das Ergebnis übertrage. So versuchten beispielsweise die antiken römischen Auguren, aus dem Vogelflug, dem Freßverhalten oder den Eingeweiden der Opfertiere Erkenntnisse zu gewinnen. Auch das Handlesen (Chiromantie) und das Kartenlegen (Tarot) waren und sind solche Techniken. Rudimentäre Reste sind das Lesen im Kaffeesatz und das Bleigießen an Silvester. Weil diese Reste nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zusam-menhang stehen, und weil der ursprüngliche Sinn nicht mehr bewußt ist und die Techniken nicht mehr beherrscht werden, handelt es sich dabei allerdings nur noch um Aberglauben.
In der Praxis aber eignen sich nicht alle Ebenen gleich gut für die menschliche Beobachtung. Als besonders gut geeignet hat sich in jahrtausendlanger Praxis der Sternenhimmel erwiesen. Die Ebene des Himmels ist deutlich geschieden von anderen Ebenen, sehr gut beobachtbar und mathematisch exakt berechenbar. Diese mathematische Berechenbarkeit macht zudem ohne Beobachtung eine zutreffende Interpolation in Vergangenheit und Zukunft möglich.
Da der Himmel genau so eine Wirklichkeits-Ebene wie alle anderen ist, müssen auch in ihm materielle Repräsentanten für alle ideellen Ur-Prinzipien zu finden sein. Die einzigen physischen Körper am Himmel sind die Sterne und Planeten mit ihren Trabanten (Monden). Deshalb ordnete man nach gewissen, logischen Kriterien sieben geeigneten Himmelskörpern bestimmte Prinzipien zu und gab ihnen entsprechende Namen und Symbole. Auswahl, Anzahl, Namen und Symbole sind nicht willkürlich, sondern haben gute Gründe und tiefe Bedeutungen. (Die Behauptung, es wären nur fünf bzw. sechs Planeten bekannt gewesen, ist falsch; die Sumerer kannten alle neun Planeten, wie die Darstellung auf einem Rollsiegel beweist. Die Ägypter und Inder wußten es von den Sumerern. – Die Zahl »7« ist u. a. auch im Spektrum der Farben und im Regenbogen vorhanden; daher sieben Schöpfungstage, sieben Wochentage usw. Selbst die Heilige Schrift, die Bibel, ist nach der Zahl »7« aufgebaut.)
Es wurden also sieben Ur-Prinzipien mit den uns heute bekannten Namen der betreffenden Himmelkörper bezeichnet und als Gottheiten personifiziert. (Erst danach ordnete man diesen Gottheiten jeweils einen der physischen Himmelkörper als Attribut zu, der dann den gleichen Namen bekam. Es verlief also in genau der umgekehrten Reihenfolge wie heute behauptet.) Noch bei den antiken Griechen und Römern finden sich die sieben Ur-Prinzipien als „Götter“; die Definitionen der Prinzipien wurden als Eigenschaften der Götter beschrieben. Und das „Opfern“ bedeutete eigentlich und ursprünglich, ein spezielles Ur-Prinzip als Entwicklungs-und Lernschritt in das eigene Bewußtsein zu integrieren. So war der antike Pantheon („Götter -Himmel“) ein ähnliches tiefenpsychologisches Abbildungs-System wie die Astrologie (s. u.).
»Astrologie« als Wissenschaft von den Ur-Prinzipien
Die uralte Wissenschaft, die sich mit den sieben Ur-Prinzipien befaßt und deren Auswirkungen auf die verschiedenen Ebenen der physischen Wirklichkeit untersucht, wird als »Astrologie« bezeichnet. Die Astrologie ist die Lehre von den Ur-Prinzipien – nicht von den Sternen! (Die Lehre von den Sternen ist die »Astronomie«, die ebenfalls schon von den prae-antiken Hochkulturen betrieben wurde.) »Astrologie« ist also nicht der Aberglaube an die Beeinflussung des Menschen durch die „Sterne“! Die Astrologie ist vielmehr ein System zur Abbildung der Wirklichkeit! (So, wie die Physik anhand von Symbolen versucht, die Wirklichkeit der Natur abzubilden, ohne z. B. zu behaupten, mit ihren Formeln die Schwerkraft zu beeinflussen.) Der polemische, aber unbegründete und unberechtigte Vorwurf der Schul-„Wissenschaftler“ gegenüber den Astrologen, es gebe ja gar keinen Einfluß, gar keine Auswirkungen der Himmelskörper auf den Menschen und auf die Erde (die Schwerkraft ist hier nicht gemeint), geht also voll daneben und ins Leere und zeigt vielmehr nur an, daß die Schul-„Wissenschaftler“ überhaupt nicht verstanden haben, worum es eigentlich geht.
