Steinmeier für Aufstockung des Euro-Rettungsfonds ESM: Der dauerhafte Rettungsmechanismus im Umfang von 500 Milliarden Euro sei „zu knapp gestrickt“. SPD-Fraktionschef warnt vor „gesamteuropäischer Dauerrezession“ und mahnt: Deutschland muss den Euro retten.
Vor dem EU-Gipfel hat sich SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier für eine Aufstockung des Euro-Rettungsfonds ESM ausgesprochen. Der dauerhafte Rettungsmechanismus im Umfang von 500 Milliarden Euro sei „zu knapp gestrickt“, sagte Steinmeier der in Berlin erscheinenden „Welt am Sonntag“ (E-Tag: 29. Januar 2012).
Steinmeier wies die Warnung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einer Überforderung Deutschlands in der Schuldenkrise zurück und mahnte ein besonderes deutsches Engagement an. „Ganz Europa ist mit der gegenwärtigen Situation überfordert – vorneweg die Länder, die kaum noch über die Runden kommen“, sagte er. „Die Beanspruchung Deutschlands ist hoch, aber als größte Volkswirtschaft und stärkste Exportnation haben wir auch das größte Interesse daran, dass diese Krise nicht in eine gesamteuropäische Dauerrezession mündet.“
Steinmeier betonte: „Es kann Deutschland auf Dauer nicht gut gehen, wenn es Europa schlecht geht.“ Der ehemalige Vizekanzler forderte „ein Wachstums- und Reindustrialisierungsprogramm für ganz Europa“.
Steinmeier appellierte an die Staats- und Regierungschefs, in Brüssel eine Besteuerung der Finanzmärkte zu vereinbaren. „Wenn die Politik den Ehrgeiz aufgibt, die Regeln für die Märkte zu gestalten, wird das ein Brandbeschleuniger sein für die Entfremdung von Gesellschaft und Politik“, mahnte er.
Der SPD-Fraktionschef hob die Bedeutung einer Finanztransaktionssteuer auch für die Stabilisierung Griechenlands hervor. „Außer Frage steht, dass Griechenland endlich Haushaltsdisziplin zeigen muss“, so Steinmeier. „Verbessern wird sich Lage aber nur, wenn Europa dem Land hilft, in kürzester Zeit eine funktionierende Finanzverwaltung aufzubauen. Gleichzeitig müssen wir gezielt Wachstumsimpulse setzen. Dafür sind neue Ressourcen erforderlich. Das ist der Grund, weshalb eine Besteuerung der Finanzmärkte so wichtig ist.“
Steinmeier kritisierte Merkels Krisenmanagement ungewöhnlich scharf. „Die Halbwertszeit ihrer Botschaften ist erschreckend gering“, so der frühere Vizekanzler. „Es gilt das Merkelsche Gesetz: Je entschiedener sie etwas dementiert, desto sicherer kann man sein, dass es kommt. Mit ihren ständigen Kurskorrekturen hat sie die Menschen irritiert und für Europa verloren.“