Nicht nur die Herabstufung vieler Euro-Länder ist bedrohlich, sondern vor allem der Ausblick. - Der Euro ist heute auf ein 11-Jahrestief gegen die japanische Währung gefallen. Auch gegen viele Währungen der Dritten Welt wertet der Euro in den letzten Monaten dramatisch ab. - Nach Downgrade: Frankreich stellt sich stur. "Keine weiteren Sparanstrengungen notwendig." / Probleme bei Banken und Versicherungen programmiert.
von Michael Mross
Der Euro verliert weiter dramatisch an Wert. Dies zeigt sich nicht so sehr im Verhältnis Euro / Dollar sondern insbesondere an anderen Währungspaaren. Am Montag notierte der Euro beispielsweise gegen YEN auf einem 11-Jahrestief. Doch nicht nur gegen die japanische Währung stürzt der Euro ab. Seit etwa einem Jahr entwertet sich die Gemeinschaftswährung auch gegen Schwellen- und Drittweltländer.
So verlor der Euro gegen viele Währungen Asiens teils über 10% an Wert. Die Gemeinschaftswährung schmiert nicht nur gegen die indische Rupie ab (Verlust in 2 Monaten: 5%) sondern auch gegen die indonesische Rupiah, dem philippinischen Peso oder dem malaysischen Ringgit (Verlust in 3 Monaten: 10%).
Der S&P Rating-Hammer
Bald nur noch Deutschland AAA? Die Rating-Agentur S&P hat nicht nur zahlreiche Länder herabgestuft, sondern auch den Ausblick auf "negativ" gesenkt. Das bedeutet, dass demnächst auch die wenigen, noch verbliebenen AAA Kandidaten (wie Finnland) herabgestuft werden könnten. Außerdem deuten die Bonitätswächter an, dass die derzeitigen Bonitätsbewertungen bei den Wackelkandidaten keineswegs stabil sind, sondern in den meisten Fällen noch weitere Abstufungen drohen - wie zum Beispiel Frankreich.
Das Rating-Desaster im Überblick:
Land Abstufung / Ausblick Altes Rating
To FromAustria AA+/Negative AAABelgium AA/Negative AACyprus BB+/Negative BBBEstonia AA/ Negative AAFinland AAA/Negative AAAFrance AA+/Negative AAAGermany AAA/Stable AAAIreland BBB+/Negative BBB+Italy BBB+/Negative ALuxembourg AAA/Negative AAAMalta A-/Negative ANetherlands AAA/Negativ AAAPortugal BB/Negative BBB-Slovak Republic A/Stable A+Slovenia (Republic of) A+/Negative AA-Spain (Kingdom of) A/Negative AA-
Was bedeutet das für Banken und Versicherungen?
Der Ausblick von S&P ist noch wichtiger als die aktuelle Bewertung. Da sieht es keineswegs gut aus: eigentlich sind alle Länder der Eurozone bis auf Deutschland im Abwärtsstrudel. Selbst jene, die jetzt noch mit AAA bewertet sind droht demnächst ein Downgrade, wenn kein Wunder passiert.
Viele Euro-Länder müssen mittelfristig mit weiteren Herabstufungen ihrer Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) rechnen. "Wir hatten jetzt für die meisten Euro-Staaten auch einen negativen Ausblick gleich mit angekündigt", sagte der Leiter der für die Länderratings zuständigen Abteilung bei S&P Deutschland, Moritz Kraemer, am Montag zu Reuters TV. "Das bedeutet, dass innerhalb der nächsten ein oder zwei Jahre weitere Herabstufungen folgen könnten.
Das könnte in Zukunft noch mehr Probleme für die Bankenlandschaft bringen - nicht nur für Commerzbank und Deutsche Bank, die angeblich viele PIGS-Anleihen schon verkauft haben, sondern für alle europäische Banken: Irgendjemand hat die Papiere schließlich in den Büchern und da das Finanzsystem ineinander verzahnt ist, zahlen am Ende alle die Zeche. Schlimmer noch: Für Staatsanleihen brauchen Banken kein Eigenkapital hinterlegen. Fallen die Papiere jedoch erheblich an Wert, dann haben die Finanzinstitute ein Problem. Dass Staatsanleihen wertlos werden, war nicht eingeplant. Abschreibungen in dem Bereich könnten die Banken schnell in den Bankrott treiben.