Die Astrologie befaßt sich mit den sieben archetypischen Ur-Prinzipien, die auf der ideellen Ebene der Ideen die Ur-Bausteine darstellen, aus denen die physische Wirklichkeit in all ihren Erscheinungsformen zusammengesetzt ist. Diese Ur-Prinzipien durchziehen „senkrecht“ alle „waagerechten“ Ebenen der Erscheinungsformen. So entstehen Analogie-Ketten, deren einzelne Glieder zwar verschiedenen Ebenen angehören, aber jeweils ein- u. dasselbe Prinzip repräsentieren. Die Beobachtung einer beliebigen Ebene läßt sich aufgrund des Analogie-Gesetzes auf jede andere Ebene übertragen. Die Bezugsebene der Astrologie ist der Himmel.
Die Ur-Prinzipien der Astrologie heißen „Sonne“, „Mond“, „Venus“, „Merkur“, „Mars“, „Jupiter“ und „Saturn“. Sie werden durch Symbole dargestellt. Die physischen Himmelskörper gleichen Namens sind lediglich Repräsentanten dieser sieben Ur-Prinzipien. Es gibt keine kausalen (ursächlichen) Wirkzusammenhänge zwischen den physischen Himmelskörpern und den verschiedenen Ebenen der Wirklichkeit. (In neuerer Zeit arbeitet man teilweise noch mit drei weiteren Prinzipien, nämlich mit „Neptun“, „Uranus“ und „Pluto“; doch ist dies nicht zwingend notwendig, vielmehr wahrscheinlich sogar falsch, da das System der originalen Astrologie in sich geschlossen und logisch ist, und weil die ursprüngliche Symbolik sich für eine genaue Erkenntnisarbeit als perfekt erwiesen hat.)
Die Astrologie als Verfahren des Messens und Anzeigens
Die Astrologie ist ein wissenschaftliches Verfahren des Messens und Anzeigens, das mittels des Horoskopes als Meßinstrument mit beliebiger, d. h. unendlicher Genauigkeit auf einer bestimmten Ebene der Wirklichkeit, nämlich am sichtbaren Himmel, etwas mißt und anzeigt, ohne es zu erzeugen oder zu beeinflussen – so, wie ein Thermometer die Temperatur mißt und anzeigt, ohne sie zu erzeugen oder zu beeinflussen. Das Gemessene und Angezeigte befindet sich in diesem Fall am Himmel, kann aber ohne weiteres auf die Erde übertragen werden – so, wie an einer beleuchteten Kirchturmuhr nachts im Dunkeln die Zeit abgelesen werden kann, was an einer unbeleuchteten Taschenuhr zu diesem Zeitpunkt nicht möglich wäre. Beide Uhren zeigen dieselbe Zeit an, ohne jedoch sich gegenseitig zu beeinflussen. (Es wird hier selbstverständlich vorausgesetzt, daß beide Uhren aufgezogen sind und richtig gehen.) Es handelt sich also um einen Parallelismus oder um eine Analogie der verschiedenen Ebenen der Wirklichkeit und eine Übertragung eines Meßergebnisses von einer Ebene auf die andere.
Was wird denn nun eigentlich gemessen? Es wird die Qualität der Zeit gemessen. Eine Uhr mißt die Quantität der Zeit. »Zeit« besitzt aber nicht nur Quantität (Dauer), sondern auch Qualität (svw. Wert). Nach dem Polaritäts-Gesetz muß es zum quantitativen Aspekt der Zeit (griech.: chrónos) als Ergänzung noch einen qualitativen Aspekt (griech.: kairós) geben. Diese Zeit-Qualität hat nichts mit der Dauer zu tun, sondern besagt, daß jeder Zeitpunkt und jeder Zeitabschnitt (eine Sekunde, eine Stunde, ein Tag, eine Woche, ein Monat, ein Jahr usw.) eine bestimmte Qualität besitzen, die mit bestimmten Ereignissen korreliert. Anders ausgedrückt: Zu jedem Zeitpunkt und während jedes Zeitabschnittes können sich nur solche Ereignisse optimal verwirklichen, deren Qualität der jeweiligen Zeit-Qualität entspricht.
»Zeit« muß demnach einer latenten Möglichkeit (griech.: dýnamis; lat.: poténtia) eine „Öffnung“ bieten, damit diese in die Wirklichkeit treten, sich manifestieren und aktualisieren kann. Das, was in dem Prozeß der Verwirklichung (griech. enérgeia; lat.: áctus) dann Wirklichkeit (griech.: pragmatikóteta) oder Aktualität (lat.: actuálitas) erlangt, heißt das Reale oder die Realität (lat.: reálitas). Das Gegenteil ist das Ideelle (griech.: idéa) – die Idee!
(Bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern können bestimmte kognitive und motorische Fähigkeiten nur während bestimmter Entwicklungs-Stadien oder -Phasen optimal erlernt werden; die Wissenschaft spricht z. B. von „Zeitfenstern“ für das Erlernen der Fähigkeiten des Laufens, Sprechens u. a. Die jeweilige Anlage ist latent vorhanden; kann sie sich nicht zur rechten Zeit entfalten und entwickeln [aktualisieren / verwirklichen], so wird der betreffende Mensch nie mehr die optimale Fähigkeit erlangen. Das ist ein Beleg für die »Zeit-Qualität«.)