Bei den Versicherern sieht es sogar noch schlimmer aus: Sie dürften eigentlich nur Papiere mit AAA in den Büchern haben und müssen dementsprechend zurückgestuffte Länder verkaufen. Dies erklärt auch der Run auf Deutsche Anleihen, der spiegelbildlich dafür sorgt, dass die Zinsen in Südstaaten steigen.
Frankreich stellt sich stur
Die Regierung in Paris sieht sich durch die Herabstufung Frankreichs durch die Ratingagentur Standard & Poor's nicht zu zusätzlichen Sparmaßnahmen gezwungen. "Wir sind zuversichtlich, dass wir mit den bereits getroffenen Maßnahmen die Ziele für 2012 zur Reduzierung des öffentlichen Defizits einhalten können", sagte Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister François Baroin im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ-Montagsausgabe). "Es wird also keine neuen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung geben." Nach seinen Worten wird die französische Regierung ihre Anstrengungen auf die strukturellen Reformen konzentrieren, mit denen sie die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft verbessern will. Dabei gehe es unter anderem um eine Senkung der Arbeitskosten.
Der Finanzminister lobte die Arbeit der Bundesregierung: "Deutschland ist in Europa Klassenbester." Berlin habe die Staatseinnahmen erhöht, das Wachstum gestärkt. Baroin bekräftigte die haushaltspolitischen Ziele der französischen Regierung. Vergangenes Jahr habe das Defizit unter den europäischen Vorgaben von 5,7 Prozent, vielleicht sogar bei 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gelegen. "Wir haben uns dieses Jahr zu einer Quote von 4,5 Prozent verpflichtet. Wir sind sicher, dass wir das erreichen werden." 2013 werde Frankreich das Maastricht-Kriterium von 3 Prozent einhalten. "Das ist kein Versprechen. Das ist eine feste Zusage." Für 2016 haben sich Frankreich vorgenommen, das Haushaltsdefizit auf Null zu bringen. "Wir wollen auch eine goldene Regel in die Verfassung schreiben. Die Regierung und die Parlamentsmehrheit sind sich darüber einig." Doch die Opposition hat dies bisher verhindert.
Nach Einschätzung von Baroin wird sich die Herabstufung Frankreichs nicht negativ auf das Vorziehen des dauerhaften Stabilitätsmechanismus ESM auswirken. Frankreich und Deutschland hätten sich für ein schnelleres Befüllen des Europäischen Stabilitätsmechanismus schon für 2012 ausgesprochen, betonte er. "Eine solche Beschleunigung ist möglich, ohne das finanzielle Gleichgewicht Frankreichs substantiell zu verändern." Frankreich werde weiterhin von sehr günstigen Anleihekonditionen profitieren.
Der französische Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass das Herabstufen gleich mehrerer Euro-Länder sich nicht negativ auf die Arbeitsfähigkeit des bestehenden Hilfsfonds EFSF auswirken wird. "Die Herabstufung mehrerer EFSF-Garantiegeber hat nicht zwangsläufig eine Erhöhung ihrer Finanzierungskosten zur Folge." Ein gutes Beispiel dafür seien die Vereinigten Staaten. "Es besteht auch nicht automatisch ein Zusammenhang zwischen dem EFSF-Zinssatz und dem der Länder." Gleichwohl sieht der Minister in dem gestiegenen Zinsrisiko ein zusätzliches Argument für das Vorziehen des dauerhaften Stabilitätsmechanismus. Da man den ESM mit Eigenkapital ausstatte, werde er weitgehend von der Benotung der dahinter stehenden Länder unabhängig sein.
Baroin rechnet ungeachtet des Widerstandes der FDP damit, mit Deutschland die Finanztransaktionssteuer einführen zu können "Ich vertraue Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich persönlich zu der Finanztransaktionssteuer bekannt hat", sagte er. Doch der Konflikt in der Bundesregierung ist ihm natürlich bekannt. "Ich habe verstanden, dass der Koalitionspartner zurückhaltender ist in dieser Frage."
Gleichwohl sagt er voraus, dass die Finanztransaktionssteuer früher oder später eingeführt werden. "Davon bin ich fest überzeugt." Die Sorgen der FDP-Finanzpolitiker vor den Folgen eines Alleingangs teilt Baroin nicht. "Wir sind in Frankreich sicher, dass es bei der Finanztransaktionssteuer einen Weg gibt, um Ausweichreaktionen und den Verlust von Arbeitsplätzen zu vermeiden." Doch auch auf Nachfragen wollte er sich nicht festlegen, ob Paris auch ohne Berlin gewillt sein wird, diesen Schritt zu gehen.