Das Horoskop als Instrument des Messens und Anzeigens
Die Qualität der Zeit ist ein weiteres kosmisches Gesetz, um das man früher noch wußte. Jedes Unternehmen entwickelt sich gemäß der Zeitqualität, unter der es begonnen worden ist. Will man also Erfolg sicherstellen, muß man den richtigen Zeitpunkt oder Zeitabschnitt wissen. In alten Zeiten und alten Kulturen gehörte es zu den Aufgaben der Magier, Priester oder Schamanen, die Qualität der Zeit zu ermitteln. Sie „blickten“ zu diesem Zweck „in die Stunde“. Nichts anderes bedeutet nämlich der Begriff „Horoskop“: er setzt sich aus den beiden altgriechischen Wörtern hora: die Stunde und skopéin: blicken zusammen.
Ein Horoskop nun ist nichts anderes als eine Momentaufnahme des Himmels zu einem bestimmten Zeitpunkt im Verhältnis zu einem bestimmten Standpunkt. Anders ausgedrückt: Ein Horoskop ist die graphische Darstellung der Himmels-Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt, bezogen auf einen bestimmten Ort (und meist auf eine bestimmte Person). Ein Horoskop ist also eine mathematische Ort- / Zeit-Graphik oder Ort- / Zeit-Gleichung. Die korrekte Auflösung dieser mathematischen Gleichung (die richtige Deutung des Horoskopes) zeigt als Ergebnis die jeweilige Qualität der Zeit zu dem betreffenden Zeitpunkt an dem betreffenden Ort an. Das heißt, das Horoskop ist ein Meßinstrument, das auf die Erfassung der Zeit-Qualität geeicht ist; es funktioniert mit beliebiger, d. h. unendlicher Genauigkeit.
Das individuelle Geburts-Horoskop zeigt das Karma des Menschen an: das Leben des Menschen ist lediglich die „Vergrößerung“ seiner eigenen Geburt. Der Mensch trägt soz. sein „Horoskop“ in jeder einzelnen Zelle, denn das Ganze ist immer und überall auch in jedem Einzelnen wiederzufinden (Nur deswegen funktionieren Astrologie und Akupunktur!). Es ist immer alles in allem: Jeder Anfang (Geburt) trägt das Ende (Tod) in sich und umgekehrt. In jedem Samen ist die Frucht angelegt, und in jeder Frucht der Same. Das Größte findet sich im Kleinsten und umgekehrt: Makrokosmos <=> Mikrokosmos: Der Kosmos / das Universum ist ein Hologramm – Alles ist in Allem. So heißt es in der Apokalypse von Gott (dem Ursprung): „Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.“ (Neues Testament, Die Offenbarung Jesu an Johannes, Kap. 22, Vers 13; s. auch 1:8 u. 21:6)
Astrologie – Wissenschaft und Einweihungsweg
Zu Recht nannte man bis ins Mittelalter die Astrologie die „Königliche Wissenschaft“. Nicht von ungefähr verfaßte der große Wissenschaftler (Mathematiker, Physiker, Astronom und Astrologe) Johannes Kepler ein Buch mit dem bezeichnenden Titel „Warnung an die Gegner der Astrologie“. Und mit gutem Grund und mit Recht bezeichnete der große Gelehrte Paracelsus, selber Arzt, jeden Arzt, der nicht der Astrologie kundig sei, als einen „Scharlatan“ und „Kurpfuscher“. (Bezeichnend: heute wird der Astrologe als angeblicher „Scharlatan“ verunglimpft; es ist auch hier – wie heute immer und überall – alles auf den Kopf gestellt und ins Gegenteil verkehrt worden.) Arthur Schult, einer der größten Astrologen, nannte sein heute noch unerreichtes Standardwerk über die Astrologie in Anlehnung an die Philosophie „Astrosophie. Kosmische Signaturenlehre des Menschenbildes“
Die klassische Astrologie ist also eine Wissenschaft und zugleich ein Einweihungsweg, der über die Selbst-Erkenntnis, die Natur-Erkenntnis und die Welt-Erkenntnis zur Geist- oder Gott-Erkenntnis führt. (Mit „Gott“ ist keine Person, sondern der Ursprung, die Quelle, der Urgrund, das Wesen allen Seins gemeint.) »Astrologie« ist nichts anderes als eine Technik (Verfahren), ein Instrument (Werkzeug), ein Medium (vermittelndes Moment) und ein Vehikel (transportierendes Moment) für die spirituelle Entwicklung des Menschen, und zwar eine unfehlbare – wenn man ihr Prinzip verstanden hat und ihre Anwendung beherrscht…
„Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
Bist alsobald und fort und fort gediehen
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So mußt du sein, du kannst dir nicht entfliehen,
So sagten schon Sybillen, so Propheten,
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.“
(Johann Wolfgang [von] Goethe [1749 - 1832], Orphische Urworte)